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Schöpfung: Design-Theorie

Experten: Kontroverse um „Intelligent-Design“

Inhalt

Im Rahmen des Design-Ansatzes wird versucht, anhand von geeigneten Merkmalen der Lebewesen (evtl. auch der unbelebten Natur) Hinweise auf einen Urheber („Designer“) plausibel zu machen. Diese Vorgehensweise wird vielfach kritisiert. In diesem Artikel werden Kritikpunkte am Design-Argument vorgestellt und bewertet.

Bedeutet der Design-Ansatz Erkenntnisverzicht?

Ist Design falsifizierbar?

Ist das Fehlen eines Mechanismus ein Argument gegen Design?

Erklärt Design überhaupt etwas?

Beruht der Schluss auf Design nur auf Nichtwissen?

Ist spezifisches Design anthropomorph?

Der Designer ist nicht beobachtbar und nicht fassbar

Design-Befürworter machen keine Forschung und tragen nichts zum Wissenszuwachs bei

Der Bezug auf einen Designer hat in der Wissenschaft keinen Platz

Fazit

Literatur

Weitere Fragen zu diesem Thema

Bedeutet der Design-Ansatz Erkenntnisverzicht?

Ein Standardeinwand gegen den Design-Ansatz lautet, es gebe kein Forschungsinteresse, weil man bei offenen Fragen einen Designer ins Spiel bringe statt weiterzuforschen. Daher sei der Design-Ansatz sogar forschungsfeindlich.

Der Einwand, es würde einem Erkenntnisverzicht Vorschub geleistet, ist jedoch verfehlt, denn der Design-Ansatz ist selbst auf Forschung angewiesen. Es soll einem Verdacht auf Design nachgegangen werden; das geht nur durch Forschung und nicht durch vorschnelle Berufung auf einen Designer. Zu bedenken ist hier, dass die relevanten Fragen historische Fragen sind; es geht um die Interpretation der Ergebnisse der experimentellen Forschung im Hinblick auf Entstehungsfragen. Das heißt: zur Beurteilung der Tragfähigkeit des Design-Ansatzes trägt auch alle Evolutionsforschung bei, auch wenn sie in unter einem anderen Leitparadigma erfolgt.

Der Design-Ansatz regt an, nach Design-Indizien zu suchen und ist breiter angelegt als eine Forschung, die nur ungelenkte Mechanismen als Erklärungen zulässt. Eine weltanschaulich nicht festgelegte Ursprungsforschung wird nämlich die Möglichkeit von Design nicht von vornherein ausschließen, sondern wird daher offen dafür sein, Spuren von Design zu suchen und eine entsprechende Methodik dafür ausarbeiten. Dazu muss geklärt werden, welche Phänomene Design-Indizien sein könnten und warum dies der Fall ist; das wurde in Einführung in „Intelligent-Design“ erläutert (Abschnitt „Design-Indizien“). Die Interpretation als Design-Indizien erfolgt an biologischen Systemen anhand besonders definierter Merkmalskonstellationen; diese Interpretation bewährt sich, wenn eine natürliche Entstehung mit zunehmender Kenntnis der Systeme nicht plausibel gemacht werden kann. Dieses Argument kann umso stärker werden, je besser das System untersucht wird. Diese Untersuchung kann jedoch auch zum gegenteiligen Ergebnis führen. In diesem Sinne sind Design-Argumente prüfbar und widerlegbar.

Der Vorwurf der Wissenschaftsfeindlichkeit des Design-Ansatzes wurzelt häufig in der Vermischung der Wie-Frage und der Woher-Frage. Wenn in der Woher-Frage auf Design verwiesen wird, ist damit kein Plädoyer für eine Beendigung der Forschung verbunden (s. o.). Die Behauptung, der Design-Ansatz gefährde den wissenschaftlichen Fortschritt, z. B. in der Medizin, erweist sich letztlich als Polemik. Die Entstehungsfragen können ohnehin nicht direkt erforscht, sondern nur durch vorläufige abduktive Schlüsse beantwortet werden (Einführung in „Intelligent-Design“, Abschnitt „Der Design-Ansatz in der Biologie – eine neue Art von Wissenschaft?“). Der Fortschritt der Wissenschaft in den Wie-Fragen muss nicht automatisch einen Fortschritt in Woher-Fragen bringen. Das Gegenteil kann zutreffen: Zunehmendes Wissen kann Unkenntnis in den Ursprungsfragen umso deutlicher offenbaren.

Ist Design falsifizierbar?

