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Evolution: Biologie

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Interessierte: Natürliche Selektion

 

Inhalt

Im Artikel über Mutation wurden die Mutationen als Quelle für evolutionäre Neuerungen vorgestellt. Es war dort auch die Rede davon, dass schädliche Mutationen wieder ausgemerzt werden. Das Entfernen nachteiliger Veränderungen wird als Selektion bezeichnet. Die nachteiligen Mutationen wer-
den dadurch ausgemerzt, dass ihre Träger weniger oder gar keine Nachkommen haben. Selektion bedeutet also unterschiedlichen Fortpflanzungserfolg.

In diesem Artikel werden beobachtete Beispiele für das Wirken von Selektion vor-
gestellt und es wird erläutert, welche Schlussfolgerungen daraus gezogen werden können.

evolution schöpfung birkenspanner evolutionsmechanismen natürliche selektion Die Selektionstheorie

evolution schöpfung birkenspanner evolutionsmechanismen natürliche selektion Voraussetzung: polyvalenter Genpool

evolution schöpfung birkenspanner evolutionsmechanismen natürliche selektion Das berühmteste Auslese-Beispiel: Der Birkenspanner

evolution schöpfung birkenspanner evolutionsmechanismen natürliche selektion Selektion und Höherentwicklung

evolution schöpfung birkenspanner evolutionsmechanismen natürliche selektion Selektion: Vielfach nur behauptet

 
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Die Selektionstheorie

 

Der Grundgedanke der Selektionstheorie geht auf Charles Darwin zurück. Dem-
nach erfolgt Selektion dadurch, dass in der Regel ein Überangebot an Nachkom-
men erzeugt wird, aus dem auf lange Sicht durchschnittlich nur zwei Individuen pro Elternpaar überleben. In der Regel werden das diejenigen sein, die am besten an die jeweiligen Umweltbedingungen angepasst sind. Deren Merkmale bleiben also erhalten; die anderen gehen verloren und scheiden aus der Population aus: Selektion.

Selektionsvorgänge sind in vielen Studien beobachtet worden. So wurde bei-
spielsweise beobachtet, dass sich schon nach mehreren trockenen Jahren die Schnäbel bei Darwinfinkenarten auf den Galapagos-Inseln in Anpassung an das veränderte Spektrum des Nahrungsangebots vergrößert hatten.

Ein zweites Beispiel: Leguane der Gattung Anolis wurden auf Karibik-Inseln aus-
gesetzt, auf denen sie vorher nicht vorkamen. Es stellten sich nach wenigen Jah-
ren Veränderungen in der Länge der Hinterbeine ein und zwar in Abhängigkeit von der Vegetation, auf der sich die Echsen fortbewegen. Dort, wo dünnere Äste vor-
herrschten, waren die Beine kürzer als dort, wo dickere Äste verbreitet waren.

 
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Voraussetzung: polyvalenter Genpool

 

Als Voraussetzung für solche Veränderungen ist ein polyvalenter Genpool erfor-
derlich, d. h. die Ausgangsgruppe, aus welcher selektiert wird, muss zum einen eine gewisse genetische Vielfalt (Polymorphismus) aufweisen. Außerdem ist ein bereits vorgegebenes Variationspotential erforderlich, das – möglicherweise durch Umweltreize ausgelöst – in wenigen Generationen solche Änderungen hervorrufen kann, wie sie beobachtet wurden.

 
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Man kann solche Vorgänge wie folgt interpretieren: Aufgrund veränderter Umwelt-
bedingungen sind aus dem Spektrum der Variabilität der Arten (Polyvalenz) an-
dere Varianten als zuvor begünstigt. Diese können folglich besser überleben und mehr Nachkommen produzieren. Neues wird dabei nicht erzeugt, sondern aus Vorhandenem das Geeignete ausgelesen (vgl. Abb. 57, Abb. 59). Auslese kann daher nicht als Beleg für Höherentwicklung gewertet werden, denn Auslese ist ja in keiner Weise kreativ – im Gegenteil: Auslese führt dazu, dass aus dem Genpool der verschiedenen Varianten nur ein Teil in der nächsten Generation übrig bleibt. Kurz: „Auswählen“ ist nicht „erschaffen“

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Das berühmteste Auslese-Beispiel: Der Birkenspanner

Die Ausbreitung dunkler Formen des Birkenspanners (Abb. 60) zuungunsten heller Formen gilt als Paradebeispiel für beobachtete Evolution. Zwischen 1850 und 1920 hatten die dunklen Formen des Falters erheblich zugenommen und die hel-
len entsprechend abgelöst. Nach 1950 drehte sich dieser Trend wieder um. Als Ursache für die Verschiebungen der Häufigkeiten wurde die Luftverschmutzung angenommen, die zum Absterben der hellen Flechten auf den Borken der Bäume führte. Das wiederum führte dazu, dass die dort ruhenden hellen Formen des Bir-
kenspanners nicht mehr gut getarnt waren und häufiger von Vögeln erbeutet wurden: Selektion in Aktion. Es wurde z.T. sogar die Auffassung vertreten, dass sich hier ein „prächtiges Stück Evolution“ abspielte, dass man hier „der Evolution zusehen“ durfte.

