Schöpfung: Theologie, Biblische Apologetik | |
Interessierte: Biblische Aussagen zur Existenzweise der Lebewesen |
InhaltIn diesem Artikel werden einige biblische Texte ausgelegt, die den gegenwärtigen Zustand der Schöpfung thematisieren und Hinweise darauf geben, wie es zur heutigen „Knechtschaft" (Römer 8,20) der Schöpfung gekommen ist. Was sagt die Schrift zur heutigen Schöpfung? |
Problemstellung |
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Im Artikel Todesstrukturen in der Schöpfung wurde anhand zahlreicher Beispiele die auf Fressen und Gefressenwerden angelegte Ökologie der uns vertrauten Schöpfung demonstriert. Die ökologischen Kreisläufe basieren auf gegenseitigem Verzehr der Organismen. Dazu verfügen die Lebewesen über Strukturen und Verhaltensweisen, die ihnen das Jagen, Fangen, Verzehren und Verwerten tierischer Nahrung ermöglichen. In diesem Artikel soll aufgezeigt werden, was die Heilige Schrift zu dieser destruktiven Seite der Schöpfung sagt. Wir nennen dieses „Gesicht" der Schöpfung „fallsgestaltig", weil es (wie gezeigt wird) aus biblischer Sicht mit dem Sündenfall zu tun hat. Wir werden dazu zwei Aspekte kennenlernen: 1. Die Bibel zeichnet zwei sehr gegensätzliche „Gesichter" der Schöpfung, neben dem schönen und angenehmen auch ein häßliches fallsgestaltiges. 2. Die Bibel erklärt, dass die destruktive Seite nicht von Anfang an zur Schöpfung gehörte, sondern erst nachträglich in sie eindrang. Dies soll im folgenden anhand einiger biblischer Texte gezeigt werden. Im Artikel Modell für einen Umbruch in der Schöpfung werden Denkhilfen gegeben, wie man sich einen Umbruch von einer Welt ohne Tod in die heutige vom Tod gekennzeichneten Welt vorstellen könnte. |
Was sagt die Schrift zur heutigen Schöpfung? |
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Was sagt die Bibel zur uns vertrauten Ökologie, die auf Fressen und Gefressenwerden basiert? Im Neuen Testament findet sich dazu im 8. Kapitel des Römerbriefs (Verse 19-22) ein aufschlussreicher Text. Er soll zunächst in der Übersetzung nach Menge wiedergegeben werden: (19) Denn das sehnsüchtige Harren des Geschaffenen wartet auf das Offenbarwerden der Söhne Gottes. (20) Denn der Nichtigkeit ist die ganze Schöpfung unterworfen worden – allerdings nicht freiwillig, sondern um dessen willen, der ihre Unterwerfung bewirkt hat –, jedoch auf Hoffnung hin, (21) dass auch sie selbst, die Schöpfung, von der Knechtschaft der Vergänglichkeit befreit werden wird zur Freiheit, welche die Kinder Gottes im Stande der Verherrlichung besitzen werden. (22) Wir wissen ja, dass die gesamte Schöpfung bis jetzt noch überall seufzt und mit Schmerzen einer Neugeburt harrt. Der Text erklärt, dass die heutige Schöpfung sich vom ursprünglichen Zustand unterscheidet: die Schöpfung wurde der Nichtigkeit bzw. Vergänglichkeit unterworfen; sie war also früher anders. Damit wird ein früherer herrlicher Zustand der Ursprungswelt vorausgesetzt. Mit „Schöpfung" (griech. ktisis) ist die gesamte außermenschliche Schöpfung gemeint. Es wird nämlich ausdrücklich gesagt, dass die gesamte Schöpfung seufzt (V. 20 und 22). Wenn die Menschen gemeint wären, sollte man einen anderen Begriff erwarten. Weiter wird gesagt, dass die ktisis ohne ihren Willen unterworfen wurde, also nicht schuldhaft, was sonst in der Heiligen Schrift von den Menschen ja gerade nicht gesagt wird. Das passt nur zur außermenschlichen Schöpfung. Wie wird die Schöpfung beschrieben? Die Schöpfung wird