Ein zweiter Einwand lautet, Design sei nicht falsifizierbar. Auch dieser Einwand gehört auch zu den häufig genannten Kritikpunkten. Die Antwort muss differenziert ausfallen.

In gewissem Sinne trifft der Einwand zu, denn man könnte alles als designed erklären, auch solche Phänomene, die man mit natürlichen Prozessen erklären kann. Auch ein beliebig geformter Felsbrocken könnte durch Design entstanden sein, ohne dass man Designer-Spuren daran nachweisen kann. Eine strikte Falsifizierung von Design dürfte daher nicht möglich sein, wenn Design so allgemein gefasst wird. Doch die Argumentation mit Design erfolgt nicht auf diese Weise. Wenn die Entstehung eines Phänomens durch natürliche Prozesse plausibel erklärbar ist, ist die Annahme von Design nicht mehr erforderlich und kann fallengelassen werden. Eine natürliche Erklärungsmöglichkeit würde „Schöpfung“ zwar nicht grundsätzlich widerlegen; ein Bezug auf einen Schöpfer wäre in der Erklärung des Entstehungsprozesses aber nicht nötig. Das aber käme dem Scheitern des Design-Ansatzes gleich, denn der Design-Ansatz beinhaltet auch die Erkennbarkeit von Design sowohl durch den Nachweis definierter Design-Indizien als auch durch das (vorläufige) Fehlen einer natürlichen Erklärung; vgl. die Ausführungen in Einführung in „Intelligent-Design“.

Das heißt also: Das Design-Argument würde in dem Maße geschwächt werden, in welchem eine natürliche Entstehung plausibel gemacht werden kann. Es kann also nur um Plausibilitäten gehen. Das liegt aber nicht speziell in der Natur des Design-Ansatzes, sondern in der Natur der Ursprungsforschung. Hier sei an das zum abduktiven Schluss Gesagte (Abschnitt „Der Design-Ansatz in der Biologie – eine neue Art von Wissenschaft?“ in Einführung in „Intelligent-Design“) erinnert. Vergangene Geschichte kann nicht sicher aus ihren Resultaten erschlossen werden; es gibt nur Grade von Plausibilität. Dies kann sich aber je nach Befundlage ändern, und in diesem Sinne ist der Design-Ansatz prüfbar. Man kann also sagen: Der Design-Ansatz kann dadurch scheitern, dass er sich als überflüssig erweist. Die Existenz von Design-Indizien wie zum Beispiel nichtreduzierbare Komplexität kann in konkreten Fällen widerlegt werden, indem man zeigt, dass das betreffende Kennzeichen gar nicht existiert oder dass seine Entstehung auch nicht-teleologisch erklärbar ist (dann verlöre das Indiz seine Kraft). Ob eine Struktur nichtreduzierbar komplex ist, ist grundsätzlich nachweisbar, auch wenn das im Einzelfall sehr aufwändig sein kann. Der Nachweisversuch kann auch scheitern.

Immunisierung gegen Kritik? Waschke (2007) kritisiert: „[W]enn die Entstehung einer Struktur naturalistisch erklärt wurde, kann ID immer noch sagen, dass es durchaus noch andere Strukturen gibt, deren Genese eben noch nicht erklärt werden kann.“ Diese Art von Immunisierung wäre in der Tat zu kritisieren. Doch selbstverständlich muss nicht für jede Struktur nachgewiesen werden, dass eine evolutive Entstehung möglich ist. Wenn dieser Nachweis einige Male gelingt, so steigt die Plausibilität, dass dies auch bei vergleichbar komplexen Strukturen möglich ist. Nicht erst wenn alles erklärt wurde, ist der Design-Ansatz gescheitert (weil überflüssig), sondern bereits dann, wenn eines der komplexesten Designs naturalistisch erklärt würde. Diese Feststellung darf als eine Einladung zum Falsifizieren betrachtet werden; sie dokumentiert alles andere als eine Immunisierungsstrategie. Waschke meint dagegen. „Ein einziges Beispiel für Design würde auf der anderen Seite den Naturalismus endgültig widerlegen. Daher ist die naturalistische Position viel leichter prüfbar.“ Aber was würde denn der Naturalist als Design in der Biologie überhaupt anerkennen? Vermutlich nichts, denn er schließt Design und damit auch dessen Prüfung per definitionem aus (s. o.). Der Naturalismus zieht sich auf ein „wissen wir noch nicht“ zurück und immunisiert damit seine Position gegen Kritik.

Ist das Fehlen eines Mechanismus ein Argument gegen Design?