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Dieses Szenario wurde schon länger kritisiert. Der schwerwiegendste Einwand ist, dass sich nach eingehenden Feldstudien die Birkenspanner nahezu niemals auf Baumstämmen niederlassen (Abb. 60 ist gestellt). Die Ruheplätze des Birkenspan-
ners sind bis heute nicht bekannt. Außerdem nahmen die hellen Formen wieder zu, bevor die Flechten sich wieder auf den Borken ausgebreitet hatten. Schließlich tendieren die Falter gar nicht dazu, Untergründe zu wählen, die zu ihrer Farbe passen.

Sollte es überhaupt einen Zusammenhang zwischen der Umweltverschmutzung und den Häufigkeiten der dunklen Falter geben, so ist dieser viel komplizierter als früher angenommen und bislang noch unverstanden. Vermutlich gab es zwar Selektion, doch sind die Verhältnisse im einzelnen recht unklar.

In jedem Fall handelt es sich um einen typischen Fall von Mikroevolution. Es ist nicht dokumentiert, woher die dunklen Formen kommen. Beobachtet wurde ledig-
lich eine Verschiebung von Häufigkeiten der Falterformen, nicht aber die Entstehung neuer Varianten. Selbst bei Annahme einer mutativen Entstehung könnte eben-
falls nur von Mikroevolution gesprochen werden, denn auch die hellen Formen be-
sitzen den dunkelbraunen Farbstoff Melanin, welcher für die Färbung der dunklen Formen verantwortlich ist (sie haben braune Flecken oder Bänder auf ihren Flü-
geln), so dass die dunklen Formen ohne Strukturneubildung entstehen konnten.

 
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Selektion und Höherentwicklung

 

Selektion ermöglicht eine Anpassung der Lebewesen an veränderliche Umweltbe-
dingungen. Nach dem klassischen Neodarwinismus soll Selektion im Zusammen-
spiel mit Mutationen aber nicht nur zu verbesserter Anpassung, sondern letztlich auch zu Höherentwicklung (Entstehung neuer Strukturen) führen. Anpassungs-
vorgänge und Höherentwicklung stehen jedoch in keinem erkennbaren Zusam-
menhang.
Wenn durch Selektionswirkung eine bessere Anpassung an die Umwelt erzielt wird, so ist dies (bei Wechsel der Umweltbedingungen) grundsätzlich nur mit der Veränderung eines bereits vorhandenen Organs oder Merkmals verbunden. Doch die Entstehung eines neuen Organs kann damit nicht erklärt werden, denn Selektion kann nur dort wirken, wo bereits eine Funktion ausgeübt wird, die ver-
bessert werden kann. Umgekehrt gilt: Evolution im Sinne der Entstehung kompli-
zierter Organe bedeutet nicht zunehmende Anpassung. Anpassung spielt sich auf einem bestimmten Organisationsniveau ab, das durch Selektion nicht verlassen wird. „Eine Amöbe, ein Wurm, ein Insekt oder nichtplazentales Säugetier ist eben-
so angepaßt wie ein Plazentalier; wären sie das nicht, so wären sie schon längst ausgestorben“ (L. v. Bertalanffy).

 
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Ein Wurm, der wechselnden Umweltbedingungen ausgesetzt ist, wird aufgrund der Selektionswirkung zu einem „besseren“ (besser angepassten) Wurm, nicht aber zu einem Insekt. Veränderungsansätze in Richtung Insekt bedeuteten keine Anpassung als Wurm; solche Ansätze würden daher von der Selektion ausge-
merzt (Abb. 61). Dieses Argument gilt auch für hypothetische gemeinsame Vorfah-
ren von Würmern und Insekten.

 
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Selektion: Vielfach nur behauptet

 

Die oben genannten Beispiele für Selektion (Darwinfinken, Leguane, Birkenspan-
ner) gründen auf Beobachtungen im Gelände. Sie belegen offenkundig nur Mikroevolution. Nun wird aber häufig behauptet, komplexe Strukturen seien ebenso durch Selektion entstanden, wie die geringfügigen Änderungen in der Schnabelgröße, Beinlänge oder Flügelfärbung bei den genannten Beispielen. Häufig wird der hypothetische Erwerb neuer Organe auch als „Anpassung“ beschrieben. Damit wird suggeriert, als könne Selektion (im Zusammenwirken mit Mutation) dafür verantwortlich gemacht werden und der Erwerb dieses Organs sei im Prinzip verstanden.

So seien beispielsweise Flügel an den Flug angepasst oder ein lange, klebrige, ausstülbare Zunge an die Ernährung durch kleine Insekten usw. Solche Aus-
drucksweisen sind zwar verbreitet, aber sachlich fehl am Platz. Von Anpassung könnte man nur im Sinne einer Feinjustierung sprechen: ein bereits vorhandener Flügel kann vielleicht an verschiedene Erfordernisse beim Fliegen angepasst wer-
den. Aber ein Flügel an sich ist aber genausowenig eine Anpassung ans Fliegen wie eine Waschmaschine eine Anpassung an das Waschen von schmutziger Wäsche ist.

Hier ist eine angemessener Gebrauch von Begriffen wichtig: Flügel sind keine An-
passungen, sondern Einrichtungen für bestimmte Zwecke, Konstruktionen, mit de-
nen bestimmte Aufgaben erfüllt werden können. Tatsächlich wurde die Entstehung neuer Organe durch Selektion (und andere Evolutionsfaktoren) nicht beobachtet. Selektion ist ein Variationsfaktor, jedoch kein „Kreationsfaktor“.

 
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Autor: Reinhard Junker, 14.07.2008

 
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