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Experten: Methodik der empirischen Forschung |
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Inhalt
In diesem Abschnitt werden die Methoden der empirischen Forschung erläutert. Relativ strenge Kriterien ermöglichen relativ sichere Ergebnisse; allerdings ist der Erkenntnisbereich der empirischen Forschung begrenzt.
Objektive Daten
Gegenwartsforschung
Von den Daten zur Theorie
Induktion
Induktion ist nicht eindeutig
Theorien
Von der Theorie zu den Daten
Naturalismus als Methode
Wann ist eine Theorie wissenschaftlich?
Auf dem Weg zu sicherem Wissen?
Ohne Theorien keine Wissenschaft
Bestätigung und Widerlegung von Theorien
Weitere Fragen zu diesem Thema
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Objektive Daten
Naturwissenschaften arbeiten empirisch, das heißt ihr Gegenstand sind durch Erfahrung gewonnene Daten. Ihre Aussagen müssen einen Bezug zur Realität herstellen, die der Erfahrung (Empirie) zugänglich ist. Die empirisch arbeitende Naturwissenschaft befasst sich also mit beobachtbaren Ereignissen und Phänomenen, die darüber hinaus wiederholbar und vom Beobachter unbeeinflussbar sein sollten. Aus Naturbeobach-
tungen oder aufgrund gezielter Experimente erhaltene Ergebnisse werden auch als „objektive Daten" (oder einfach als „Daten") oder als „empirische Befunde" bezeichnet.
Einige einfache Beispiele für Daten: „Rehe haben vier Beine", „Der Klatschmohn hat rote Kronblätter", „Im Steinbruch X folgt Schicht B auf Schicht A" usw. Dagegen ist das emotionale (subjektive) Erleben bei einem Traum nicht datenmäßig zu erfassen, wohl aber Gehirnströme, Augenbewegungen u. a. während eines Traums. Was als „Daten" zu bezeichnen ist, hängt, wie dieses Beispiel zeigt, auch von der methodischen Zugänglichkeit ab. Es zeigt darüber hinaus, dass datenmäßig nicht erfassbare Aspekte ebenso real sein können wie methodisch zugängliche Daten.
Damit sind Reichweite und Grenzen des empirischen Arbeitens bereits angedeutet. Es erfasst den Bereich der realen Welt, der datenmäßig vom Subjekt erkannt werden kann. In diesem Sinne kann von Objektivität der Naturwissenschaft gesprochen werden. Das bedeutet gleichzeitig, dass nur bestimmte Aspekte der Realität mit ihr erfasst und beschrieben werden können.
Gegenwartsforschung
Die Empirie ist auf die Gegenwart beschränkt. Denn nur in der Gegenwart kann der geforderte Bezug zur realen Welt hergestellt werden. Eine Prüfung von Aussagen ist nur in der Gegenwart möglich. In der Vergangenheit liegende Ereignisse können nur indirekt untersucht werden. Über vergangene Abläufe können zwar auch wissenschaftliche Hypothesen entwickelt werden, doch ihre Prüfung kann nur anhand gegenwärtiger Befunde erfolgen.
Von den Daten zur Theorie
Gewöhnlich werden Daten als Ausgangspunkt naturwissenschaftlicher Theoriebildung betrachtet. So stellen MOHR & SCHOPFER (1992, S. 7) in ihrem Lehrbuch für Pflanzenphysiologie fest: „Prinzipiell geht der Weg der Erkenntnisgewinnung von experimentellen oder Beobachtungsdaten aus, die mit Hilfe genau definierter Me-
thoden gewonnen werden." Dieser Weg ist jedoch allenfalls die eine Seite der Münze, denn Daten werden gewöhnlich erst gewonnen, wenn man Fragen an die Natur richtet. Vor dem Gewinnen von Daten stehen also Fragestellungen, die wiederum bestimmten Mutmaßungen über Zusammenhänge in der Natur folgen (s. u.; „Hypothesen").