als „nichtig" bzw. „vergänglich" charakterisiert; Dies steht betont am Anfang des Satzes von V. 20. Weiter wird die Schöpfung als seufzend, geknechtet und mit Schmerzen gezeichnet beschrieben. Die „Knechtschaft der Vergänglichkeit" wird in einen Gegensatz zur Herrlichkeit der Söhne Gottes gestellt. Von der Schöpfung als Ganze wird also ein ausgeprägt pessimistisches Bild gezeichnet. Von daher ist schon klar, dass diese Existenzweise der Schöpfung nicht die ursprüngliche sein kann, wie sie aus Gottes Schöpferhänden kam. Gott hat am Anfang keine seufzende, geknechtete, der Vergänglichkeit unterworfene Schöpfung ins Dasein gebracht. Wie kam es zur „Knechtschaft der Vergänglichkeit"? Auch zu dieser Frage gibt der Text aufschlussreiche Hinweise. Der Text sagt, dass der gegenwärtige „Status" durch eine „Unterwerfung" in Kraft getreten ist. Der Unterwerfer kann nur Gott sein, denn nur er kann auf Hoffnung unterwerfen. Vor dem Hintergrund anderer biblischer Aussagen wird man freilich auch sagen müssen, dass der Widersacher Gottes, der Satan, seine Hand irgendwie im Spiel hatte, doch er hat nur den von Gott eingeräumten Spielraum. (Wir stehen hier vor der sog. Theodizee-Frage, der Frage nach der Gerechtigkeit Gottes angesichts des Leides in der Welt, vgl. dazu Artikel Die Theodizee-Frage.) Der Aspekt, dass auf Hoffnung hin unterworfen wurde, zeigt, dass Gott der eigentlich Handelnde ist. Das Verhängnis des Unterworfenseins unter die Knechtschaft der Vergänglichkeit gilt nicht grundsätzlich, sondern es kennt einen Anfang und ein Ende. Das wird durch die Verwendung der (nur im Griechischen vorhandenen) Zeitform des Aorists ausgedrückt, der einen diesem Ereignis vorausgehenden Zustand voraussetzt, in welchem die Schöpfung nicht unter diesem Verhängnis stand. Aus Römer 8,19ff. geht also hervor, dass die Schöpfung ursprünglich wesensmäßig anders beschaffen war als heute. Sie wurde der Vergänglichkeit unterworfen und besaß somit ursprünglich dieses Merkmal nicht. Folglich hatte sie andere Eigenschaften, die allerdings unserem Vorstellungsvermögen entzogen sind. Das gilt umgekehrt genauso für die verheißene zukünftige Schöpfung. Die Schöpfung wurde „ohne ihren Willen" unterworfen, also nicht schuldhaft. Das weist auf den Menschen als Auslöser hin. Damit wird nahegelegt, dass das Unterworfensein Folge des Sündenfalls des Menschen ist und somit erst nachträglich die Schöpfung kennzeichnet. Nicht von ungefähr verstehen viele Ausleger diese Passage als neutestamentliche Auslegung der Sündenfallerzählung (1. Mose 3). Die Zukunft der Schöpfung. Glücklicherweise bleibt der Text nicht bei der Diagnose und der Ursachenforschung stehen, sondern gibt auch eine Perspektive. Es wird eine neue Schöpfung geben, in der es keine Vergänglichkeit und das mit ihr verbundene Seufzen und Geknechtetsein mehr geben wird. (Das bezeugt die Bibel auch an anderen Stellen.) Der Weg dahin wird als Befreiung und als Neugeburt beschrieben. Es ist klar, dass dies nur durch das Eingreifen Gottes geschehen wird. |
Weitere Texte im Neuen und Alten Testament |
