Evolution: Paläontologie |
Experten: Entstehung der Vierbeiner |
InhaltDie Fossilfunde, die in den Bereich des evolutionären Übergangs von Fischen zu Vierbeinern gestellt werden, sind Gegenstand dieses Kapitels. Es hat sich bislang gezeigt, dass passende Übergangsformen fehlen und in Schlüsselmerkmalen relativ abrupte Veränderungen zu verzeichnen sind. Die ersten mutmaßlichen Tetrapoden aus dem Frasnium Gesamtbewertung der oberdevonischen Tetrapoden |
Tetrapoden: VierbeinerTetrapoden (=Vierbeiner) sind Wirbeltiere mit vier Beinen, die durch einen charakteristischen Skelettbau gekennzeichnet sind. Mit dem Schultergürtel ist der Oberarm- bzw. Oberschenkelknochen (Humerus bzw. Femur) gelenkig verbunden, dann folgt ein Knochenpaar (Ulna und Radius bzw. Tibia und Fibula) und schließlich Hand- bzw. Fußwurzelknochen und Finger- bzw. Zehenknochen (Phalangen) (Abb. 2). Evolutionstheoretisch werden die Tetrapoden von Knochenfischen abgeleitet, und zwar von der Untergruppe der Fleischflosser (Sarcopterygier). Der Schritt von Fischen zu Vierbeinern ist einer der bekanntesten Übergänge. In vielen Lehrbüchern ist der Übergang vom Quastenflosser Eusthenopteron zum Uramphib Ichthyostega abgebildet (Abb. 3). Abb. 4 gibt einen Eindruck davon, was sich bei diesem Übergang geändert haben muss (Clack 2002, 35; Carroll 1993, 174ff.). Betroffen sind das Tragen des Körpers (was Folgen für die Wirbelsäule und die Extremitäten hat), Fortbewegung (Gliedmaßen mit neuer Funktion: Fortbewegung statt Steuerung), Ausbildung eines Halses zur besseren Beweglichkeit des Kopfes (mit Folgen für Schultergürtel, Verbindung Kopf-Wirbelsäule, Muskulatur); stabilerer Kopf (im Wasser sind gelenkige Verbindungen von Schädelteilen dagegen wichtig für Kiemenatmung), Nahrungsaufnahme, Atmung, Wasserhaushalt, Sinnesorgane (z. B. Schallübertragung; Augen: anderer Brechungsindex) und Fortpflanzung. Fragen. Die Bedeutung dieses Übergangs für die Ursprungsforschung ist offenkundig: Es sind für diesen Schritt makroevolutive Veränderungen erforderlich. Evolutionstheoretisch stellen sich folgende Fragen: • Kann dieser Übergang „portioniert" werden, so dass er mechanistisch plausibel gemacht werden kann? (Dabei muss allerdings bedacht werden, dass es sehr tiefgreifende gegenseitige Abhängigkeiten der einzelnen Organsysteme geben kann, vgl. Clack 2002, 190.) • Treten die Fossilfunde stratigraphisch (in der Schichtenabfolge) in einer Weise auf, die zu einem evolutionären Ablauf passt? Kurzantwort. Bei grober Betrachtung kann man beide Fragen teilweise bejahen; etwas mehr im Detail be- Im weiteren wird vorausgesetzt, dass die relative stratigraphische Abfolge, wie sie in Abb. 4 wiedergegeben ist, der Realität entspricht (dagegen werden die absoluten Zeitangaben hier nicht thematisert). Anzumerken ist allerdings, dass bei einigen Funden die genaue stratigraphische Position nicht bestimmt werden konnte; sie erfolgte meist anhand von Pollenfunden (Clack 2002, 109); die meisten Gattungen sind nur von einer einzigen Lokalität bekannt (Clack 2002, 109). Der Übergang von Fischen zu Vierbeinern soll sich im Devon abgespielt haben und im Karbon vollendet worden sein. Der schon länger bekannte, sehr gut erhaltene Vierbeiner Ichthyostega stammt aus dem oberen Oberdevon (Famennium), ebenso wie Acanthostega und weitere Gattungen, von denen nur relativ wenige Bruchstücke erhalten sind. Weitere weniger gut erhaltene Gattungen aus dem unteren Oberdevon (Frasnium) werden aufgrund von Kiefermerkmalen ebenfalls zu den Tetrapoden gestellt, obwohl das entscheidende Merkmal, der Bau der Gliedmaßen nicht fossil überliefert ist. Die meisten dieser Gattungen wurden erst in den letzten 20 Jahren entdeckt. Abb. 5 gibt einen stratigraphischen Überblick. Der bekannte Quastenflosser Latimeria wird nicht in einem engeren Zusammenhang zu diesem Übergang gestellt. Die oberdevonischen Funde stammen aus Grönland, Litauen, Westrussland, Schottland, Nordamerika und Australien. Im Devon lagen diese Gebiete zwar näher beieinander (Abb. 6); dennoch ist die biogeographische Verbreitung beträchtlich und einer der Gründe, weshalb eine mehrfache unabhängige Entstehung der Tetrapoden diskutiert wird. Eine neue Sicht der Dinge. Lange Zeit galt Ichthyostega als erster Vierbeiner und zugleich als erstes amphibisch lebendes Landwirbeltier. Der Übergang zum Vierbeiner wurde bis vor nicht allzu langer Zeit mit dem Übergang zum (teilweisen) Landleben gleichgesetzt. Der Sprung von Eusthenopteron zu Ichthyostega war erheblich. Durch die neuen Funde der letzten 20 Jahre hat sich an diesem Bild einiges geändert: Der Erwerb der Vierbeinigkeit wird nicht mehr mit dem Übergang zum Landleben gleichgesetzt. Vielmehr gibt es unter evolutionstheoretischen Voraussetzungen starke Argumente dafür, dass die Vierbeinigkeit im Wasser erworben wurde – oder nicht-evolutionstheoretisch ausgedrückt: einige Vierbeiner des Devons haben wahrscheinlich nur im Wasser gelebt, möglicherweise in stark bewachsenen Uferbereichen, in welchen der Besitz einer mehrstrahligen Extremität passend war. Der Übergang vom Wasser ans Land kann daher evolutionstheoretisch in zwei Teilschritte unterteilt werden (Abb. 7): Erwerb der Vierbeinig- Ausblick auf karbonische Tetrapoden. Im folgenden sollen die oberdevonischen Fossilfunde vorgestellt und ihre Relevanz für den Übergang Fisch – Vierbeiner kurz diskutiert werden. Zuvor aber soll noch ein Ausblick auf die karbonischen Tetrapoden gegeben werden. Nach dem Oberdevon folgt eine markante Überlieferungs- Stratigraphischer Überblick. Abb. 5 gibt einen stratigraphischen Überblick über die oberdevonischen Formen und ihre mutmaßlichen Vorläufer. Als am besten geeignete Ausgangsgattung der Tetrapodenevolution gilt nach wie vor Eusthenopteron, der zur Fleischflosser-Familie der Osteolepididae gehört. Als darauffolgende Übergangsform kommen Panderichthys und die ähnliche, aber nicht so gut erhaltene Gattung Elpistostege. Beide sind eindeutig Fische, die aber auch tetrapodenartige Merkmale besitzen. Im Frasnium (unteres Oberdevon) sind Elginerpeton und Obruchevichthys überliefert, die als älteste Tetrapoden gelten. Allerdings weisen diese Gattungen einige stark spezialisierte Merkmale auf und werden deshalb auf einen blind endenden Seitenzweig gestellt. Eine interessante Gattung, ebenfalls mit ausgeprägten Sondermerkmalen, aus dieser Zeit ist außerdem Livoniana. Aus dem Famennium (oberes Oberdevon) wurden acht weitere Tetrapoden-Gattungen beschrieben: die be- Die nachfolgende Darstellung orientiert sich vor allem an Clack (2002). |