In der Naturwissenschaft werden Daten nicht zusammenhanglos angehäuft, sondern es geht darum, Erklärungen für empirische Daten zu finden und Zusammenhänge aufzudecken. Solche Zusammenhänge bestehen darin, dass bestimmte Ereignisse Ursachen für andere sind, d. h. die Ereignisse sind ursächlich (kausal) verknüpft (Kausalitätsprinzip). Ein Großteil der Wissenschaft beschäftigt sich damit, kausale Zusammenhänge (Ursache-Wirkungs-Gefüge) aufzuspüren, wenn solche vermutet werden (Abb. 98). Daneben kommen auch statistische Verfahren zur Anwendung, um stochastische Prozesse (Prozesse, die teilweise dem Zufall unterworfen sind) gesetzmäßig zu erfassen, wie das z. B. bei den Mendelschen Vererbungsregeln der Fall ist.
Induktion
Kausale Zusammenhänge werden nicht automatisch anhand der Daten entdeckt, vielmehr bedarf es einer guten Idee des Wissenschaftlers, wie verschiedene Phänomene ursächlich zusammenhängen könnten. Von einer Reihe einzelner Daten schließt man auf einen größeren Zusammenhang oder versucht die Daten zu erklären, indem man eine Hypothese bildet. Eine Hypothese fomuliert eine Vermutung über kausale Zusammenhänge, für welche es Anhaltspunkte unter den Daten geben sollte, die aber unbewiesen ist. Eine Hypothese überbrückt also Kenntnislücken.
Man spricht hier auch von Induktion: Der Induktionsschluss ist eine Schlussfolgerung vom Speziellen aufs Allgemeine, d.h. ausgehend von Einzelaussagen wird auf eine Allgemeinaussage geschlossen. So hat beispielsweise MENDEL induktiv geschlossen, als er aus einer Reihe von Beobachtungen die später nach ihm benannten Vererbungsgesetze ableitete. Er vermutete aufgrund zahlreicher Beobachtungen ein allgemeines Gesetz.
Ein weiteres Beispiel: Bei zahlreichen Organismen wurde festgestellt, dass der genetische Code identisch ist. Daraus wurde geschlossen, dass alle Lebewesen denselben Code besitzen. Die Schlussfolgerung von den relativ wenigen untersuchten Arten auf alle Arten ist ein typischer Induktionsschluss auf eine allgemeine Gesetzmäßigkeit. Vorhin wurde gesagt, dass Hypothesen Kenntnislücken überbrücken. Hier besteht die Kenntnislücke darin, dass die meisten Organismen gar nicht auf den genetischen Code hin untersucht wurden. Dennoch wird mit einer Hypothese eine Aussage gemacht, die alle - auch die nicht untersuchten - Arten betrifft. Mittlerweile wurde übrigens bei zahlreichen Arten festgestellt, dass sie einen abweichenden genetischen Code besitzen.
Induktion ist nicht eindeutig
Es ist oft möglich, aus ein und demselben Befundmaterial verschiedene Induktionsschlüsse zu ziehen und damit zu verschiedenen Hypothesen zu gelangen, die einander widersprechen können. Induktionen müssen also nicht eindeutig sein (Abb. 99). Das liegt daran, dass in einer Hypothese über das Erfahrungswissen (Empirie) hinausgegangen wird und unterschiedliche Mutmaßungen eingebracht werden können. Diese Situation ist besonders in der Ursprungsfrage bedeutsam.
Da Hypothesen über das Datenwissen hinausgehen, können sie nie durch empirische Forschung als endgül-
tig wahr erwiesen werden; das liegt nicht in der Kompetenz empirischer Forschung. Wohl aber können sie sich bewähren. Neue Daten können aber auch bisher bewährte Hypothesen in Frage stellen oder gar wider-
legen wie im oben erwähnten Beispiel des genetischen Codes. Bei Hypothesen sind Widerlegungen in der Regel relativ einfach möglich; bei komplexen Theorien ist die Situation dagegen ungleich komplizierter (s.u.). Auf den Theoriebegriff kommen wir im folgenden zu sprechen.
Theorien
Wenn mehrere Hypothesen logisch miteinander in Beziehung gebracht werden, spricht man von einer Theorie. Theorien sind Systeme wissenschaftlich begründeter Aussagen (bzw. Hypothesen), die einen bestimmten Bereich der Realität beschreiben.