Kritiker bemängeln, dass im Rahmen des Design-Ansatzes auf mechanismische Erklärungen (Erklärungen, in denen nur gesetzmäßig beschreibbare Mechanismen zugelassen werden) verzichtet werde. Es werde keine Aussage darüber getroffen, wie Design funktioniere, also mit welchen Mechanismen Design wirke. So schreibt Waschke (2003): „Es gibt weder Aufstellungen von allgemeinen Gesetzesaussagen noch Erklärungen, wie Design mechanismisch funktionieren soll ...“ Befürworter des Design-Ansatzes würden auch gar nicht den Anspruch stellen, mechanismische oder auch nur kausale Erklärungen zu liefern.

Ein Charakteristikum von Design ist es nun aber gerade, dass es kein Mechanismus ist. Design ist unvorhersehbare Innovation. Von Befürwortern des Design-Ansatzes einen Mechanismus zu fordern wäre daher ein Widerspruch in sich. Design kann prinzipiell keine kausale Erklärung sein im Sinne der Rückführung beobachteter Befunde auf Gesetzmäßigkeiten und bestimmte Randbedingungen. Design bedeutet das schöpferische Sich-Zunutzemachen von Gesetzmäßigkeiten und gerade nicht bloße Gesetzmäßigkeit. Von Befürwortern des Design-Ansatzes eine in diesem Sinne kausale Erklärung zu fordern wäre genauso widersinnig, wie die Existenz einer Waschmaschine alleine auf Gesetzmäßigkeiten und passende Randbedingungen zurückführen zu wollen.

Manche Kritiker behaupten, man wisse nichts, wenn man auf Design verweise. Der Vergleich mit der Waschmaschine zeigt, dass dem nicht so ist. Die Frage ist vielmehr, wie nachgewiesen oder wenigstens plausibel gemacht werden kann, dass ein Gegenstand auf Design zurückgeht.

Hier muss noch ein weiterer Aspekt bedacht werden: Jede Ursprungsforschung kann vergangene Prozesse grundsätzlich nur simulieren. Die seinerzeit abgelaufenen Vorgänge können nicht direkt erforscht werden. Auch die Evolutionsbiologie wird grundsätzlich nie demonstrieren können, durch welche Mechanismen z. B. erste Lebewesen auf der hypothetischen frühen Erde entstanden sind. Vielmehr könnte allenfalls durch Simulationsexperimente gezeigt werden, unter welchen Randbedingungen und auf welche Weise Leben entstehen könnte (was bislang keinesfalls gelungen ist, im Gegenteil, man ist – sofern man zielorientierte Steuerung ausschließt – davon so weit entfernt wie zur Zeit Darwins; vgl. Binder et al. [2006]). Und man kann versuchen abzuschätzen, welche damaligen Randbedingungen plausibel sind. Dass Leben durch gezieltes Eingreifen prinzipiell entstehen konnte, mag zutreffen (auch wenn das noch nicht demonstriert wurde). Welche Schlussfolgerungen werden nun gezogen, wenn alle Simulationsversuche, die ohne zielorientierte Steuerung durchgeführt werden, immer wieder Ergebnisse liefern, die eine Erklärung der nichtteleologischen Entstehung des Lebens in weite Ferne rücken? Natürlich hätte man auch bei anhaltendem Misserfolg ungelenkter Synthesen in Simulationsversuchen nicht gezeigt, wie Leben auf unserer Erde in der Vergangenheit tatsächlich entstanden ist. Aber es würde sich in diesem Fall immer mehr Design als verbleibende mögliche Erklärung herauskristallisieren. Mehr kann grundsätzlich nicht geleistet werden, weil es um ein Ereignis in der Vergangenheit geht – in dieser Hinsicht sitzen alle Ursprungsforscher im selben Boot. Man kann durchaus auch einen Design-Vorgang simulieren und aufzeigen, an welchen Stellen weshalb und wie Steuerung notwendig ist, um z. B. ein langkettiges DNA-Molekül zu erzeugen. Nach bisherigem Wissen wird es sich dabei aber nicht um einen bloßen Mechanismus handeln, auch wenn man Maschinen herstellen kann, die DNA synthetisieren – diese Maschinen sind aber sicher nicht durch einen bloßen Mechanismus entstanden.

Erklärt Design überhaupt etwas?

Die Antwort auf diese Frage erfordert eine Verständigung darüber, was als Erklärung gelten kann, speziell in historischen Fragen. Im Rahmen des Naturalismus wird Teleologie (Zielgerichtetheit) als Erklärung für die Entstehung der Lebewesen ausgeschlossen. Der Ausschluss dieser Erklärung kann aber nicht methodisch begründet werden, sondern ist Ausdruck einer bestimmten Weltsicht, die man einnehmen kann, aber nicht muss.

