Evolution: Paläontologie |
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Experten: Entstehung der Fledermäuse |
In diesem Artikel werden die besonderen Fähigkeiten der Fledermäuse, der Flug und das Echo-Bildsehen, erläutert und evolutionäre Hypothesen zu ihrer Entstehung vorgestellt und diskutiert. Außerdem wird ein Überblick über fossile Fledermäuse sowie über vergleichende molekulare Untersuchungen zur Ermittlung von Verwandtschaftsverhältnissen gegeben.
Konvergenzen und Selektionsdrücke
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Fledermäuse faszinieren durch ihr ausgefeiltes Flugvermögen und den Einsatz der Echoortung. Auch die teils grotesk wirkenden Gesichtsformen sind beeindruckend (Abb. 371). Mit etwa 1100 Arten in ca. 200 Gattungen und 18 Familien bilden die Fledermäuse nach den Nagetieren die zweitgrößte Säugetierordnung; etwa 20 % aller Säugerarten sind Fledermäuse. Fledermäuse sind weltweit verbreitet, am häufigsten sind sie in den Tropen und Subtropen anzutreffen; einige Arten dringen aber auch bis in die arktische Zone vor. Sie gehören zu den ökologisch und morphologisch vielseitigsten Säugetiergruppen, sind an verschiedenste Lebensräume angepasst und spielen eine wichtige Rolle in den Ökosystemen (Jones et al. 2005, 2243).
Die Fledermäuse werden traditionell in Kleinfledermäuse (Mikrochiroptera, mit 17 heute lebenden Familien) und Flughunde (Megachiroptera, 1 Familie) unterteilt (Abb. 380). Die meisten Arten der Flughunde sind größer als die Kleinfledermäuse; die Flughunde können bis zu 1,5 kg schwer werden und bis zu 1,70 m Flügelspannweite besitzen (Gattung Pteropus). Dagegen wiegt die kleinste Kleinfledermaus, die Hummelfledermaus (Craseonycteris thonglongyai), kaum 3 Gramm.
Echo-Bildsehen. Den Ultraschall, dessen Echo die Fledermäuse zur Orientierung nutzen, erzeugen sie mit verschiedenen Mechanismen. Die Kleinfledermäuse (Microchiroptera), zu denen die meisten Fledermäuse gehören, produzieren die Signale im Kehlkopf. Die Flughunde (Megachiroptera) besitzen kein Echoortungssystem mit Ausnahme der Gattung Rousettus, die ihre Laute mit Zungenschnalzern produziert. Eine Art nutzt möglicherweise Flügelschläge zur Erzeugung von Lauten (Veselka et al. 2010, 939).
Die erzeugten Laute sind sehr unterschiedlich in der Ausprägung, Bandweite, Dauer, Pulsintervallen und Amplituden und stehen im Zusammenhang mit der Lebensumwelt der betreffenden Arten. Einige Fledermäuse (Hufeisennasen, Blattnasen und Kinnblattfledermäuse) stoßen lange Laute mit konstanter Frequenz aus und können den Doppler-Effekt auswerten, also die Veränderung der Frequenz („Tonhöhe“) der Laute infolge der Bewegung, und auf diese Weise Bewegungen ermitteln. Dies gelingt dadurch, dass sie die Geschwindigkeit ihres Flugs berücksichtigen und die Frequenz ihrer Laute anpassen, so dass die eingehenden Laute mit einer bestimmten Frequenz ankommen. Manche Arten modulieren die Frequenz ihrer Laute so, dass das Echo trotz Doppler-Effekt konstant bleibt (Schuller & Moss 2004, 3; vgl. Abb. 373). Damit das Echo laut genug ist, müssen die Laute in großer Stärke ausgestoßen werden, es werden über 130 dB erreicht, was für den Menschen bereits die Schmerzgrenze darstellt (Dietz et al. 2007, 35).
Der Begriff „Echoortung“ bringt die Fähigkeiten der Fledermäuse nur unzureichend zum Ausdruck. Denn Fledermäuse orten nicht nur Gegenstände, sondern „ihre gesamte Orientierung in der Welt, nicht nur bei der Beutejagd, beruht auf ihrer Fähigkeit, die von ihren Rufen zurückkehrenden Echos zentralnervös zu verarbeiten und auszuwerten“ (Dietz et al. 2007, 34). „Echo-Bildhören“ oder „Echoabbildung“ wären adäquate Begriffe für ihre Fähigkeit. „Denn Fledermäuse unterscheiden auch Formen und Oberflächenstrukturen und ‘erkennen’ damit die sie interessierenden Objekte ihrer Umwelt – wie z. B. Fruchtfresser die Bäume und die Früchte, von denen sie leben, oder tropische Blumenfledermäuse die verschiedenen, von ihnen ausgebeuteten, an den Besuch und die Bestäubung durch Fledermäuse angepassten Blumen“ (Dietz et al. 2007, 34). „Offensichtlich ist das Gehirn der Fledermäuse imstande, aus den mithilfe der Echoortung erlangten Daten ein ebenso vollständiges und präzises Bild der raumzeitlichen Struktur der Umwelt aufzubauen, wie wir Menschen und viele anderen Wirbeltiere es mit Hilfe der Augen können“ (Dietz et al. 2007, 35).