Das Beispiel, das uns hier besonders interessiert, ist natürlich die Evolutionstheorie. In der Evolutionstheorie sind viele Einzelhypothesen aus verschiedenen biologischen Disziplinen zusammengefasst. Dazu gehören z. B. die Morphologie (äußere Gestalt), Anatomie (innerer Bau), die Ökologie (Beziehungen zwischen den Lebewesen), Genetik (Vererbungslehre), Biochemie, Verhaltensbiologie usw. Beispielsweise können Be-
ziehungen bestehen zwischen der Genetik (wie entstehen Mutationen, wie häufig entstehen sie, was wird durch sie an Änderungen ausgelöst?), der Morphologie (wie ändert sich die Gestalt der Lebewesen?) und Ökologie (sind Individuen mit einer Mutation konkurrenzkräftiger?)
Die Bestätigung einzelner Hypothesen stützt die übergeordnete Theorie als Ganzes ebenfalls, da in Theorien die einzelnen Hypothesen in einer logischen Beziehungen zueinander stehen. Inwieweit dies zutrifft, hängt davon ab, ob logische Beziehungen zwischen den einzelnen Hypothesen tatsächlich bestehen. Im Rahmen der Evolutionstheorie ist diese Beziehung meist ziemlich locker. (An dieser Stelle soll nicht weiter theoretisiert werden; die konkreten Beispiele folgen an den passenden Stellen.)
Von der Theorie zu den Daten
Es wurde bereits erwähnt, dass der Ausgangspunkt naturwissenschaftlicher Forschung gewöhnlich nicht die Daten sind. Denn Daten werden oft nur dann gewonnen, wenn man nach ihnen sucht. Die Suche nach Da-
ten wiederum wird gewöhnlich durch eine vorgegebene Hypothese oder Theorie gesteuert. Der Wissen-
schaftler verfolgt in seinen Untersuchungen eine bestimmte Idee, bildet entsprechend eine Hypothese und will sie prüfen. Dieses Ziel steuert die Datensuche. Bestimmte Daten werden der Hypothese bzw. Theorie entsprechend wahrgenommen, andere gelangen gar nicht erst ins Blickfeld. Der Wissenschaftler steht dadurch sogar in Gefahr, für ihn uninteressante oder nicht brauchbare Daten zu übersehen. Daraus folgt, dass nicht unbedingt ein „repräsentativer" Querschnitt der vorliegenden Daten gewonnen wird, vielmehr werden die Daten durch die vorgegebene Fragestellung gefiltert.
Ein Beispiel: Im Rahmen der Grundtypenbiologie sind Ergebnisse aus Kreuzungsversuchen sehr wichtig. Daher wird angestrebt, möglichst viele Daten aufgrund von Mischlingszuchten zu gewinnen.
Neue Daten können Änderungen von Theorien erfordern oder Ideen vermitteln, die zu neuen Theorien führen. Daten, Hypothesen und Theorien stehen also in einem Wechselspiel, das nie abgeschlossen werden kann.
Aufgrund der faktischen Vorrangstellung der Hypothesen werden Theorien als auch als hypothetico-deduktive Systeme bezeichnet. Das heißt: Von einzelnen Hypothesen werden Schlussfolgerungen abgeleitet (=Deduktion), die empirisch geprüft werden können.
Naturalismus als Methode
Im Bereich der experimentellen Wissenschaften wird auf der Basis des „Naturalismus" (oft auch als „metho-
discher Atheismus" bezeichnet) gearbeitet: Experimente oder Studien im Freiland werden unter der Annah-
me durchgeführt, dass empirisch fassbare Vorgänge nicht von transzendenten Ursachen beeinflusst werden. Dem zugrunde liegt die Vorstellung einer Regelhaftigkeit von Naturvorgängen. Der Anwendungsbereich des Naturalismus ist der empirisch (experimentell) zugängliche Bereich der Wirklichkeit. Beispielsweise kann experimentell geprüft werden, ob zur Photosynthese Kohlendioxid erforderlich ist. Naturalismus heißt in diesem konkreten Fall, dass ein Faktor (hier: Anwesenheit bzw. Menge von Kohlendioxid) variiert wird und die nachfolgenden Reaktionen registriert werden (Faktorenanalyse). Zur Klärung der Frage werden also keine zusätzlichen Faktoren benötigt. Damit bezieht sich der Naturalismus in den Naturwissenschaften in erster Linie auf gegenwärtig ablaufende Vorgänge, die eine Faktorenanalyse ermöglichen. Seine Anwendung auf historische Fragestellungen wird im Artikel Methodik der historischen Forschung im Unterpunkt „Die Evolutionslehre als historische Wissenschaft“ behandelt.
