Schöpfung: Biblisch-urgeschichtliche Geologie |
Experten: Die Bindung der Erdgeschichte an den Sündenfall des Menschen |
InhaltIn diesem Artikel wird gezeigt, weshalb aus biblischer Sicht die Geschichte des Lebens in einen kurzen Zeitrahmen gestellt werden muss. Das ergibt sich daraus, dass zum einen die Menschheitsgeschichte kurz ist (Der kurze Zeitrahmen der Urgeschichte), zum anderen daraus, dass aufgrund des Sündenfalls ein enger Zusammenhang zwischen der Geschichte des Menschen und der Geschichte der Tierwelt besteht. Bei diesem Text handelt es sich um eine biblische Exegese (=Auslegung), während naturwissenschaftliche Aspekte nicht hier behandelt werden. Die Menschheit – durch den Ungehorsam der ersten Menschen dem Tod verfallen. Der Tod von Tieren wird erst nach dem Sündenfall berichtet Menschen und Tiere sollten sich ursprünglich vegetarisch ernähren Die Tierwelt – durch den Mensch der Vergänglichkeit unterworfen Die fossile Tierwelt – von Anbeginn dem Tod unterworfen Der Mensch, die Fossilien und die geologische Schichtenabfolge |
Im Artikel Der kurze Zeitrahmen der Urgeschichte wird erläutert, dass sich die Menschheitsgeschichte aus biblischer Sicht im zeitlichen Rahmen von einigen Jahrtausenden bewegt. Die Geschichte des Menschen ist – biblisch gesehen – mit dem Geschick der gesamten Schöpfung gekoppelt. Daraus ergibt sich ein ebenso kurzer Zeitrahmen auch für die Geschichte des Lebens. Im folgenden soll dieser Zusammenhang erläutert werden. |
Die Tierwelt – durch den Mensch der Vergänglichkeit unterworfenPaulus nimmt in Römer 5,12-17 die Aussagen über den Sündenfall (1. Mose 3) auf. Danach kam der Tod durch Adam, den ersten Menschen, in die Welt (griech. Kosmos). Der Tod ist hier ganzheitlich zu verstehen, der leibliche Tod ist eingeschlossen. Das wird durch den Verweis auf den Tod von Adam bis Mose (Röm 5,14) besonders deutlich. Betrifft nun der Tod, wie viele Ausleger meinen, in Röm 5 nur die „Menschenwelt“? Das ist hier naheliegend und bleibt an dieser Stelle zunächst noch offen (vgl. Die biblische Urgeschichte im Neuen Testament). Weiterführend sagt Paulus in Röm 8,19-23, dass die Vergänglichkeit ein sekundäres Kennzeichen der Schöpfung ist. Unter Schöpfung kann hier nur die Tierwelt verstanden werden (das musste zu Röm 5 noch offen gehalten werden; s.o.). Dies wird von fast allen Auslegern anerkannt (Diskussion bei Stuhlmacher 1992, 270-272; Junker 1994, S. 116-118). Beispielsweise spricht Stuhlmacher (1992) von „der Nichtigkeit, der die ganze menschliche und außermenschliche Schöpfung unterworfen ist (vgl. Röm 8,20)“. Genauer sagt er: „Seit Adams Fall ist sie unter die Gewalt der Sünde, des Todes und der Vergänglichkeit geraten“ (S. 270). Der Neutestamentler C.H. Chang (2000) zeigt in einem umfangreichen Fachbuch besonders detailliert: Schöpfung (griech. ktisis) kann „in Röm 8,19-22 weder die gläubige noch die ungläubige Menschheit noch auch Engel oder Dämonen meinen. Als Umfangsbestimmung der hier angesprochenen ktisis kann so nur die außermenschliche, vernunftlose Schöpfung in Frage kommen“ (S. 90). Weiter: „Die ‚Knechtschaft’ unter die physische [körperliche] ‚Verderbnis/Vergänglichkeit’, in deren Zustand sich die außermenschliche Schöpfung gegenwärtig befindet (V. 21b), beruht auf dem historischen Ereignis, dass diese Schöpfung einstmals der physischen ‚Nichtigkeit unterworfen’ wurde (V. 20a)“ (S. 134). Oder einfacher ausgedrückt: „Die ganze Erde/Schöpfung [ist] durch die Übertretung Adams und zusammen mit Adam der Nichtigkeit und dem Niedergang verfallen“ (S. 227). Auch Stuhlmacher betont, dass Röm 8,20 auf dem Hintergrund von 1. Mose 3,17-19 zu verstehen ist (S. 271). Alttestamentler äußern sich ebenfalls zum Zusammenhang zwischen 1. Mose 3 und Röm 8. Zimmerli (1967) sagt zum „Seufzen der Kreatur (Schöpfung)“, dass Röm 8,22 „mit umfassenderem Blick“ redet als 1. Mose 3. „Von diesem Seufzen ist hier klar bezeugt: Es ist kein zufälliges, aus irrationalen Hintergründen herrührendes Leid. Es ist Folge des Ungehorsams gegen Gott“ (S. 192). Denn „alles, was den Menschen trifft, trifft zugleich die mit ihm zu gemeinsamer Entwicklung zusammengebundene Naturwelt“ (Delitzsch 1887, S. 110). |