Die Frage, wie in historischen Fragen Erklärungen gefunden und begründet werden, wurde im Abschnitt „Der Design-Ansatz in der Biologie – eine neue Art von Wissenschaft?“ in Einführung in „Intelligent-Design“ behandelt (abduktiver Schluss). In Ursprungsfragen geht es zum einen darum, Indizien zusammenzutragen, die einen hypothetischen vergangenen Ablauf plausibel machen sollen. Zum anderen sollen (im Rahmen des Evolutionsparadigmas) die Abstammungsabfolgen und ihre Verzweigungen nachgezeichnet werden. Beide Fragestellungen werden meistens unter Absehung von Mechanismenfragen verfolgt (wobei gelegentlich kontrovers diskutiert wird, ob das realistisch ist). Mechanismen der Entstehung können nicht direkt untersucht (weil der Vorgang in der Vergangenheit liegt), sondern nur simuliert werden.

Ein Beispiel soll dies verdeutlichen: Die als Archaeopteryx benannte Fossilgattung vereinigt Merkmale in sich, die teilweise typisch für bestimmte Dinosaurier sind und teilweise typischen Vogelmerkmalen gleichen. Wie wird eine solche Mosaikform erklärt? Im Rahmen der Evolutionslehre gilt Archaeopteryx als einer der Belege dafür, dass es eine stammesgeschichtliche Entwicklung von Reptilien zu Vögeln gegeben hat (vgl. Entstehung der Vögel). Die Evolutionstheorie kann jedoch keine Erklärung für die Existenz von Archaeopteryx geben, denn dazu müssten dessen Merkmale als Folge von Gesetzmäßigkeiten und Randbedingungen des Formenwandels nachgewiesen werden. Dies ist aber nicht möglich, da die damaligen Randbedingungen weitgehend unbekannt sind (es gibt nur hypothetische Szenarien), unter denen die bekannten Evolutionsmechanismen gewirkt haben sollen. Außerdem müsste gezeigt werden, nach welchen allgemeinen Gesetzmäßigkeiten aus welchen Vorstufen das zu erklärende Merkmal entstanden sein könnte. Ob und ggf. wie Archaeopteryx stammesgeschichtlich mit anderen Formen zusammenhängt, ist eine historische Frage mit vielen Unbekannten über die damaligen Randbedingungen. Genausogut kann man Indizien zusammentragen, die Archaeopteryx als abgrenzbaren Grundtyp ohne stammesgeschichtliche Beziehungen zu anderen Grundtypen ausweisen. Verschiedene Erklärungen können mit abduktiven Schlüssen begründet werden.

Aufgrund dieser methodischen Begrenzungen kann man bei Ursprungsfragen in der Praxis kaum von „Erklärungen“ im Sinne einer Ableitung aus Gesetzmäßigkeiten und Randbedingungen sprechen. Tatsächlich ist es hier nur möglich, Befunde in ein vorgegebenes Paradigma einzubauen – man erschließt die Geschichte aus ihren Resultaten. Nur in diesem Sinne kann man auch beim Design-Ansatz von Erklärungen sprechen, nämlich als Einordnen in ein Paradigma. Diese Vorgehensweise ist in anderen Wissensgebieten eine Selbstverständlichkeit, in denen ebenfalls die Tätigkeit eines Designers in diesem Sinne als befriedigende Erklärung akzeptiert wird (abduktiver Schluss). Diese Erklärung wird bei den Lebewesen nur deshalb problematisiert, weil es sich eingebürgert hat, in diesem Bereich nur nicht-teleologische und naturalistische Erklärungen zu akzeptieren. Doch für diese Einschränkung gibt es keine objektive methodologische Begründung. In historischen Fragestellungen kann man einen Einfluss von Design nicht unter Berufung auf eine Methodologie ausschließen. Denn die relevante Frage lautet nicht: Auf welche natürlich erklärbare Weise sind das Leben und seine Vielfalt entstanden? Sondern: Auf welche Weise sind das Leben und seine Vielfalt überhaupt entstanden? – ohne Einschränkung der Antwortmöglichkeiten. Diese Offenheit ist notwendig, wenn Wissenschaft der Wahrheit verpflichtet ist, denn dann darf sie mögliche Optionen nicht von vornherein ausschließen.