Der methodische Naturalismus war und ist insofern erfolgreich, als er eine Fülle von Erkenntnissen ermög-
lichte. Wegen seiner methodischen Beschränkung wird allerdings nur die regelhafte und empirisch zugäng-
liche Seite von Phänomenen erfasst.
Wann ist eine Theorie wissenschaftlich?
Welche Kriterien muss eine Theorie erfüllen, um als „wissenschaftlich" gelten zu können? Auf diese Frage gibt es in der Wissenschaftstheorie keine einheitliche Antwort. Die im folgenden genannten Kriterien verstehen sich daher als pragmatische Gesichtspunkte, die weitgehende Akzeptanz finden, ohne jedoch einen Absolutheitsanspruch für „Wissenschaftlichkeit" aufstellen zu können.
- Eine erste Forderung, die an eine wissenschaftliche Theorie gestellt werden muss, ist die Widerspruchsfreiheit mit den bekannten Daten.
Zur Illustration soll noch einmal das Beispiel der „Hypothese von der Universalität des genetischen Codes" dienen. Wie erwähnt musste diese Hypothese inzwischen in ihrer umfassenden Form aufgegeben werden, nachdem neuere Befunde Ausnahmen vom bisher ermittelten Code erbracht hatten. Beispielsweise unter-
scheidet sich der Code der DNS von Mitochondrien des Menschen in vier Codons vom sogenannten univer-
salen Code. Damit steht die Hypothese von der Universalität des genetischen Codes im Widerspruch zu den Daten und kann in dieser allgemeinen Form nicht beibehalten werden.
- Zweitens ist die Erklärungskraft einer Theorie von wesentlicher Bedeutung. Dieses Kriterium ist freilich recht subjektiv, da man verschiedener Meinung sein kann, wie gut eine Theorie einen bestimmten Sachverhalt erklärt. Dieses Kriterium zielt - allgemein formuliert - darauf ab, dass ein Bezug zwischen Daten und Theorien hergestellt wird: Eine gute Theorie sollte viele Daten in einen kausalen Zusammenhang bringen oder statistisch gesetzmäßig erfassen können.
- Drittens muss eine brauchbare Theorie Schlussfolgerungen gestatten, die durch weitere Daten überprüf-
bar sind. Kann eine Theorie diese Forderung nicht erfüllen, so ist sie vom wissenschaftlichen Standpunkt aus belanglos. Man sagt auch, dass eine wissenschaftliche Hypothese oder Theorie falsifizierbar (widerlegbar) sein müsse. Damit ist gemeint, dass empirisch prüfbare Aussagen aus der Theorie ableitbar sein müssen, die sich als falsch erweisen könnten.
Die Bildung solcher Schlussfolgerungen nennt man Deduktion (Ableitung). Deduzieren geschieht durch lo-
gisches Schließen. Man kann daher auch sagen, dass eine Theorie Vorher-sagen ermöglichen muss, die eintreffen müssen, wenn die Theorie richtig ist, d.h. wenn sie der Wirklichkeit entspricht (vgl. das o. g. Stichwort „hypothetico-deduktives System").
Ergibt nun die Überprüfung der abgeleiteten Aussagen (bzw. der Vorhersagen) anhand neu gewonnener Daten ein positives Ergebnis, so hat sich die Theorie in diesem Fall bewährt, andernfalls muss sie abgeän-
dert oder ganz verworfen werden. So wurden MENDELs Erbgesetze bei vielen Organismen geprüft und mussten inzwischen teilweise eingeschränkt werden. Weitere empirische Daten entscheiden also, wie gut eine Theorie ist (s. u.).
Auf dem Weg zu sicherem Wissen?