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In Römer 5,12-19 stellt Paulus einen bestimmten Menschen – Adam – Jesus Christus gegenüber. Beide entsprechen einander in gewissem Sinne: Adam ist der Stammvater der Menschheit wie Jesus der „Anfänger einer neuen Menschheit" (Paul Althaus) ist: Darum, gleichwie durch einen Menschen die Sünde in die Welt hineingekommen ist, und durch die Sünde der Tod ... Wie es durch eine einzige Übertretung für alle Menschen zum Verdammungsurteil gekommen ist, so kommt es auch durch eine einzige Rechttat für alle Menschen zur lebenwirkenden Rechtfertigung. (Röm. 5,12+18) In unserem Zusammenhang ist hier bedeutsam, dass die Sünde des Adam den Tod aller Menschen nach sich zog. Dass durch die Tat eines einzigen der Tod in die Welt kam, wird durch die Gegenüberstellung zu dem einen, Jesus Christus, hervorgehoben. Wie Jesus eine bestimmte Person ist, die als Jesus aus Nazareth auf dieser Erde gelebt hat, so war es auch Adam. Somit bezeugt Paulus mit diesen Sätzen in Römer 5, dass eine historische Person das Einfallstor des Todes in diese Welt war. Nach diesem Zeugnis kann also der Tod nicht als ursprünglich angesehen werden. (Mehr dazu im Artikel Die biblische Urgeschichte im Neuen Testament.) Zudem wird der Tod als der „letzte Feind" Gottes bezeichnet (1. Kor. 15,26), der besiegt werden wird. Dies macht ebenfalls deutlich, dass der Tod nicht zur ursprünglichen Schöpfung gehört. Jesu Taten. Die Krankenheilungen und Totenauferweckungen Jesu verdeutlichen ebenfalls, dass Krankheit, Leid und Tod Eindringlinge sind, die nicht zur guten Schöpfung Gottes gehören, sondern als Gerichtszeichen zu werten sind. Jesus drängt Krankheit und Tod durch seine Machtworte zurück. Texte aus der Genesis. 1. Mose 1,29 und 30 geben Auskunft über die Art der Nahrung. Sowohl den Tieren als auch den Menschen wird pflanzliche Nahrung zugewiesen. Tiere sollten also nicht durch Räuber oder Parasiten sterben. Wären sie überhaupt gestorben, wenn es nicht zum Sündenfall gekommen wäre? Dazu wird im Text nichts ausdrücklich gesagt. Dennoch wird man im Anschluss an Röm 5 und 8,19ff. (s. o.) annehmen müssen, dass auch das Sterben der Tiere Ausdruck des „Unterworfenseins" und des Seufzens der gesamten Schöpfung ist, vgl. die obigen Darlegungen. (Vgl. auch Artikel Die biblische Urgeschichte - wirkliche Geschichte.) Besonders bedeutsam ist weiter 1. Mose 3,16-19, die Fluchworte Gottes als Reaktion auf den Ungehorsam und Unglauben von Adam und Eva. Hier werden einige Hinweise dafür gegeben, dass mit dem Sündenfall Umbrüche und einschneidende Veränderungen auch im physikalisch-chemischen und biologischen Bereich einhergingen (Mühsal der Frau in der Schwangerschaft und bei der Geburt, Verfluchung des Ackers – um des Menschen willen, V. 17). Hier wurde die Außenwelt verändert. Es wird deutlich, dass die Konsequenzen des Falls nicht auf die Innenwelt des Menschen beschränkt werden können. Die knappen Hinweise aus diesem 3. Kapitel des Genesisbuches sind insofern bedeutungsvoll, als sie eine Ahnung davon geben, dass auch im Bereich der außermenschlichen Kreatur und des Körperlichen gravierende Veränderungen infolge des Sündenfalls eingetreten sind. Dabei beschränkt sich der Text auf Umbrüche, die den Menschen betreffen. In V. 19 ist außerdem vom physischen Tod die Rede, vom Zurückkehren zum Staub. Die Formulierung „bis du zurückkehrst" setzt voraus, dass die in 2,17 ausgesprochene Warnung „wirst du des Todes sterben" bereits gültig geworden ist. In 1. Mose 6,12 wird schließlich gesagt, dass „alles Fleisch seinen Weg auf Erden verdorben" hatte. Somit ist das frühere Urteil des Schöpfers über seine Schöpfung („alles war sehr gut"; 1. Mose 1,31) ins Gegenteil verkehrt worden. Mit der Wendung „alles Fleisch" ist die gesamte Menschen- und Tierwelt gemeint. |
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