Welche Anforderung an das Echo-Bildsehen gestellt wird, sei beispielhaft am Problem der Überlappung von Ruf und Echo kurz angesprochen. Die Rufe müssen mit großer Lautstärke ausgestoßen werden, damit überhaupt ein ausreichendes Echo über eine größere Entfernung zurückkommt. Das Echo darf aber nicht im „Lärm“ des Rufes untergehen. Dem begegnen einige Fledermäuse dadurch, dass die Rufe beim Annähern an die Beute sukzessive kürzer und leiser werden, so dass Echo noch wahrnehmbar ist und nicht im Ruf untergeht. Eine ganz phantastische Lösung dieses Problems wurde bei den Hufeisennasen entdeckt: Sie sind für die Frequenz des Rufes schwerhörig, das Echo hat aber wegen des Doppler-Effekts eine andere Frequenz, die die Fledermäuse gut hören (Dietz et al. 2007, 39).
Die Fledermäuse bilden die einzige Gruppe unter den Säugetieren, die aktiv fliegen kann. Die Mittelhand- und die Fingerknochen außer dem Daumen sind verlängert und dienen als Gerüst für die weitgehend oder völlig unbehaarte Flughaut. Die Flughaut erstreckt sich fast den ganzen Körper entlang (Abb. 374). Zum Stützen und Spannen der Schwanzflughaut besitzen viele Arten eine besondere Knochenspange, den Sporn (Calcar) an der Ferse.
Die Flughaut ist dünn, sehr elastisch, dennoch reißfest und von feinen Muskelfasern, elastischen Bändern, Nerven und Blutgefäßen durchzogen (Abb. 375). Die gute Blutversorgung ermöglicht eine schnelle Wundheilung der empfindlichen, verletzlichen Flughaut. Die Flughaut darf nicht austrocknen und muss geschmeidig gehalten werden; daher bedarf sie ständiger Pflege mit einem Drüsensekret aus der Mundfalte.
Ihre weichen und durch viele Muskeln justierbaren Flügel erlauben den Fledermäusen ein hervorragende Manövrierbarkeit und Wendigkeit (Neuweiler 1993, 27). Die Flügeloberfläche ist mit tastempfindlichen Rezeptoren ausgestattet, sogenannten Merkel-Zellen, die es zwar auch bei anderen Säugetieren gibt, bei den Fledermäusen aber noch ein feines Härchen im Zentrum besitzen, wodurch sie noch empfindlicher sind und Informationen über Luftbewegungen im Flügelbereich sammeln können, um den Flug entsprechend anpassen zu können. Weitere Rezeptoren bei Arten, die mit den Flügeln Insekten fangen, können die Dehnung der Flugmembran ermitteln und dadurch Informationen über den Beuteerwerb gewinnen.
Die Fingerknochen sind biegsam und sehr viel flexibler als bei anderen Säugetieren und im Querschnitt abgeflacht. Die Fledermäuse können die Wölbung ihrer Flügel verändern und auf diese Weise den Flugbewegungen anpassen (Neuweiler 1993, 8).
Mit der Flugfähigkeit sind zahlreiche Besonderheiten des Bauplans gekoppelt, die das Achsenskelett, den Schultergürtel, die seitliche Orientierung der Hinterbeine und die kopfstehende, hängende Ruhestellung betreffen (Gunnell & Simmons 2005, 210). „Der besonderen Beanspruchung der Vordergliedmaßen beim Fliegen entspricht die kräftig entwickelte Flugmuskulatur und ein sehr fester Schultergürtel. Der große Brustmuskel sitzt am verknöcherten Brustbein an, das in der Mittellinie ähnlich wie bei den Vögeln einen flachen Kamm hat. Das Schultergelenk ist ein kompliziert gebautes Kugelgelenk, das die rudernden Bewegungen des Flügels gestattet. Ellenbogen, Hand- und Fingergelenke sind Scharniergelenke, die zusammen mit der entsprechenden Muskulatur der ausgespannten Flügelfläche festen Halt geben“ (Eisentraut 1968, 89). „Fast alle Besonderheiten der Fledermäuse hängen in irgendeiner Weise mit ihrer Fähigkeit zu fliegen zusammen“ (Dietz et al. 2007, 28).