Die fossile Tierwelt – von Anbeginn dem Tod unterworfenFossilien sind Zeugnisse vergangenen Lebens. Sie sind aber besonders eindrucksvolle Zeugnisse des Todes, nicht selten eines gewaltsamen Todes. Tod und Gewalt in der Tierwelt und beim Menschen verweisen aber nicht auf Schöpfung, sondern auf ein göttliches Gericht. Im vorigen Abschnitt wurde festgehalten: Laut biblischer Diagnose ist der Tod auch in der außermenschlichen Schöpfung Folge des menschlichen Sündenfalls. Durch den Ungehorsam des Menschen wurde auch die Tierwelt in die Knechtschaft der Vergänglichkeit, das heißt des Todes, hineingezogen. Damit ist die Existenz von Fossilien Ausdruck der menschlichen Sünde in der Welt. Denn Fossilien sind Reste ehemaliger Tiere. Deshalb muss die Bildung auch der frühesten Schichtgesteine mit Tierfossilien nach dem Sündenfall der ersten Menschen angesetzt werden. Dazu kommt, dass unter den Fossilien nahezu von Beginn ihres Auftretens (das heißt etwa mit dem Kambrium) auch zahlreiche räuberische und parasitisch lebende Tiere bekannt sind. Sie ernährten sich also nicht (mehr) so, wie es im Schöpfungsbericht für die ursprüngliche Tierwelt beschrieben wird. Demnach war den Tieren wie auch dem Menschen anfangs pflanzliche Nahrung zugewiesen (1. Mose 1,29f., s. o.). Die räuberische und parasitische Lebensweise muss daher als nachträglich angesehen werden, als Folge des menschlichen Sündenfalls (siehe dazu Modell für einen Umbruch in der Schöpfung). |
Der Mensch, die Fossilien und die geologische SchichtenabfolgeAus diesen Überlegungen folgt: Da erst durch den Sündenfall des Menschen der Tod in die Tierwelt eingedrungen ist, ist die Fossilüberlieferung von Tieren (ab dem Kambrium) in den zeitlichen Rahmen der kurzen Menschheitsgeschichte zu stellen (Abb. 103). Damit steht die biblisch-urgeschichtliche Geologie vor der gewaltigen Aufgabe, die Fossilüberlieferung zumindest ab dem Kambrium in den zeitlichen Rahmen der Menschheitsgeschichte zu stellen und in diesem Rahmen zu deuten (etwa mit dem Beginn des Kambriums treten tierische Fossilien auf; vgl. Der kurze Zeitrahmen der Urgeschichte). |
LiteraturChang, H.-K.: Die Knechtschaft und Befreiung der Schöpfung. Eine exegetische Untersuchung zu Römer 8,19-22. BWM 7. Wuppertal 2000 Delitzsch, F.: Neuer Kommentar über die Genesis. Leipzig 51887 (Nachdruck Gießen 1999) Junker, R.: Leben durch Sterben? Schöpfung, Heilsgeschichte und Evolution. Berlin 21994 Möller, H.: Der Anfang der Bibel. Eine Auslegung zu 1. Mose 1 bis 11. Zwickau 31997 Rad, G. v.: Das erste Buch Mose. ATD 2-4. Göttingen 121987 Seebass, H.: Genesis I. Urgeschichte (1,1-11,26). Neukirchen-Vluyn 1996 Stuhlmacher, P.: Biblische Theologie des Neuen Testaments. Bd. I: Grundlegung. Von Jesus zu Paulus. Göttingen 1992 Witte, M.: Die biblische Urgeschichte. Redaktions- und theologiegeschichtliche Beobachtungen zu Genesis 1,1 - 11,26. BZAW 265. Berlin-New York 1998 Zimmerli, W.: 1. Mose 1-11. Urgeschichte. ZBK. Zürich 31967 (41984) Weitere Fragen zum ThemaKann mit dem Tod, der durch die Sünde in die Welt kam, der „geistliche Tod“ gemeint sein? Ist eine paradisische Welt ohne den Tod überhaupt ökologisch möglich? Betraf laut der Bibel der Tod als Folge der Sünde auch die Tiere? Schließt Evolution die Existenz Gottes aus?
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