News auf genesisnet | |
08.01.21 „Überraschungen der Evolution“Evolutionäre Neuheiten entstanden als Nebeneffekte evolutionärer Veränderungen durch Neuverwendung schon vorhandener Bauteile. Auf genetischer Ebene teilen Arten ganz verschiedener Tierstämme einen ähnlichen „Baukasten“. Dies ermögliche als Frucht der Evolutionsforschung auch medizinischen Fortschritt. So sieht es der Paläontologe Neil Shubin in einem Webinar-Beitrag. Tatsächlich sind die Befunde evolutionstheoretisch gar nicht leicht zu verstehen, lassen sich aber im Rahmen von Schöpfung befriedigend deuten. Unter der Überschrift „Evolutions’s surprises“ fasste Sara Frueh von der National Academy of Sciences (USA) einen Vortrag des Paläontologen Neil Shubin zusammen, den dieser bei einem Webinar im April 2020 gehalten hat (Frueh 2020). Die „Überraschungen“ beziehen sich auf neuere evolutionstheoretische Vorstellungen. Shubin findet es überraschend, dass die Veränderungen, die zu Schlüsselereignissen der Evolution wurden – wie die Eroberung des Landes ausgehend von Fischen, oder die Eroberung der Luft durch die Vögel – lange vor diesen Meilensteinen erfolgten und auch zu anderen Zwecken. So seien Lungen nicht entstanden, als die Tiere im Begriff waren, an Land zu gehen. Ebenso seien die Federn nicht entstanden, als die Tiere im Begriff waren, zu fliegen. Lungen bzw. Federn waren vielmehr in Formen ausgebildet, die „noch“ im Wasser bzw. noch an Land lebten – und eben nicht, um den Landgang bzw. den Flug zu ermöglichen. Vielmehr habe es Lungen und die Vierbeiner-Extremität bereits bei wasserlebenden Formen gegeben. Diese Merkmale seien nur „umfunktioniert“ worden, als es nötig war. Die Lungen hätten Fischen ermöglicht, Luft von der Wasseroberfläche zu schlucken, wenn der Sauerstoffgehalt zu niedrig war, um genügend davon durch die Kiemen zu erhalten. Die schon vorhandenen Lungen konnten dann beim Landgang verwendet werden. Und der von Shubin und seinem Team entdeckte Tiktaalik roseae besaß landtierartige Gliedmaßen, obwohl er wie ein Fisch im Wasser lebte. Ähnlich wird bei vogeltypischen Merkmalen argumentiert: Beispielsweise hätten sich Federn vermutlich entwickelt, um die Körpertemperatur der Dinosaurier zu regulieren, oder vielleicht zur Färbung und Balz. Später seien sie als Teil des Flugapparats verwendbar gewesen. „Es ging darum, alte Erfindungen auf neue Art und Weise für neue Zwecke zu nutzen“, so Shubin. „Das ist es, worum es in der Evolution geht.“ Indirekter Evolutionsweg ohne Ziel? Die Einschätzung von Shubin ist doppelt interessant. Zum einen: Die hypothetische evolutive Entstehung von Schlüsselmerkmalen soll nicht direkt erfolgen, also nicht so, als ob diese direkt angesteuert würden. Klar, möchte man sagen, Evolution erfolgt nicht zielorientiert. Evolutionstheoretiker werden nicht müde, das zu betonen. Zielorientierung ist nur möglich, wenn man einen Schöpfer annimmt, doch diese Möglichkeit wird in der Regel ausgeschlossen. Also müssen scheinbare Ziele so erreicht werden, als hätte man nie darauf abgezielt, selbst wenn es sich wie bei den Vierbeinern und den Vögel um die Eroberung eines ganz neuen Lebensraums geht. Zum anderen kommt Shubin aber auch bei der Beschreibung eines evolutiven Umweges bzw. evolutiver Vorstufen nicht ohne die Zweckkategorie aus. „Wozu“ sind die Einrichtungen für den Landgang bzw. für das Fliegen entstanden, wenn nicht für die Eroberung des Landes bzw. der Luft? „Zu anderen Zwecken“, sagt Shubin, was doch wieder eine Zielvorgabe impliziert. Evolutionstheoretiker haben sich seit Darwin jedoch zum Ziel gesetzt, Evolutionsmechanismen als rein natürliche Prozesse zu beschreiben. Die offensichtliche Zweckmäßigkeit der Strukturen des Lebens holt die Biologen jedoch immer wieder ein. Um eine bestimmte Zielorientierung (z. B. fürs Fliegen; „for fly“) zu vermeiden, weicht man auf ein anderes Ziel aus (z. B. Regulation der Körpertemperatur oder die Balz). Sind die Szenarien plausibel? Der Grundgedanke von Shubin ist nicht neu. Schon im Biologiestudium konnte man vor über 50 Jahre lernen, dass Neuheiten in der Evolution auftreten würden, weil es „Voranpassungen“ (Präadaptionen) gebe – wobei „Anpassung“ wiederum ein teleologischer Begriff ist (also ein Begriff, der ein Ziel beinhaltet). Aber davon abgesehen – hilft dieses Konzept weiter? Vielleicht