Die Behauptung, Design erkläre nichts, ist also genauso überzeugend wie die Behauptung, dass eine zielorientierte Bearbeitung keine Erklärung für die Form eines Faustkeils sei. Wenn eine  zielorientierte Handlung im Falle von Faustkeilen als mögliche Erklärung akzeptiert wird, ist sie auch eine mögliche Erklärung bei den Lebewesen. Wenn dagegen eine bewusste, zielorientierte Aktion als Erklärung prinzipiell nicht akzeptiert wird, kann der Design-Ansatz nie eine Erklärung anbieten. Dann wäre aber auch die Behauptung, dass die Form eines Faustkeils auf eine zielorientierte Aktion zurückzuführen sei, keine Erklärung, sondern nur eine Feststellung von Nichtwissen, wie es durch natürliche Vorgänge ging, aus dem man nichts weiter folgern kann.

Beruht der Schluss auf Design nur auf Nichtwissen?

Das argumentum ad ignorantiam (Berufung auf Nichtwissen), auf das man sich beim Design-Argument bezieht, wird von Kritikern fast immer sozusagen in den luftleeren Raum gesetzt: „Man weiß nicht, wie etwas auf natürliche Weise (durch Mechanismen) entstanden ist, also ist es designed worden.“ Das Argument muss aber in einem größeren Kontext betrachtet werden, und dieser lautet, dass wir wissen, dass Designer z. B. komplizierte Maschinen konstruieren können und dass wir auch einiges darüber wissen, warum bestimmte Prozesse nicht ablaufen. Das Argument des Nichtwissens ist also in einen Kontext des Wissens eingebettet. Auch bei Lebewesen können wir davon ausgehen, dass sie durch Design entstehen können – das dürfte unstrittig sein. (Wer diese Möglichkeit bestreitet, kann sich davon überzeugen, was man mittlerweile im Labor mit Design erreichen kann.)

Damit ist Design grundsätzlich im Rennen, und es stellt sich die Frage, ob Design überflüssig sein könnte. Ein Stück weit kann man experimentell nachvollziehen, wie mit Design beispielsweise Makromoleküle des Lebens (DNA, Proteine) entstehen. Dabei hat sich gezeigt, dass und warum ohne Lenkung keine solchen Makromoleküle entstehen. Damit wird ein Wissen über Grenzen natürlicher, ungelenkter, gesetzmäßig beschreibbarer Prozesse gewonnen, und auch ein Wissen, warum es diese Grenzen gibt. Vor diesem Hintergrund muss das argumentum ad ignorantiam gesehen werden. Der Versuch, ohne Design z. B. wenigstens Vorstufen des Lebens zu erzeugen, kann bislang als gescheitert gelten. Dasselbe gilt für den experimentellen Nachweis makroevolutiver Veränderungen von Lebewesen.

Sind Lücken kein Argument? Ein häufig verwendetes Argumentationsmuster ist die Kennzeichnung offener Fragen als bloße Lücken. Jede Theorie sei lückenhaft und habe offene Fragen; dieser Umstand sei kein Grund, eine Theorie abzulehnen und eine Alternative an ihre Stelle zu setzen. Würde man mit allen wissenschaftlichen Theorien so verfahren, bliebe nichts mehr von der Wissenschaft übrig. Diese Argumentation ist in zweifacher Hinsicht verfehlt. Zum einen geht es gar nicht darum, irgendwelche Theorien abzuschaffen, sondern ihre Erklärungskraft und die Erklärungsgrenzen sollen ausgelotet werden. Zum anderen geht es um die Frage, ob die Defizite evolutionärer Erklärungen bloße Lücken von in Grundzügen verstandenen Mechanismen sind oder ob die entscheidende Erklärung fehlt, die dann nicht als bloße „Lücke“ heruntergespielt werden könnte.

Ob Erklärungslücken vorläufig und auf mangelhafte Kenntnisse zurückzuführen sind oder ob sie als Hinweis auf Grenzen natürliche Prozesse gelten können, muss so lange offen gelassen werden, wie es diese Lücken gibt. Bestenfalls kann die Forschungsgeschichte Tendenzen zeigen: Lücken werden kleiner bzw. verschwinden oder sie halten sich hartnäckig oder werden sogar größer. Ratzsch (2001, 118) stellt dazu fest: „Wissenschaft bringt rationale wissenschaftliche Argumente für bestimmte Arten empirischer Unmöglichkeit, und es gibt keinen ersichtlichen Grund, weshalb der Ursprung des Lebens grundsätzlich vor dieser Möglichkeit gefeit sein sollte.“ Und weiter: „Es ist außerdem augenscheinlich so, dass daran nichts grundsätzlich Verdächtiges ist bezüglich des Vorkommens von Lücken in der Natur. Es gibt alle möglichen Arten von Dingen, die die Natur nicht tun kann“ (Ratzsch 2001, 119).