Fossilien. Über die Entstehung des Flugapparats geben Fossilien nahezu keine Auskunft. Die ältesten fossil überlieferten Fledermäuse erscheinen plötzlich und vielfältig im unteren Eozän (vor ca. 52 Millionen Jahren nach radiometrischen Datierungen), so zum Beispiel Icaronycteris index aus der Green-River-Formation in Wyoming (Abb. 376). Bei dieser Gattung wird lediglich eine kleine Klaue auf dem Zeigefinger als Rest von bodenlebenden Vorfahren interpretiert (Simmons 2008, 99), die Beinproportionen werden als etwas primitiver eingestuft als bei anderen Fledermäusen, die Finger besitzen rudimentäre Endphalangen und es fehlt ein Calcar (Gunnell & Simmons 2005, 214). Simmons (2008, 99) stellt dennoch fest: „Ironically, however, perhaps the most remarkable thing about Icaronycteris is just how much this ancient beast resembles extant bats.“ Auch alle anderen untereozänen Formen wie Archaeonycteris (Abb. 377) oder Palaeochiropteryx aus Europa besitzen bereits alle Kennzeichen des aktiven Flugs (Sears et al. 2006, 6581; Gunnell & Simmons 2005, 209) und der Fledermaus-Bauplan ist seit seinem fossilen Erscheinen weitgehend konstant geblieben (Neuweiler 2003, 249).
Die aus der weltberühmten mitteleozänen Grube Messel bei Darmstadt bekannten sieben Fledermausarten besaßen so unterschiedliche Flügelformen, „dass man sie den Flug- und Jagdbiotopen heutiger Fledermausgesellschaften zuordnen kann. Auch die Variationsbreite von verschiedenen aerodynamisch wichtigen Parametern wie Flügelform und Flächenbelastung deckte bereits quantitativ die Variationsbreite heutiger Fledermäuse ab“ (Habersetzer et al. 2008, 246).
Die Fledermäuse waren im Eozän auch geographisch weit verbreitet, es sind Funde aus Europa, Nordamerika, Nordafrika, Indien und Australien bekannt, die überall plötzlich auftauchen (Gunnell & Simmons 2005, 216; Smith et al. 2007, 1003; Teeling et al. 2005, 582). Bis 1998 waren 24 Gattungen aus dem Eozän bekannt (Simmons & Geisler 1998, 5), davon acht aus dem Untereozän; viele heutige Mikrochiropterenlinien können bis zum Mittel- und Obereozän verfolgt werden (Denzinger et al. 2004, 311). Der geographische Ursprung der Fledermäuse ist unbekannt (Smith et al. 2007, 1003), ebenso besteht Unklarheit über die nächsten Verwandten der Fledermäuse (Simmons 2008, 103). Simmons (2005; 2008, 101) spricht daher von einer „Big-bang-Evolution“, die auch durch Daten über DNA-Sequenzen gefordert werde. Dieses Phänomen tritt auch bei anderen Säugetiergruppen auf.
Lediglich die erst vor wenigen Jahren entdeckte fossile Gattung Onychonycteris („Krallen-Fledermaus“, Abb. 378) besaß Merkmale, die auf mögliche evolutive Vorfahren hinweisen könnten, nämlich Klauen an allen fünf Fingern sowie relativ kurze Vorderarme und relativ lange Hinterfüße im Vergleich zu anderen Fledermäusen (Simmons et al. 2008). Dennoch besteht kein Zweifel, dass auch Onychonycteris aktiv über lange Strecken fliegen konnte, wie der robuste Knochen- und Gelenkaufbau des Flügelskeletts, der versteifte Brustkorb und ein breiter Brustbeinkiel (Ansatz für die kräftige Brustmuskulatur) zeigen. Eine zusätzliche Flughaut zwischen Hinterbeinen und Schwanzwirbelsäule hat vielleicht den möglichen Nachteil kleiner Flügel ausgeglichen. Dazu half ein langer Calcar, der oben erwähnte Knochensporn, der die Hautmembran der Schwanzflughaut aufspannte. Ein solcher fehlt bei den phylogenetisch nahe stehenden Gattung Icaronycteris und der Messeler Gattung Archaeonycteris (Habersetzer et al. 2008, 250; Simmons 2008, 100); in dieser Hinsicht ist Onychonycteris also eher „modern“. Unter den heute lebenden Fledermäusen besitzen die Mausschwanz-Fledermäuse (Rhinopomatidae) ähnlich kurze und breite Flügel wie Onychonycteris. Sie haben einen ungewöhnlichen Gleit-Flatter-Flug, indem sie den Schlagflug durch kurze Gleitphasen unterbrechen (Simmons 2008, 100).