Tetrapodenähnliche FischePanderichthys (Abb. 9). Diese Gattung gilt als tetrapodenähnlichster Fisch, der den Tetrapoden in einigen Merkmalen näher steht als Eusthenopteron (s. o.) und somit die Kluft zwischen Fischen und Vierbeinern verkürzt. Panderichthys war über 1 m lang (Schädellänge ca. 30 cm); der Schädel war abgeflacht und die Schnauze ziemlich ausgezogen; die Augen lagen ziemlich nahe beieinander (Clack 2002, 64). Als tetrapodenartige Merkmale gelten: Das Schädeldach ist stabiler als bei primitiveren Gattungen, da es ineinandergreifende Suturen zwischen Schnauze und dem hinteren Teil besitzt; es sind große, paarige Frontale-Knochen ausgebildet; die Augen liegen höher und weiter nach hinten als bei Fischen (Carroll 1996, 19). Es gibt aber auch einzigartige Merkmale im Schädel, und insgesamt ist die Ähnlichkeit zum Fleischflosser Eusthenopteron ziemlich groß (Ahlberg et al. 1996, 61). Zudem weist der Hirnschädel keines der abgeleiteten Merkmale der oberdevonischen Tetrapoden auf, sondern ist fast mit dem von Eusthenopteron identisch und besitzt ein fischtypisches intrakraniales Gelenk (Gelenk im Hirnschädel, das der Beweglichkeit des Kopfes dient; Ahlberg et al. 1996, 61). Im Vergleich zum frühen Tetrapoden Acanthostega gibt es tiefgehende Unterschiede (Ahlberg et al. 1996, 61). Daraus folgt, dass die dortigen Änderungen relativ spät und relativ schnell erfolgt sein müssen (Carroll 1996; Ahlberg et al. 1996). Hier zeigt sich bislang ein deutliches Entweder-Oder in der Ausprägung des Hirnschädels. Andere Merkmale wie der Besitz von Lunge, Nasenlöcher und Zahnschmelzfalten kommen zwar auch bei frühen Tetrapoden vor, aber ebenso bei manchen anderen Fischen und sind daher nicht besonders signi- Auffallend ist das Fehlen von Dorsal- und Analflosse. Diese Flossen sind abrupt spurlos verschwunden. Die paarigen Flossen zeigen aber auch keine charakteristischen Merkmale von Landwirbeltieren (Carroll 1996, 19). Die Skelettelemente der Flossen sind breit und abgeflacht (Clack 2002, 43); sie gleichen den frühen Tetrapoden noch weniger als das Flossenskelett von Eusthenopteron (Abb. 10). Die Schwanzflos- Das Timing der Hirnschädel-Evolution entspricht dem der Extremitätenevolution (Ahlberg et al. 1996, 61). Auch dort wird eine plötzliche Änderung konstatiert: „As with the braincase, this sudden structural reorganization was preceeded and followed by periods of very gradual change“ (Ahlberg et al. 1996, 63). Panderichthys passt stratigraphisch nicht in die Abfolge Eusthenopteron – Tetrapoden, da er in älteren Schichten als Eusthenopteron gefunden wurde. Elpistostege. Diese Gattung, die an der gleichen Lokalität in Kanada wie Eusthenopteron gefunden wurde, wird von Ahlberg et al. (2000) als noch tetrapodenähnlicher eingestuft als Panderichthys (Clack 2002, 63). Allerdings sind von dieser Gattung nur Schädelfragmente und Wirbel gefunden worden. |
Die ersten mutmaßlichen Tetrapoden aus dem FrasniumElginerpetontidae. Elginerpeton und Obruchevichthys werden als erste Tetrapoden klassifiziert. Allerdings gibt es für diese Einstufung nur indirekte Hinweise, denn das entscheidende Merkmal, der Bau der Extremi- Elginerpeton (Abb. 11) aus Schottland galt ursprünglich als Fleischflosser; fossil erhalten sind Ober- und Unterkieferfragmente sowie einige Extremitäten- und Gürtelelemente (Tibia, Femur, Schulter- und Beckengürtelteile; evtl. ein Humerus), wobei die Zuordnung der postkraniellen Elemente (Teile unterhalb des Schädels) nicht ganz gesichert ist (Ahlberg 1995, 423). Mit einer Schädellänge von ca. 40 cm handelte es sich um ein relativ großes Tier; der Kopf war flach, die Schnauze recht spitz und ziemlich unähnlich zu Pande- Trotz mancher Ähnlichkeiten in Einzelmerkmalen können die Elginerpetontiden aufgrund ihres