Gute Lücken-Argumente beruhen also auf einer sorgfältigen Untersuchung der Vorgänge in der Natur und ihrer Leistungsfähigkeit. Ziel ist herauszufinden, ob offene Fragen auf bloße Wissenslücken zurückgehen oder für eine tatsächliche Lücke in der Natur (eine Erklärungslücke) sprechen. „Gute Lückenargumente sind daher keine Argumente aus Nichtwissen, sondern Argumente des Wissens sowohl darüber, wozu die Natur gewöhnlich fähig ist, als auch über die Quellen, die mehr leisten können“ (Menuge 2007, 11). Solange die Leistungsfähigkeit natürlicher Vorgänge offen ist, bleibt auch die Frage nach Design offen. Nagel (2008, 190), der den Design-Ansatz ablehnt, stellt dazu fest: „Die Frage nach Lücken oder die Frage danach, was glaubwürdig durch eine bestimmte Art einer wissenschaftlichen Theorie oder durch irgendeine Theorie, die sich nur auf allgemeine physikalische Gesetze bezieht, erklärt werden kann, ist selbst eine wissenschaftliche Frage.“

Zusammenfassend kann man sagen: Lücken-Argumente sind kein Spezifikum des Design-Ansatzes und Lückenargumente sind nicht per se schlecht, sondern ein möglicher Teil wissenschaftlicher Argumentation.

Ist spezifisches Design anthropomorph?

Ein weiterer Kritikpunkt an der Argumentation mit Design lautet, man könne nur Design-Merkmale entdecken, die man von menschlichen Designern her kenne. Eingangs des Artikels Einführung in „Intelligent-Design“ wurden solche Kennzeichen als „spezifisches Design“ (SD) bezeichnet. Daraus könne man aber nicht auf Design in nicht menschengemachten Systemen schließen. Tue man dies dennoch, würde man anthropomorph vom Designer denken.

Dass man nur nach solchem Design sucht, wie wir es von menschlicher Tätigkeit her kennen, ist aber selbstverständlich und unvermeidlich. Andersartiges Design könnten wir vermutlich gar nicht erkennen. Wir brauchen eine Wiedererkennung, einen Abgleich mit einem bekannten Muster. Sonst könnten wir nur konstatieren, dass bestimmte Phänomene durch natürliche Prozesse nicht erklärbar sind, die daher einen Verdacht auf Design wecken. Verdachtsmomente auf Design ergeben sich u. a. durch das Ausloten der Grenzen natürlicher Prozesse, die trotz Wissenszuwachs nicht mehr nennenswert verschoben werden. Wenn man so argumentiert, muss man über die genaue Identität des Designers und seine Methoden nichts wissen, sondern „nur“ möglichst gut die Welt untersuchen, in der definierte Design-Indizien gesucht werden. Der Verdacht auf Design wird erhärtet, wenn zusätzlich zum Befund der sich abzeichnenden Grenzen auch ein bekanntes Muster vorliegt, wie wir es aus der Erfahrung menschlicher Designertätigkeit her kennen. Dann aber müssen wir auch annehmen, dass der Designer solches Design erzeugt, wie wir es von Menschen kennen; wir müssen also ein SD-Modell aufstellen. SD ist also in der Tat in diesem Sinne anthropomorph, während der „klassische“ ID-Ansatz, der Aussagen über den Designer vermeiden will, nur einen Verdacht auf Design begründen kann.

Der Einwand, dass Strukturen bei Lebewesen, die den Verdacht auf Design wecken, neben Gemeinsamkeiten mit menschlich erzeugtem Design zusätzliche Eigenschaften (Variationsfähigkeit, Fortpflanzungsfähigkeit) aufweisen, muss natürlich berücksichtigt werden. Darauf wurde in Abschnitt „Der Analogieschluss“ von Einführung in „Intelligent-Design“ eingegangen, und es wurde gezeigt, dass die Unterschiede zwischen technischem und biologischem Design das Analogieargument nicht entkräften. Der Grund: Die zusätzlichen Eigenschaften helfen nicht zum Verständnis einer natürlichen Entstehung.

Außerweltlicher Designer? Manche Kritiker des Design-Ansatzes wenden ein, empirische Hinweise auf außerweltliche Designer könne es prinzipiell nicht geben. Doch um den Nachweis (oder Widerlegung) der Existenz außerweltlicher Designer geht es im Rahmen des Design-Ansatzes gar nicht, sondern um Argumente, dass es überhaupt einen Designer gibt. Zwar geht es im Rahmen des biblisch motivierten Schöpfungsparadigmas tatsächlich um einen außerweltlichen Designer, das aber spielt für die hier diskutierten Design-Argumente keine Rolle. Theologische Aspekte des Design-Ansatzes werden im Artikel Design und Theologie besprochen.