Onychonycteris ist denselben Schichten gefunden worden wie Icaronycteris (Simmons 2008, 100).
Entwicklungsgenetik. Fossilfunde geben also keine nennenswerte Auskunft über die Entstehung der Fledermausflügel. Im Zeitalter der Genomforschung und der Entwicklungsbiologie stehen aber weitere Erkenntnisquellen zur Verfügung, aus denen man Hinweise auf den Ursprung von Organen zu entnehmen versucht. Die Biologen suchen nach Genen, die für die Ausbildung der betreffenden Organe benötigt werden. Dazu dienen Vergleiche entwicklungsgenetisch bedeutsamer Gene von Fledermäusen mit flügellosen Säugetieren und deren Manipulation durch Veränderungen ihrer Einflussnahme auf die Entwicklungssteuerung. Aus diesem Wissen werden dann theoretische Szenarien einer evolutiven Entstehung abgeleitet bzw. spekulativ entworfen.
Im Falle des Fledermausflügels sind die Genetiker fündig geworden. Es wurden Gene identifiziert, die bei der Verlängerung der Fingerknochen und bei der Ausbildung der Flughaut eine Rolle spielen. Die Ergebnisse werden nachfolgend skizziert.
Sears et al. (2006), Weatherbee et al. (2006) und Sears (2008) berichten über die Identifizierung von Genen, die bei der Bildung der Flughaut und der Flügelknochen beteiligt sind und schließen aus ihren Befunden, dass geringe Änderungen in der Expression von Genen (also der Nutzung ihrer Information) große Änderungen im Bau der Flügel verursacht haben könnten. Säugetiere, die im Erwachsenenzustand keine Haut zwischen den Fingern ausbilden, besitzen solche Häute im embryonalen Stadium, bevor durch programmierten Zelltod das Gewebe zwischen den Fingern zurückgebildet wird. Dabei spielt der BMP-Signalweg eine wichtige Rolle als Regulator. BMP-Gene sind in den Regionen zwischen den Fingern aktiv und verursachen den Zelltod. Bei den Fledermäusen wird jedoch im Gewebe zwischen den Fingern eine große Menge des Gens Gremlin exprimiert, ähnlich wie in den Füßen von Enten, was die Aktivität von BMP unterdrückt. Das alleine genügt jedoch nicht, um das Gewebe zwischen den Fingern zu erhalten; es muss als zweiter Inhibitor der Fibroblast-Wachstumsfaktor fgf8 („fibroblast growth factor“) dazukommen, damit das Flughautgewebe ausgebildet wird (Sears 2008, 7; Weatherbee et al. 2006; vgl. Abb. 381).
Es wurden außerdem Gene identifiziert, die einen Einfluss auf die Länge der Armknochen und der Finger haben. In der Embryonalentwicklung bilden sich die Finger bei Fledermäusen und Mäusen zunächst in gleicher Größe und werden bei den Fledermäusen dann im Laufe der Ontogenese (Individualentwicklung) verlängert. Bei den Fledermäusen erfolgt die Bildung der Knorpelzellen in den Extremitätenanlagen gegenüber den Verhältnissen bei Mäusen beschleunigt, so dass mehr Knorpelzellen pro Zeiteinheit gebildet werden (Sears et al. 2006, 6585). Dabei sind viele molekulare Signalwege beteiligt (Sears 2008, 9); es wurden mehrere Gene identifiziert, die bei der Reifung der Knorpelzellen eine Rolle spielen (Sears et al. 2006, 6581). Dem BMP-Signalweg kommt auch hier eine tragende Bedeutung zu, er erscheint im Vergleich zu anderen Organismen hier deutlich ausgeprägter, d. h. BMP wird vermehrt exprimiert. Auch das Wirkungsareal von FGF8 in der Randleiste an der Spitze der Extremitätenknospe (AER) ist im Vergleich dreifach vergrößert, ein Phänomen, dessen Ursache vermutlich von anderen vorgeschalteten Genen erst ermöglicht wird. Der Zusammenhang mit der Verlängerung der Knochen ist hier aber noch nicht gesichert und erfordert weitere Untersuchungen (Sears 2008, 9).