besonderen Merkmalsmosaiks nicht näher mit anderen oberdevonischen oder unterkarbonischen Tetrapoden verwandt sein (Carroll 1995, 389). Von Obruchevichthys aus dem Frasnium Litauens und Westrusslands sind nur Unterkieferfragmente be- In etwa gleich alten Schichten wie die Elginerpetontidae wurde kürzlich Livoniana gefunden. Bisher sind von dieser neuen Gattung aber nur zwei Fragmente des Vorderendes des Unterkiefers bekannt, das mit meh- Kurze Bewertung der Tetrapoden des Frasniums. Die Frasnischen Tetrapoden überlebten die Grenze zum Famennium offenbar nicht; die stratigraphisch nachfolgenden Famennischen Tetrapoden lassen sich nicht ohne Weiteres an die Frasnischen phylogenetisch anschließen. Die Tetrapoden des Frasniums weisen auf eine größere Diversität hin im Vergleich zu den Famennischen Tetrapoden (größere Differenzierung der Gebisse) (Clack 2002, 137). |
Tetrapoden des FamenniumsIchthyostega (Abb. 12) ist der bekannteste devonische Tetrapode und als „erstes Landwirbeltier“ in die Geschichte der Paläontologie eingegangen. Ichthyostega wurde im Famennium (Oberes Oberdevon) Grönlands gefunden, ist ca. 1,5 m groß; der Schädel ist ca. 25 cm lang und weist ein ausgeprägtes Mosaik von Fisch- und Tetrapodenmerkmalen auf. Kiemenbögen fehlen und mit ihnen wahrscheinlich innere Kiemen. Markant ist die typische Tetrapodenextremität, die jedoch nicht 5, sondern 7 Finger aufweist (allerdings sind nur die Finger der Hinterextremität überliefert; und einer der besten Kenner, Erik Jarvik, ist der Auffassung, dass es sich doch nur um fünf Finger handelt [Jarvik 1996]). Die Hinterextremitäten mehr paddel- als beinartig. Bei Ichthyostega scheinen die wesentlich größeren Vorderextremitäten die Kraft zur Bewegung auf dem Land vermittelt zu haben (Clack 2002, 119). Nach dem Bau der Gelenke waren die Bewegungsmöglichkeiten der Extremitäten eingeschränkt. Es gibt sehr beachtliche Ähnlichkeiten zum Extremitätenskelett von Seehunden, auch Parallelen zum Flussdelphin (Clack 2002, 119); daher wird spekuliert, ob die Finger Schwimmhäute besaßen. Der Schwanz ist fischartig gebaut und offenkundig zum Schwimmen da. Daneben gibt es aber auch auffällige einzigartige Merkmale, die nicht zu einer Übergangsstellung von Ichthyostega passen. Dazu gehört der massive, starre Brustkorb mit überlappenden Rippen (deren Funktion unklar ist) und der extrem enge Bau des Hirnschädels. Der Stapes (entspricht dem Steigbügel im Mittelohr der Säugetiere) könnte zwar als tetrapodenähnlich interpretiert werden, ist aber einzigartig gebaut (Clack 2002, 112). Die Vorderextremität war viel länger als die Hinterextremität, was für Tetrapoden untypisch ist, da die Verhältnisse sonst genau umgekehrt sind, weil die Hinterextremitäten die Kraft beim Gehen einbringen. Insgesamt war Ichthyostega in mehrfacher Hinsicht spezialisiert. Beachtenswert ist auch, dass Ichthyostega im Schädelbereich fischartiger ist als das zeitgleiche Acanthostega, im postkraniellen Bereich dagegen im Vergleich zu Acanthostega (s.u.) weniger fischartig. Clack (2002, 115) vermerkt als Gesamteindruck: „In many other respects, Ichthyostega is a very strange animal, and parts of it are like no other known tetrapod or fish.