Der Designer ist nicht beobachtbar und nicht fassbar

Dieser Einwand ist zwar richtig, aber nicht spezifisch für den Design-Ansatz; auch in anderen Konzepten sind nicht alle Aspekte fassbar (z. B. bei der Gravitation). Bei der Design-Thematik geht es um die Vergangenheit und um die Ursprünge. Die vergangenen Vorgänge sind grundsätzlich nicht direkt beobachtbar und fassbar, sondern können nur anhand von Indizien bzw. Auswirkungen erschlossen werden, wobei oft mit dem abduktiven Schluss gearbeitet wird (Abschnitt „Der Design-Ansatz in der Biologie – eine neue Art von Wissenschaft?“ in Einführung in „Intelligent-Design“). So werden beispielsweise unbeobachtbare Meteoriteneinschläge der Vergangenheit anhand von Indizien („smoking guns“ nach Cleland 2001) wahrscheinlich gemacht. Entsprechend können Design-Kennzeichen, die von menschlichem Design bekannt sind, gesucht und ggf. wahrscheinlich gemacht werden und würden zur SD-Vorstellung von einem Designer passen, dessen Design ähnliche Kennzeichen trägt wie menschengemachtes Design.

Design-Befürworter machen keine Forschung und tragen nichts zum Wissenszuwachs bei

In der empirischen Forschung hat man es mit den proximaten (unmittelbaren) Ursachen zu tun. In diesem Bereich kann es keine eigene Design-Forschung geben und es braucht diese auch nicht. Es geht in der Ursprungsforschung vielmehr darum, wie die vorhandenen Forschungsergebnisse im Hinblick auf Ursprungsfragen (ultimate Ursachen, die nur indirekt erschlossen werden können) interpretiert werden können. Der Design-Ansatz kann aber heuristisch wertvoll sein, indem er anregt, bestimmten Fragen nachzugehen, die man im Rahmen einer naturalistischen Sicht nicht stellt, und entsprechende Forschung zu machen (s. o.). Inwieweit das in der Praxis umgesetzt werden kann, hängt auch davon ab, ob es entsprechend motivierte Wissenschaftler gibt, ob sie mit den dafür nötigen Mitteln ausgestattet werden und ob Zugang zu Fachjournalen gewährt wird. Wenn Letzteres mit Begründung abgelehnt wird, der Design-Ansatz sei außerhalb der Wissenschaft, dann kann den Befürwortern des Design-Ansatzes nur bedingt angelastet werden, sie würden keine eigene Forschung machen.

Der Bezug auf einen Designer hat in der Wissenschaft keinen Platz

Auch dieser Einwand gilt nur für den Bereich der proximaten Ursachen. Die oft geäußerte Kritik, Befürworter des Design-Ansatzes würden Gott in Theorien einfügen, ist eine Erfindung von Kritikern. Ein Designer kann natürlich nicht Teil einer naturwissenschaftlichen Theorie sein, sondern es ist bestenfalls möglich, Designer-Spuren nach klar vorgegebenen Kriterien (Abschnitt „Design-Indizien“ in Einführung in „Intelligent-Design“) nachzuweisen.

In diesem Zusammenhang wurde auch schon der Einwand erhoben, dass die Einbeziehung eines Designers nicht transsubjektiv möglich sei, da nicht alle Wissenschaftler die Existenz eines Designers für möglich halten. Wissenschaftliche Resultate müssten aber transsubjektiv gelten und für die gesamte Wissenschaftsgemeinde zugänglich sein, unabhängig von den Glaubensüberzeugungen ihrer Mitglieder. Dieser Forderung wird im Rahmen des Design-Ansatzes dadurch Rechnung getragen, dass Folgerungen aus diesem Ansatz auf der Ebene der proximaten Ursachen formuliert werden, die sehr wohl transsubjektiv prüfbar sind.