Kritische Anmerkungen. Die Änderungen des BMP-Signalwegs scheinen also eine wichtige Voraussetzung für die größere Länge der Finger und die Ausbildung der Flughäute der Fledermäuse zu sein. Allerdings ist die Länge der Finger nur ein Parameter, der für die Flugtauglichkeit der Flügel angepasst werden muss. Auch die Form und die unterschiedliche Länge der einzelnen Finger müssen passend ausgebildet und die Finger müssen flexibel sein (s. o.). Außerdem können die Flughäute an den anderen Körperteilen (vgl. Abb. 374) und ihre speziellen Eigenschaften damit nicht erklärt werden. Kleine Änderungen in der Expression (=Ablesen; Nutzung) von Schlüsselgenen können zwar zu großen Änderungen im Bau führen, doch werden damit nicht die zahlreichen besonderen konstruktiven Details der Flügel erklärt (vgl. die nachfolgende Tabelle). Bisher wurden in Wirklichkeit nur sehr wenige Voraussetzungen der ontogenetischen Ausbildung des Flügels geklärt. Über phylogenetische Mechanismen ist damit noch nichts gesagt.
Einige notwendige Voraussetzungen des Fledermausflugs
Zwischenfazit. 1. Es ist nur ein sehr kleiner Teil der genetischen Grundlagen der Ontogenese (=individuelle Entwicklung von der befruchteten Eizelle an) der Flügel bekannt. Mit der Identifizierung von Genen, die für die Ausprägung eines Organs notwendig sind, liegen Befunde zum Verständnis der ontogenetischen Entwicklung vor, die bei evolutionären Betrachtungen berücksichtigt werden müssen.
2. Selbst wenn diese Grundlagen sehr viel weiter aufgeklärt wären, könnte man daraus nichts Sicheres über den Modus und die Mechanismen einer hypothetischen evolutiven Entstehung im Verlauf der hypothetischen Stammesgeschichte ableiten, da man aus Mechanismen der Ontogenese nicht auf Abläufe während der hypothetischen Phylogenese schließen kann.
3. Ebenso ungeklärt bleiben bei den diskutierten spekulativen Erklärungsansätzen die Wechselbeziehungen zwischen den postulierten ontogenetischen Veränderungen im Verlauf der Fledermausevolution und der sie bedingenden bzw. kanalisierenden Selektionsdrücke.
Über die Entstehung der Echoortung bzw. des Echo-Bildsehens kann noch weniger gesagt werden als über die Entstehung der Flügel. Fossilfunde können insofern indirekte Hinweise geben, als anhand bestimmter morphologischer Merkmale auf die Fähigkeit der Echoortung geschlossen werden kann. Und auch im Falle des Echoortungssystems gibt es Versuche, aufgrund genetischer Befunde auf die Entstehungsweise zu schließen.
Morphologie und Fossilien. Drei Knochen im Schädelbereich echoortender Fledermäuse weisen charakteristische Unterschiede gegenüber Säugetieren ohne Echoortungssystem auf. Zum einen ist bei ihnen das Stylohyale als langer, schlanker Knochen ausgebildet, der die Schädelbasis mit einigen kleinen Knochen verbindet, die zusammen den Hyoid-Apparat bilden und die Halsmuskeln und den Kehlkopf unterstützen (Abb. 379). Bei den meisten Fledermäusen ist das obere Ende des Stylohyale verbreitert, was zur besseren Verankerung des Hyoid-Apparats im Schädel hilft (Simmons 2008, 98). Das Stylohyale verbindet somit den Kehlkopf mit dem Ohr. Vermutlich hilft es beim Vergleich ausgehender und eingehender Signale bei der Echoortung (Veselka et al. 2010, 939).
Der zweite veränderte Knochen ist der Hammer (Malleus), das erste Element der drei Mittelohrknöchelchen. Bei den Fledermäusen hat er einen großen knolligen Fortsatz (= Orbicularfortsatz), der zur Kontrolle der Vibration beiträgt und eine große Fläche für den Muskelansatz bietet (Simmons 2008, 98; Habersetzer et al. 2008, 249). Und schließlich ist die Schnecke (Cochlea) im Innenohr relativ zu den anderen Schädelstrukturen vergrößert, was eine Verbesserung der Wahrnehmung und Unterscheidung hochfrequenter Laute ermöglicht.