ein bisschen, aber nicht, um die entscheidenden Veränderungen zu erklären. Wenn beispielsweise Federn ursprünglich der Thermoregulation oder der Balz dienten, haben solche „Federn“ damit noch praktisch keine Eigenschaften, die zum Fliegen verhelfen. Die eigentliche Herausforderung, nämlich die zahlreichen fürs Fliegen erforderlichen anspruchsvollen Eigenschaften zu erwerben, wäre evolutiv erst noch zu meistern (genauer erläutert wird das in Junker [2017]). Ähnlich ist die Problematik bei der Entstehung der Fortbewegung auf dem Land. Es sind ganz andere Anforderungen zu bewältigen, um sich mit einer Vierbeiner-Extremität auf dem Land fortzubewegen, als wenn man das im Wasser tut bzw. – evolutionär betrachtet – wenn man das bisher nur im Wasser gemacht hat. Wie kann man die Befunde interpretieren, wenn man von Schöpfung ausgeht? Shubin stellt fest, dass Merkmale, die typisch für eine bestimmte Lebensweise sind (Leben auf dem Land oder in der Luft), in teils ähnlicher Form auch bei Arten vorkommen, die andere Lebensräume besiedeln. Es gibt landlebende Dinosaurier mit haarartiger Körperbedeckung (die man nicht unbedingt als „Federn“ bezeichnen muss), mit hohlen Knochen und diversen weiteren vogeltypischen Merkmalen. Und es gibt Fische mit Fingern und mit einfachen Lungen. Die Merkmale sind jedoch auf die verschiedenen Arten bzw. Gattungen häufig so unsystematisch verteilt, dass sie keine geradlinige Evolution belegen, sondern in unterschiedlichen Kombinationen auftreten. Dies führt dazu, dass keine widerspruchsfreien Baumschemata konstruiert werden können, sondern viele Konvergenzen angenommen werden müssen. Sehr ausgeprägt ist das bei den Theropoden-Dinosauriern der Fall, die in die Nähe der Vögel gestellt werden (Junker 2019). Shubin spricht von einem „Baukasten“ auf genetischer Ebene; und es scheint, dass auch auf morphologischer Ebene eine Art Baukastensystem erkennbar ist. Was die Gene betrifft, sagt Shubin: „Der grundlegende Werkzeugkasten, der die Körper von Lebewesen wie uns und Mäusen aufbaut, wird mit Würmern, Fliegen und Fischen geteilt.“ Und er deutet diesen Befund evolutionstheoretisch so: „Alle Werkzeuge, die zum Aufbau unseres Körpers verwendet werden, sind ursprünglich in Fliegen und anderen Lebewesen entstanden.“ Ein Baukastensystem ist aber im Rahmen eines Schöpfungsparadigmas leicht zu verstehen. Denn ein Schöpfer ist in seinem Handeln frei; er kann Merkmale erschaffen und kombinieren, wie er will; nur sollten die Lebewesen überlebensfähig sein. Dagegen ist Evolution an einen natürlichen, nicht-zielgerichteten Mechanismus gebunden. Wie aber kommt es ohne Zielvorgabe durch rein natürliche Mechanismen unabhängig immer wieder zu ähnlichen Bauelementen? Und wie wurde der Baukasten zu Beginn zusammengestellt? Anwendung in der Medizin? Da es eine Art Baukasten auf genetischer Ebene gibt und die Arten verschiedenster Tierstämme daran teilhaben, sieht Shubin positive Konsequenzen aus der evolutionsbiologischen Forschung für die Medizin. „Diese Verbindungen ermöglichen wissenschaftliche und medizinische Entdeckungen, die letztlich auch dem Menschen helfen können“, erklärt Shubin. Denn wenn man versteht, wie Gene in Tieren bei Gesundheit und Krankheit an- und abgeschaltet werden, lerne man medizinisch relevante Dinge auch über den Menschen, bei dem dieselben Gene vorkommen. Doch das hat an sich mit Evolution nichts zu tun, sondern – sofern die Übertragung der Erkenntnisse auf den Menschen wirklich tragfähig ist – mit dem Baukastensystem, das, wie erwähnt, aus der Sicht der Schöpfungslehre plausibler erscheint und leichter verstehbar ist als aus der Sicht einer ziellos verlaufenden Evolution. Anmerkung Originalzitate unter https://www.nationalacademies.org/news/2020/08/evolutions-surprises Quellen Frueh S (2020) Evolution’s Surprises. https://www.nationalacademies.org/news/2020/08/evolutions-surprises Junker R (2017) Dino-Federvieh – Zum Ursprung von Vogelfeder und Vogelflug. https://wort-und-wissen.org/wp-content/uploads/b-17-1_feder-und-flug.pdf Junker R (2019) Sind Vögel Dinosaurier? Eine kritische Analyse fossiler Befunde. https://wort-und-wissen.org/wp-content/uploads/b-19-4_dinos-voegel.pdf
Über unseren Newsletter-Service werden Ihnen neue Nachrichten auch automatisch per E-Mail zugesandt. | |
News-Übersicht | |