Evolution: Biologie | |
Interessierte: Homeobox-Gene und Evolution |
InhaltIn diesem Artikel wird erklärt, was Homeobox-Gene sind. Sie haben regulative Funktion und stehen demnach am Anfang von Entwicklungsvorgängen in der individuellen Entwicklung (Ontogenese). Aufgrund dieser besonderen Funktion wurde vermutet, dass Homeobox-Gene einen Schlüssel für Makroevolution liefern könnten. Es werden einige Versuche geschildert, mit denen diese Vorstellung getestet wurde. |
Die Homeobox |
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Eine Sonderstellung innerhalb der Genoms (=gesamtes Erbgut einer Art) aller eukaryotischer (=Lebewesen, deren Zellen einen Zellkern besitzen) Lebensformen nehmen Homeobox-Gene während der Embryonalentwicklung ein. Sie liefern Informationen für Proteine, welche die Transkription (=Übersetzung der DNS-Erbinformation in Proteine = Eiweiße) anderer Genkomplexe regulieren. Den Homeobox-Genen gemeinsam ist ein Bereich von 180 Basenpaaren, die Homeobox, die für einen Proteinabschnitt von 60 Aminosäuren codiert, die man Homeodomäne nennt. Dieser Proteinabschnitt bildet ein sogenanntes Helix-turn-Helix-Motiv („Spirale-Kurve-Spirale"), welches sich wie eine Wäscheklammer auf einen bestimmten DNS-Abschnitt nachgeschalteter Gene setzen kann. Diese „molekulare Wäscheklammer" schaltet nun durch Interaktion mit anderen Zellbestandteilen diejenigen Gene an oder aus, vor die es sich gesetzt hat. Eine Unterfamilie der Homeoboxgene sind die sog. Hox-Gene mit besonderen Sequenzeigenschaften innerhalb des Helix-turn-Helix-Motivs und mit besonderen Aufgaben für die Achsendeterminierung (=Festlegung,wie die einzelnen Regionen der Körperachse ausgeprägt werden). |
Homeobox-Gene |
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Eine Besonderheit der Homeobox-Gene ist die erstaunliche Ähnlichkeit der Homeobox bei allen Tieren. Sie erreicht Werte von 60-80%. Eine noch größere Ähnlichkeit erreichen die von der Homeobox kodierten Proteinabschnitte. So zeigt zum Beispiel die bekannte Antennapedia-Homeodomäne von Drosophila zu der homologen Homeodomäne beim Menschen (Hox-2 Cluster) nur einen einzigen Aminosäurenunterschied. Ein faszinierendes Kennzeichen dieser Genkomplexe ist die Regel, dass sie in linearen Clustern (=Gruppen) vorkommen und dass die den Bereich der Kopfregion bestimmenden Gene am 3‘-Ende des Komplexes und die Gene, welche die hinteren oder unteren Körperregionen bestimmen, am 5‘-Ende des Komplexes gelegen sind. Diese Entsprechung zwischen der Anordnung der Homeobox-Gene auf den Chromosomen und dem Maximum ihrer Ausprägung entlang der Körperachse ist bislang einzigartig. Diese Reihenfolge weist zudem bei vielen Tiergruppen eine hohe Ähnlichkeit auf. Während bei Drosophila nur ein einziger Komplex von Hox-Genen bekannt ist, besitzen Wirbeltiere vier ähnliche Komplexe auf vier Chromosomen. Diese Komplexe werden Hoxa, Hoxb, Hoxc und Hoxd genannt und tragen bis zum Teil 13 Hox-Gene (vgl. Abb. 196). |
Die Hox-Gene besitzen als Regulatoren von Transkriptionsvorgängen eine besondere Schlüsselstellung. Sie stehen häufig am Anfang einer ganzen Regulationskaskade zahlreicher anderer Gene, die ihrerseits bei der embryonalen Musterbildung, der Ausbildung von Körperachsen und der charakteristischen Segmentmorphologie oder der Festlegung der Reihenfolge von Segmenten beteiligt sind (Ferrier 2004). Beispielsweise bestimmen in den gut untersuchten Gliederfüßern wie Insekten und Krebsen die Hox-Gene die Identiät eines Segmentes und damit, ob dieses Segment Antennen, Beine, Flügel, Geschlechtsorgane oder nichts von alledem trägt (Abb. 197). Wird z.B. das Hox-Gen proboscipedia (pb), zuständig für die Mundwerkzeuge, ausgeschaltet, so erhält das entsprechende Segment in Insekten eine falsche Identität und stattdessen werden Beine erzeugt. Diese vergleichsweise kleinen Veränderungen (Mutation eines einzigen Hox-Gens) haben somit dramatische Auswirkungen auf den Phänotyp der Insekten (Hughes & Kaufmann 2002). Interessanterweise werden auch in Wirbeltieren die Identitäten der einzelnen Körperabschnitte über die Hox-Gene festgelegt (Gruss & Kessel 1991). |
Zusammengenommen sollen die Experimente zeigen, Evolution vorausgesetzt, dass Änderungen in der Beinzahl durch funktionale Änderungen im Hox-Protein Ubx verursacht wurden. Somit, so die Autoren einer der Studien, ergäbe sich eine Verbindung von mikroevolutiven Veränderungen im Genom mit makroevolutiven Veränderungen auf der Ebene des Organismus. |
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