Bei den im Eozän fossil erhaltenen Fledermäusen konnten die entsprechenden Strukturen nachgewiesen werden (Veselka et al. 2010, 940). Nur die bereits erwähnte Gattung Onychonycteris (Abb. 378) scheint nach derzeitigem Kenntnisstand eine Ausnahme zu machen. Eine Knochenspange, die den Kehlkopf an der Schädelunterseite fixiert, ist nicht so stark entwickelt wie bei echoortenden Fledermäusen. Außerdem scheint der Orbicularfortsatz des Hammers nur schwach ausgebildet zu sein, was ebenfalls gegen eine Echoortung mit Ultraschalllauten spricht. Und in der Cochleagröße zeigt Onychonycteris viel mehr Ähnlichkeit mit den nicht echoortenden Flughunden und diese Gattung hat ein sehr kleines Innenohr (Habersetzer et al. 2008, 248f.). Allerdings zeigen einige computertomographische 3D-Scans nach Auffassung von Veselka et al. (2010) Hinweise darauf, dass Onychonycteris über die Verbindung zwischen Kehlkopf und den Knochen am Trommelfell verfügte. Die Forscher schließen daraus, dass Onychonycteris sich doch mit Echosignalen im Raum bewegt hat. Die Deutung der Befunde ist aber umstritten und es scheint derzeit mehr dagegen als dafür zu sprechen, dass Onychonycteris die Fähigkeit zur Echoortung hatte.
Entwicklungsgenetik. Zwei Gene, die beim Echoortungssystem eine Rolle spielen, sind bislang ermittelt worden: FoxP2 und Prestin. FoxP2 codiert einen Transkriptionsfaktor, der eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der Strukturen für Lauterzeugung spielt (sogenanntes „Sprachgen“) und der daher auch für die Echoortung eine Rolle spielen könnte (Teeling 2009, Li et al. 2007). Prestin wird beim Hörvorgang benötigt und codiert für ein Transmembran-Motorprotein, welches das elektrisch vermittelte Bewegungsvermögen der äußeren Haarzellen in der Schnecke steuert und damit für die Sensitivität der Schnecke im Säugerohr verantwortlich ist. Es scheint von besonderer Bedeutung für die Wahrnehmung höherer Frequenzen und für selektives Hören zu sein; beides ist für die Echoortung wichtig (Teeling 2009, 353; Li et al. 2008, 13959).
Die Entdeckung einzelner für eine Fähigkeit oder deren Entwicklung relevanter Gene an sich sagt freilich noch nichts über ihre Evolution aus. Teeling (2009, 351) schreibt, dass es schwierig sei, „Echoortungs-Gene“ überhaupt zu finden. Dies liege vielleicht daran, dass Echoortung ein komplexes Merkmal sei, das nicht auf einem einzigen Entwicklungsweg oder einem einzelnen physiologischen System beruhe. Um mit dem Kehlkopf Echoortung betreiben zu können, müsse ein Organismus drei Fähigkeiten besitzen: 1. Erzeugung und Regelung eines hochfrequenten Rufs, 2. Hören des hochfrequenten Echos und 3. Interpretation der eingehenden Signale. Li et al. (2008, 13962) rechnen damit, dass beim Echoortungssystem viele hundert Gene beteiligt sind, weshalb man mit phylogenetischen Schlussfolgerungen vorsichtig sein müsse.
Über mehr als ein Jahrhundert waren die Monophylie (=Abstammung von einem gemeinsamen Vorfahren) der Fledermäuse und ihre Unterteilung in Kleinfledermäuse (Microchiroptera) und Flughunde (Megachiroptera) unstrittig.
Die Flughunde entsprechen im Körperbau in vielerlei Hinsicht den Kleinfledermäusen, sie sind aber meist größer und erreichen eine Flügelspannweite von bis zu 170 Zentimetern und eine Kopfrumpflänge von bis zu 40 Zentimetern. Die meisten Flughunde haben keinen oder nur einen sehr kurzen Schwanz; die Schwanzflughaut ist entsprechend nur als schmaler Streifen entlang der Hinterbeine ausgebildet. Außerdem haben die meisten Arten eine Kralle am zweiten Finger, die bei den Fledermäusen sonst fehlt. Die Gesichter der Flughunde sind einfach gebaut, ohne Nasenblätter und mit relativ kleinen Ohren. Die Schnauzen sind oft verlängert, was zu dem hundeartige Aussehen und ihrem deutschen Namen geführt hat (Abb. 372). Die Flughunde besitzen bis auf wenige Ausnahmen kein Echoortungssystem. Sie ernähren sich von Früchten, Nektar oder Pollen, während die meisten anderen Fledermäuse Insekten fressen. Sie können sehr gut sehen, während die Kleinfledermäuse sich besonders mit dem Echoortungssystem orientieren.