“ – „In summary, Ichthyostega is a curious mixture of features, some of them primitive but some of them specialized and unique. Because of this, after its discovery, it did not lead to many new insights into the origin of tetrapods“ (Clack 2002, 119). Acanthostega (Abb. 13). Heute oft mit einem Atemzug mit Ichthyostega wird Acanthostega genannt. Gemeinsam ist beiden zwar das geologische Alter, das Fundgebiet Grönland und der Besitz einer tetrapodenartigen Extremität, doch in vielerlei Hinsicht unterscheiden sich beide Gattungen erheblich. Auffallend bei Acanthostega ist der Besitz von 8 Fingern (Abb. 2). Dennoch aber war Acanthostega für ein Landleben nahezu ungeeignet und lebte wahrscheinlich als reines Wassertier. Diese Gattung trug wesentlich zur Erkenntnis bei, dass der Besitz einer tetrapodenartigen Extremität nicht mit einer (teilweise) landlebenden Lebensweise gleichzusetzen ist. Acanthostega war mit 20 cm Schädellänge kleiner als Ichthyostega. Die Merkmale, die auf ein dauerndes Wasserleben hinweisen, sind unter anderem: ein markantes Seitenlinienorgan an Kopf; die Bezahnung gleicht zeitgenössischen Fleischflossern; der Hirnschädel ist direkt vergleichbar mit Fischen wie Eusthenopteron oder Panderichthys; das Kiemenskelett ist bemerkenswert fischartig (Clack 2002, 124). Die Vorderextremität war vermutlich seitwärts gerichtet. Die Proportionen und Formen der Extremitäten sind einzigartig unter den Tetrapoden, spiegeln aber auch die Verhältnisse bei Fleischflossern wie Eusthenopteron wider (Clack 2002, 125); zum Tragen des Gewichts waren sie kaum geeignet. Hand- und Fußgelenk sind nicht ausgebildet. Insgesamt wirken die Extremitäten eher als Paddel denn als Fuß und waren gut zum Schwimmen konstruiert. Die Hinterextremitäten waren etwas größer als die Vorderextremitäten (also umgekehrte Verhältnisse wie bei Ichthyostega). Die Wirbelsäule ist von vorne bis hinten auffallend gleichförmig, ähnlich wie bei Fischen wie Eusthenopteron. Die Schwanzflosse ist lungenfischähnlich gebaut. Der Beckengürtel bestand aus einem einzelnen Element und war relativ klein für einen Tetrapoden, jedoch groß für einen Fisch, in mancher Hinsicht tetrapodenähn- Vermutlich lebte Acanthostega in vegetationsreichen Uferzonen, in denen eine tetrapodenartige Extremität trotz Wasserlebens passend war. Clack (2002, 124) stellt als Gesamteindruck fest: „Almost all the features of Acanthostega that have been discovered suggest that it was likely to have been totally aquatic.“ Weitere Gattungen des Famenniums sind nur bruchstückhaft bekannt. Von Hynerpeton aus Nordamerika sind der Schultergürtel, das Jugale, ein Teil des Unterkiefers und Bauchschuppen fossil überliefert. Der Schul- Tulerpeton wurde im Oberdevon Russlands gefunden; eine rechte Vorder- und Hinterextremität, ein linker Schultergürtel, Prämaxillare und Vomer sowie Bauchschuppen liegen vor. Auffallend ist der Besitz von 6 Fingern an der Vorder- und 7 Fingern an der Hinterextremität. Die Gliedmaßen ähneln insgesamt deutlich späteren Tetrapoden des Karbons. Die Knöchelkonstruktion gleicht jedoch insofern Ichthyostega und Acanthostega, als der Fuß weniger Knochen aufweist als spätere Tetrapoden. Tibia und Fibula sind abgeflacht und eher paddelartig, eine Situation, die für heutige Wassersalamander typisch ist (Clack 2002, 129f.). Da keine postbranchiale Lamina nachgewiesen wurde, hatte Tulerpeton vermutlich keine inneren Kiemen. Von Ventastega aus dem Oberdevon Litauens wurden Schädelteile und Teile der Extremitätengürtel gefunden. Der Schädel und Gaumen ähneln Acanthostega. Die Bezahnung ist z. T. ähnlich Panderichthys und verschieden von Acanthostega oder Ichthyostega; Reißzähne aus dem