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Schöpfung: Biblisch-urgeschichtliche Geologie

Experten: Die biblische Urgeschichte - wirkliche Geschichte

Inhalt

In diesem Artikel wird erläutert, dass die biblische Urgeschichte (1. Mose 1-11) wirkliche Geschehnisse schildern will. Dies ist die erkennbare Absicht der Autoren. Im Neuen Testament wird auf die biblische Urgeschichte Bezug genommen. Auch daraus geht hervor, dass es sich um reale Ereignisse handelt.

Bei diesem Text handelt es sich um eine biblische Exegese (=Auslegung), während naturwissenschaftliche Aspekte nicht hier behandelt werden.

Die biblische Urgeschichte – wirkliche Geschichte

Der Schöpfungsbericht: ein Gedicht?

Genesis im Neuen Testament

Schlussfolgerung

Literatur

Weitere Fragen zu diesem Thema

Mit der biblischen Urgeschichte sind die Geschehnisse gemeint, von denen in den ersten elf Kapiteln des 1. Buches Mose (Genesis) berichtet wird. Darin wird über die Schöpfung, den Garten Eden, den Sündenfall, die weitere Geschichte nach Adam und Eva, die Sintflut und das Scheitern des Turmbaus zu Babel erzählt.

In der zeitgenössische Theologie wird schon lange davon ausgegangen, dass die biblische Urgeschichte keine wirklichen Ereignisse zum Inhalt hat. Die Begründung für eine solche Auffassung kann jedoch nicht den biblischen Texten entnommen werden. Vielmehr passt die Vorstellung (direkten Schöpfung durch das Wort Gottes, ein fundamentaler Bruch in der Menschheitsgeschichte, globale Sintflut) nicht in gegenwärtig herrschende weltanschauliche Vorstellungen.

Die biblische Urgeschichte – wirkliche Geschichte

Vor diesem Hintergrund wird oft gefragt, ob es überhaupt die Absicht der Urgeschichte ist, wirkliche Geschichte zu berichten. Bemerkenswert ist, dass selbst historisch-kritische Alttestamentler wie z.B. Gunkel (1910, S. 130) nicht selten betonen, dass der biblische Bericht „den wirklichen Hergang der Entstehung der Welt erzählen will“. Man hätte das „nie leugnen sollen“. Die weitaus meisten Alttestamentler sind aber der neuzeitlichen Bibelkritik verpflichtet. Sie nehmen nicht an, dass sich die Berichte der Urgeschichte tatsächlich (so) ereignet haben. Aber sie erkennen fast immer an: Es ist die Absicht der Urgeschichtstexte, wirkliche Geschichte zu berichten. Diese Ausleger machen sozusagen einen Unterschied zwischen dem, was die Schreiber der biblischen Texte aussagen wollten, und dem, wie diese Aussagen ihrer Meinung nach heute verstanden werden sollten.

Wegen der Wichtigkeit dieser Frage seien hier einige weitere Zitate historisch-kritischer Alttestamentler angeführt: Die Urgeschichte will „als Geschichte erzählt sein, die so zu nehmen ist, wie sie dasteht“ (Zimmerli 1967, S. 163). „Mit 1. Mose 1,1 hebt das Geschichtswerk an, dass nun durchläuft bis zur Sinaioffenbarung und der Landnahme der Stämme [Israels]. ( ...) Es ist also daran festzuhalten, dass hier ein Tatsachenbericht gegeben werden will“ (v. Rad 1987, S. 51). Der biblische Erzähler „wollte tatsächlich eine ‚Geschichte‘ von der Erschaffung der Menschheit an schreiben, freilich eine Geschichte Gottes mit der Menschheit“ (Ruppert 1979, S. 28). „Die Zeitangaben und Begriffe [...] unterstreichen, dass es sich um [...] auch chronologisch fixierte, einmalige Ereignisse in der Urzeit“ handelt (Witte 1998, S. 252f.). Es ist bemerkenswert, dass diese historisch-kritischen Alttestamentler herausstellen: Die Urgeschichte will berichten, was einst wirklich geschehen ist.

Der Schöpfungsbericht: ein Gedicht?

Manchmal wird behauptet, der Schöpfungsbericht (1. Mose 1) sei lediglich so etwas wie ein Gedicht. Er wolle schon deshalb keine wirkliche Geschichte berichten. Jedoch: Der Schöpfungsbericht ist nach seinem literarischen Gattung (Textsorte) kein Gedicht. Vielmehr handelt es sich um eine Erzählung (Gunkel 1910, S. 117), die „vom Urgeschehen ... berichtet“ (Westermann 1974, 791; vgl. 111), genauer um einen Bericht (engl. report; Dreytza, Hilbrands & Schmid 2002, S. 83).