Auf diesem Wege ist nun aber kein sicheres Wissen zu finden. Bestenfalls kann man von einer Theorie sagen, dass sie nicht im Widerspruch zu den Daten steht, niemals aber, dass sie als unwiderruflich wahr erwiesen werden kann. Denn ein einziger empirischer Befund, welcher einer Theorie widerspricht, kann eine Änderung der Theorie erfordern. Es ist sogar möglich, dass eine Theorie, die sich schon lange und oftmals bewährt hat, aufgrund weiterer Befunde aufgegeben werden muss. Beispiele dafür wurden bereits weiter oben genannt.
Ohne Theorien keine Wissenschaft
Hypothesen und Theorien haben also nicht nur die Funktion, Daten in einen erklärenden Zusammenhang zu bringen, sondern sie sollen auch Ideen dafür liefern, welche Fragestellungen sinnvoll sind, wo nach Daten gesucht werden sollte und welche Experimente überhaupt durchgeführt werden sollten. Sie sollen wissen-
schaftliches Arbeiten anregen und das Gewinnen neuer Erkenntnisse fördern. Ohne Hypothesenbildung wäre nur ein im Grunde zusammenhangloses Ansammeln von wissenschaftlichen Daten möglich, die beziehungslos nebeneinander stehen. Von EINSTEIN stammt das Zitat: „Nur eine Theorie kann uns sagen, welche Experimente interessant sind."
Bestätigung und Widerlegung von Theorien
Theorien werden bestätigt, wenn die aus ihnen abgeleiteten Aussagen sich empirisch bewähren. Von einem Beweis kann man dann jedoch nicht sprechen, da neue Befunde die Lage verändern können. Eine Theorie kann sich allerdings dadurch bewähren, dass sie möglichst viele Daten erklären kann und mit möglichst wenigen Anomalien (unpassenden Daten) zu kämpfen hat.
Wann muss eine Theorie aufgegeben und ersetzt werden? Auf diese Frage gibt es keine generell gültige Antwort. Einfache Hypothesen können durch neue widersprechende Daten widerlegt werden. Theorien sind aber ganze Systeme einzelner Hypothesen, und widersprechende Daten werden ebenfalls im Rahmen von Theorien gewonnen. Woran liegt es also, wenn neue Daten zu einer bisher bewährten Theorie nicht passen? Das Problem ist: Der Fehler kann überall liegen: Bei der Erfassung von Daten ebenso wie bei der Formulierung einer Hypothese oder bei Randbedingungen (z. B. bei den Messgeräten).
In der Praxis des wissenschaftlichen Arbeitens führen falsifizierende Daten meist nicht zur Verwerfung der Theorie; vielmehr werden falsifizierende Daten durch Einführung von Hilfshypothesen „aufgefangen". Der Wissenschaftstheoretiker LAKATOS unterscheidet in diesem Zusammenhang den harten Kern von Theorien vom Mantel der Hilfshypothesen.
Die Ersetzung einer Theorie ist auch dann naheliegend, wenn eine alternative Theorie entweder mehr erklären kann mit weniger Zusatzannahmen auskommt (also einfacher erklären kann). Doch auch hierbei handelt es sich nicht um ein zwingendes Vorgehen. Denn eine weniger leistungsfähige Theorie muss deswegen nicht falsch sein. Das gilt besonders für neue Theorien. Vor allem aber sorgen bleibende Theorie-Alternativen für eine Theorienkonkurrenz, die weitaus erkenntnisfördernder ist als ein Theorienmono-
polismus. Schließlich zeigt die Praxis naturwissenschaftlicher Forschung oft genug, dass vorliegende Daten zugleich unterschiedlich - u. U. sogar gegensätzlich - gedeutet werden können. Theorien können, was die Erklärung eines Phänomens anbetrifft, empirisch äquivalent, aber logisch inkommensurabel sein. D. h. sie erklären beide ein Phänomen und widersprechen sich trotzdem und sind nicht ineinander übersetzbar. Die Daten erlauben oft keine definitive Entscheidung über Theorie-Alternativen.
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Autor: Reinhard Junker, 10.01.2004
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© 2004, https://www.genesisnet.info/schoepfung_evolution/e40461.php