Gaumen werden als fischartig und primitiv eingestuft (Fressen im Wasser) (Clack 2002, 130). Der Schultergürtel ist anderen devonischen Tetrapoden vergleichbar. Nach einer phylogenetischen Studie erscheint Ventastega primitiver als Acanthostega (nach Ahlberg & Clack 1998). Der Vollständigkeit halber seien aus dem Famennium noch Densignathus, Metaxygnathus und Sinostega erwähnt. Von Densignathus aus Pennsylvania ist ein Oberkiefer gefunden wurden, der Hynerpeton ähnelt, jedoch etwas kleiner ist. Metaxygnathus ist biogeographisch bemerkenswert, denn diese Gattung wurde relativ weit entfernt von den anderen oberdevonischen Gattungen in Australien gefunden. Von Metaxygnathus ist nur ein Unterkiefer bekannt, dessen Merkmale z. T. tetrapodentypisch sind (Clack 2002, 133). Zur Erweiterung des geographischen Gebiets trug auch die kürzlich in China entdeckte Gattung Sinostega bei, von der allerdings nur ein Kieferbruchstück gefunden wurde, das tetrapodenartige Merkmale aufweist (Zhu et al. 2002). Kurze Bewertung der Tetrapoden des Famenniums. Die Tetrapoden des Famenniums weisen (trotz besserer Erhaltung) eine geringere Diversität auf als die Frasnischen Tetrapoden (geringere Differenzierung der Gebisse) (Clack 2002, 137). Sie sind im postkraniellen Bereich relativ variabel, sonst aber bemerkenswert „konservativ“ (Kieferbau, Gaumen, Schädeldach, Gürtel, in der Gesamtgröße, ähnlich breite, abgeflachte Schädelformen) – dies steht im Kontrast zur verlängerten und spezialisierten Schädelform der Elginerpetontidae des Frasniums. „The Famennian tetrapods seem to form a wholly paraphyletic array. Tulerpeton, Ichthyostega and Acanthostega clearly represent separate plesions, while Ventastega and Metaxygnathus may fall below Acanthostega and the tetrapod stem“ (Ahlberg 1995, 423f.). Jede Gattung ist nur von einer Lokalität bekannt. „The genera display considerable postcranial variation, but their jaw morphology and head shape are strikingly uniform“ (Ahlberg 1995, 424). Dies müsse als typisch für diese Stammlinie angesehen werden und hängt vermutlich mit einer bestimmten Art des Beuteerwerbs zusammen. |
LiteraturAhlberg PE (1995) Elginerpeton pancheni and the earliest tetrapod clade. Nature 373, 420-425. Ahlberg PE & Clack JA (1998) Lower jaws, lower tetrapods – A review based on the Devonian genus Acanthostega. Trans. R. Soc. Edin. Earth Sci. 89, 11-46. Ahlberg PE, Clack JA & Luksevics E (1996) Rapid braincase evolution between Panderichthys and the earliest tetrapods. Nature 381, 61-64. Ahlberg PE, Luksevics E & Mark-Kurik E (2000) A near-tetrapod from the Baltic Middle Devonian. Palaeontology 43, 533-548. Clack JA (2002) Gaining Ground. The Origin and Evolution of Tetrapods. Bloomington, IN. Carroll RL (1992) The primary radiation of terrestrial vertebrates. Ann. Rev. Earth Planet. Sci. 20, 45-84. Carroll RL (1993) Paläontologie und Evolution der Wirbeltiere. Stuttgart. Carroll RL (1995) Between fish and amphibian. Nature 373, 389-390. Carroll RL (1996) Revealing the patterns of macroevolution. Nature 381, 19-20. Jarvik E (1996) The Devonian tetrapod Ichthyostega. Fossils and Strata 40, 1-213. Westenberg K (1999) From fins to feet. Nat. Geogr. 195, 114-126. Zhu M, Ahlberg P, Zhao W & Jia L (2002) First Devonian tetrapod from Asia. Nature 420, 760-761. Weitere Fragen zum ThemaStimmt es, dass bereits zahlreiche Übergangsformen gefunden wurden?
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