Ein Großteil der molekularen Analysen führte aber zu einer überraschenden Wendung: Die Kleinfledermäuse erwiesen sich als paraphyletisch, d. h. sie können nicht auf einen gemeinsamen Vorläufer zurückgeführt werden. Stattdessen gruppieren einige Kleinfledermausfamilien mit den Flughunden. Für diesen Zweig wurde das Taxon Yinpterochiroptera eingeführt. Die verbleibenden Kleinfledermäuse werden als Yangochiroptera klassifiziert (vgl. Abb. 380; vgl. Teeling et al. 2000; Teeling et al. 2005; Springer et al. 2001). Hutcheon & Kirsch (2006) schlugen eine weitere Änderung des Systems der Fledermäuse vor: Sie unterteilen die Fledermäuse in die Unterordnungen Vespertilioniformes (Emballonuridae, Nycteridae, Yangochiroptera) und Pteropodiformes (Craseonycteridae, Hipposideridae, Megadermatidae, Rhinolophidae, Rhinopomatidae und Pteropodidae).
Die neuen Klassifikationen haben zur Folge, dass entweder eine zweimalige unabhängige Entstehung des Echoortungssystems angenommen werden muss oder dass die Flughunde die Fähigkeit zur Echoortung verloren haben (Springer et al. 2001; Eick et al. 2005; Jones & Holderied 2007; Simmons 2005; Teeling et al. 2000; Teeling et al. 2005; Teeling 2009). Beide Möglichkeiten sind mit großen evolutionstheoretischen Problemen verbunden: Beim Echoortungssystem handelt es sich um ein ungewöhnlich komplexes Merkmal, dessen mehrmalige evolutive Entstehung mit vielfach ähnlichen Details noch schwerer verstehbar wäre als es eine einmalige Entstehung ohnehin schon ist. Aber auch ein sekundärer Verlust ist problematisch. Es ist nicht nachvollziehbar, dass eine derartig nützliche Fähigkeit verloren gehen sollte (Rayner 1991, 184). Dazu kommt, dass wie bereits erwähnt die Megachiropteren-Gattung Rousettus zur Echoortung mit Hilfe von Zungenschnalzen befähigt ist. Wäre die laryngeale (=den Kehlkopf betreffend) Echoortung also verloren gegangen, müsste man annehmen, dass die Echoortung danach mit anderer Technik erneut erworben wurde. Als Rückbildungsstadium kommt das Echoortungssystem von Rousettus kaum in Frage, da diese Gattung unter den Megachiropteren zu den abgeleiteten Formen gehört (Springer et al. 2001, 6246; Jones & Teeling 2006). Es gibt keinen Konsens darüber, welches der beiden Szenarien aus evolutionstheoretischer Sicht das wahrscheinlichere ist (Li et al. 2008, 13959).
Die neuen Erkenntnisse aus den molekularen Analysen haben weitere evolutionstheoretisch eher problematische Konsequenzen. Die früher angenommene enge phylogenetische Verbindung der Fledermäuse mit den Dermoptera (Flattermakis, Riesengleiter), also gleitenden Säugetieren (als Volitantia zusammengefasst) kann nicht mehr aufrechterhalten werden. Während nach morphologischen Merkmalen die Fledermäuse bis gegen Ende des 20. Jahrhunderts zusammen mit den Dermoptera, Primaten und den Scandentia (Spitzhörnchen) sowie ausgestorbenen Gruppen zu den Archonta gestellt wurden, passen sie nach molekularen Daten zu den Laurasiatheria, zu denen Carnivoren, Schuppentiere, Cetartiodactyla (Paarhufer und Wale), Insektenfresser und Paarhufer gehören (Springer et al. 2001, 6421). Das wiederum hat zur Folge, dass zahlreiche Merkmale, die früher als homolog eingestuft wurden und entsprechende Verwandtschaftsbeziehungen zu den Archonta begründeten, nun als konvergent betrachtet werden müssen. Einmal mehr zeigt sich:
1. Morphologische und molekulare Daten können weit auseinandergehende Verwandtschaftsverhältnisse nahelegen und passen nicht ohne Weiteres zusammen. So stellen Eick et al. (2005, 1869) Ungleichheit („disparity“) zwischen molekularen und nichtmolekularen Phylogenien fest, und Jones & Teeling (2006, 149) schreiben von „radikal verschiedenen“ Verwandtschaftsverhältnissen (vgl. Abb. 382).
2. Die Homologie von Merkmalen (also ihre „Qualität“ als „Verwandtschaftsanzeiger“) ist nicht objektiv bestimmbar. Denn sonst könnte die Deutung von Merkmalen als Homologien nicht einfach in die Deutung als Konvergenzen umgewandelt werden (vgl. Artikel Ähnlichkeiten in der Morphologie und Anatomie). Auch die Unterscheidung zwischen „ursprünglich“ und „abgeleitet“ ist fragwürdig, wie Teeling et al. (2002, 1435) am Beispiel des Sehsinns feststellen: „In particular, the placement of bats in Laurasiatheria rather than Archonta may affect the polarity of characters associated with vision. The well developed visual system in pteropodids, for example, is derived relative to most other laurasiatherians; in contrast, the pteropodid visual system is primitive among bats if Archonta is monophyletic“ (Teeling et al. 2002, 1435).