Fazit

Alle hier besprochenen Einwände stellen den Design-Ansatz nicht in Frage. Der Design-Ansatz fördert keinen Erkenntnisverzicht, sondern braucht Forschung zu seiner Stärkung. Design-Hypothesen sind zwar wie alle Ursprungshypothesen nicht strikt falsifizierbar, sie würden aber geschwächt oder gar verzichtbar, wenn Erklärungen ohne Design auskommen. Damit wäre der Design-Ansatz gescheitert, weil dazu beides gehört: Nachweis von Design-Indizien und das (vorläufige) Scheitern von Hypothesen, die Design ausschließen. Einen Design-Mechanismus (im Sinne einer Gesetzmäßigkeit) kann es nicht geben, weil Design gerade beinhaltet, dass man mehr als natürliche Mechanismen benötigt, um die Entstehung bestimmter Strukturen zu erklären. Die Behauptung, Design würde nichts erklären, trifft nur dann zu, wenn nur Erklärungen in Form von Mechanismen zugelassen werden, was aber eine weltanschauliche Vorentscheidung erfordert.

Nur durch genaue Kenntnis der funktionellen Aspekte des Lebens („Wie?“ und „Wozu?“) kann die Kritik an natürlichen Entstehungsmechanismen plausibel formuliert und der Verdacht auf Design durch Nachweis von Design-Indizien (SD) erhärtet werden. Der Design-Ansatz beruft sich auf bekanntes biologisches Wissen und nicht nur einseitig auf Nichtwissen über natürliche Entstehungsprozesse. Darüber hinaus verweist der SD-Ansatz auf Analogien mit menschlichem Design. In diesem Sinne ist ein gewisser Anthropomorphismus nicht zu vermeiden, womit gleichzeitig eine Grenze der Design-Argumentation erreicht ist: Man kann Spuren, die für das Wirken eines bestimmten Designers typisch sind, an definierten Kennzeichen nachweisen. Dieser Nachweis ermöglicht jedoch keinen Gottesbeweis, da bestimmte Kennzeichen der Schöpfertätigkeit vorausgesetzt werden müssen, nach denen dann gesucht werden kann.

Es ist lehrreich, die hier zusammengestellten Argumente gegen den Design-Ansatz auf andere Gebiete anzuwenden, in denen Designer-Spuren gesucht und überprüft werden, z. B. in der Archäologie. Wenn man bei der Untersuchung von mutmaßlichen Steinwerkzeugen die Option prüft, dass es tatsächlich einen absichtsvoll agierenden Urheber gibt, dann übt man weder Erkenntnisverzicht, noch entzieht man sich der Falsifizierbarkeit (die Annahme eines Bearbeiters könnte sich als überflüssig erweisen). Es ist auch kein Einwand, dass man keinen gesetzmäßig beschreibbaren Mechanismus demonstrieren kann, durch den ein Faustkeil entsteht. Zu behaupten, ein Urheber würde nichts bezüglich der Entstehung eines Faustkeils erklären, wirkt hier sogar lächerlich. Es wird auch mit Nichtwissen über natürliche Prozesse argumentiert, um diese Möglichkeit auszuschließen (dieses Verfahren ist bei Lebewesen wie diskutiert viel schwieriger, aber grundsätzlich auch dort legitim). Und niemand dürfte sich daran stören, dass man „anthropomorph“ argumentiert. Wir können auch hier nur solches Design erkennen, wie wir es durch die Tätigkeit von Menschen kennen.

 

Hinweis: Eine ausführlichere Diskussion bietet: Junker R (2009) Spuren Gottes in der Schöpfung? Eine kritische Analyse von Design-Argumenten in der Biologie. Studium Integrale. Holzgerlingen. (http://www.wort-und-wissen.de/si/bio/spurengottes.html; dort ist auch ein Link zum Inhalt und Vorwort)

Literatur

Binder H, Scherer S & Imming P (2006) Was ist über die Entstehung des Lebens bekannt? Religion • Staat • Gesellschaft 7, 389-416.

Cleland CE (2001) Historical science, experimental science, and the scientific method. Geology 29, 987-990.

Menuge AJL (2007) Releasing Captive Teachers: How to Refute the Case for Methodological Materialism. paper presented at the EPS Meeting, Friday 16. Nov., 2007.

Nagel T (2008) Public Education and Intelligent Design. Philosophy & Public Affairs 36, 187-205.

Waschke T (2003) Intelligent Design. Eine Alternative zur naturalistischen Wissenschaft? Skeptiker 16, 128-136. www.gwup.org/skeptiker/archiv/2003/4/intellegentdesigngwup.html

Weitere Fragen zum Thema

Ist das Fehlen eines Mechanismus ein Argument gegen „Intelligent Design“?

Ist Gott als Schöpfer ein „Lückenbüßer" für Unverstandenes?

Ist „Intelligent Design“ wissenschaftlich testbar und widerlegbar?

Ist der Bezug auf einen Schöpfer in der Wissenschaft erlaubt?

Ist „Intelligent Design“ wissenschaftsfeindlich?


Autor: Reinhard Junker, 07.01.2010

 
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