Genesis im Neuen Testament

Jesus Christus selber bestätigt indirekt die Erschaffung des Menschen, wie sie in den ersten beiden Kapiteln der Bibel (1. Mose 1 und 2) geschildert wird. In einer seiner Auseinandersetzungen mit den religiösen Führern seiner Zeit geht es um die Frage der Ehe und Ehescheidung. Bemerkenswerterweise begründet Jesus seine Antwort damit, dass er auf den Ursprung verweist, wie Gott den Menschen am Anfang gemacht hat. Im Matthäusevangelium ist dieses Gespräch überliefert:

„Da traten Pharisäer an ihn heran, die ihn auf die Probe stellen wollten, und legten ihm die Frage vor: Darf man seine Frau aus jedem beliebigen Grund entlassen (oder: sich von seiner Frau scheiden)? Er gab ihnen zur Antwort: Habt ihr nicht gelesen (1. Mos. 1,27), dass der Schöpfer die Menschen von Anfang an als Mann und Frau geschaffen und gesagt hat (1. Mos. 2,24): ‘Darum wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und an seiner Frau hangen, und die beiden werden  e i n  Fleisch sein’? Also sind sie nicht mehr zwei, sondern  e i n  Fleisch. Was somit Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden.

Sie entgegneten ihm: Warum hat denn Mose geboten (5. Mos. 24,1), der Frau einen Scheidebrief auszustellen und sie dann zu entlassen? Er antwortete ihnen: Mose hat euch (nur) mit Rücksicht auf eure Herzenshärte gestattet, eure Frauen zu entlassen (oder: euch von euren Frauen zu scheiden); aber von Anfang an ist es nicht so gewesen“ (Mt. 19,3-8; nach Menge).

Für Jesus sind die Dinge so real geschehen, wie sie im biblischen Schöpfungsbericht und in der Paradieseserzählung geschildert werden. Sein Hinweis, dass „von Anfang an“ noch keine Scheidung gestattet war, schließt ein, dass die Menschen ursprünglich keine „Herzenshärte“ hatten. Damit steht hinter der Antwort Jesu unausgesprochen ein Bruch in der Menschheitsgeschichte, durch den die Menschen hartherzig wurden – eine Anspielung auf den real geschehenen Sündenfall.

Auch auf den Brudermord (Geschichte von Kain und Abel) wird im Neuen Testament Bezug genommen (Mt. 23,35; Hebr. 11,4; 12,24) und zwar wieder so, dass ein wirkliches Ereignis vorausgesetzt wird. Das gilt ebenfalls für die Sintflut: Wieder ist es Jesus Christus selber, der die Zeit vor der Sintflut mit der Zeit vor seinem Wiederkommen vergleicht (Mt 24,37-39; zum Ganzen vgl. Baum 2002).

Auf die Zusammenhänge zwischen der biblischen Urgeschichte und zentralen Inhalten des Neuen Testaments wird im Artikel Die biblische Urgeschichte im Neuen Testament ausführlicher eingegangen.

Schlussfolgerung

Das biblische Zeugnis spricht eine klare Sprache zur Frage, ob die Urgeschichte wirkliche Geschichte beschreiben will. Sowohl die Textauslegung führt zu diesem Ergebnis (was Ausleger verschiedener theologischer Richtungen bestätigen), als auch die innerbiblischen Zusammenhänge.

Literatur

Baum, A. D.: Das Schriftverständnis Jesu: Ein exegetisches Mosaik. JETh 16 (2002), 13-32

Dreytza, M., Hilbrands, W. & Schmid, H.: Das Studium des Alten Testaments. Eine Einführung in die Methoden der Exegese. BWM 10. Wuppertal 2002

Gunkel, H.: Genesis. HK AT I/1. Göttingen 31910 (71966)

Junker, R.: Jesus, Darwin und die Schöpfung. Holzgerlingen (22004)

Rad, G. v.: Das erste Buch Mose. ATD 2-4. Göttingen 121987

Ruppert, L.: „Urgeschichte“ oder Urgeschehen? Zur Interpretation von Gen. 1-11. MThZ 30 (1979), 19-32

Westermann, C.: Genesis 1-11. BK AT I/1. Neukirchen-Vluyn 1974 (41999)

Witte, M.: Die biblische Urgeschichte. Redaktions- und theologiegeschichtliche Beobachtungen zu Genesis 1,1 - 11,26. BZAW 265. Berlin-New York 1998

Zimmerli, W.: 1. Mose 1-11. Urgeschichte. ZBK. Zürich 31967 (41984)

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Autor: Manfred Stephan, 27.12.2007

 
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