Die Konvergenzproblematik wurde verschiedentlich bereits kommentiert. Evolutionstheoretisch war erwartet worden, dass ein derartig komplexes Merkmal wie die Echoortung ein sicherer Hinweis auf gemeinsame Vorfahren ist (Homologie-Argument) und es nur einmal bei den Fledermäusen entstanden sein sollte (Simmons 2005, 527). Nach dem derzeitigen Kenntnisstand muss aber entweder eine mindestens zweimalige unabhängige Entstehung der Echoortung angenommen werden oder aber dessen Verlust bei den Megachiropteren. Angesichts dieser überaus komplexen Fähigkeit, zu der vermutlich viele hundert Gene beitragen (Li et al. 2008, 13962), wäre eine zweimalige unabhängige Entstehung sehr unwahrscheinlich. Aber auch der Verlust dieser Fähigkeit ist sehr problematisch, da mit dieser Fähigkeit über 20 verschiedene anatomische Spezialisierungen gekoppelt sind, die bei den Megachiropteren nicht vorhanden sind und allesamt verlorengegangen sein müssten (Simmons 2005, 527).
Die Verteilung der Echoortung kann folglich nicht als Wegweiser für stammesgeschichtliche Zusammenhänge dienen, sondern folgt anderen Kriterien. Das gilt nicht nur für die Fähigkeit der Echoortung an sich, sondern auch für die verschiedenen Ruf-Designs (Eick et al. 2005, 1869; Jones & Holderied 2007, 909; Jones & Teeling 2006, 149).
Auch bei anderen Merkmalen muss verbreitet konvergente Entstehung angenommen werden. Beispielsweise müssen innerhalb der Pteropodidae (Flughunde) anatomische Spezialisierungen für Pollen- und Nektar-Ernährung bis zu fünfmal entstanden oder wieder verlorengegangen sein (Kirsch et al. 1995, 396). Eick et al. (2005, 1869) bewerteten 195 morphologische Merkmale im Licht ihrer Kern-DNA-Phylogenie. Außer 24 Merkmalen waren alle homoplastisch verteilt, d. h. es müssen Konvergenzen oder Rückbildungen angenommen werden.
Das verbreitete Auftreten von Konvergenzen, insbesondere bei den unterschiedlichen Designs der Echoortung bedeutet, dass die Merkmalsverteilung ein Nachzeichnen der Phylogenese nicht erlaubt, wie von einigen Autoren ausdrücklich festgestellt wird. Stattdessen wird auf starke Selektionsdrücke verwiesen, die das „phylogenetische Signal“ übertönen (Jones & Teeling 2006, 149). Der Hinweis auf starke Selektionsdrücke fungiert hier aber nur als Platzhalter für Nichtwissen. Denn nachweisbar bzw. nachvollziehbar ist nur eine ökologische Anpassung der verschiedenen Echoortungs-Designs an die Lebensumgebung und die Beutetiere. Der Weg ihrer Entstehung ist jedoch unbekannt.
Mit etwa 1100 Arten in ca. 200 Gattungen und 18 Familien sind die Fledermäuse nach den Nagetieren die zweitgrößte Säugetierordnung und die einzige, zu der aktiv flugfähige Arten gehören. Der überaus wendige Flug der Fledermäuse fasziniert die Wissenschaftler ebenso wie das ausgefeilte Echoortungssystem. Sowohl Flugfähigkeit als auch Echoortung sind bei den Fledermäusen unter den Wirbeltieren unübertroffen. Die Echoortung ist so gut ausgebildet, dass die Fledermäuse unter Einsatz von Ultraschall-Rufen mit ihren Ohren gleichsam sehen können (Echo-Bildsehen). Mit der Flugfähigkeit sind zahlreiche Besonderheiten des Bauplans gekoppelt, die z. B. das Achsenskelett, den Schultergürtel, die seitliche Orientierung der Hinterbeine und die kopfstehende, hängende Ruhestellung betreffen.
Klassisch wurden die Fledermäuse in Kleinfledermäuse und Großfledermäuse unterteilt. Letztere werden wegen der Kopfform vieler Vertreter auch als Flughunde bezeichnet und sind bis auf eine Gattung nicht zur Echoortung befähigt. Aufgrund molekularer Analysen haben sich die Kleinfledermäuse überraschenderweise als paraphyletisch herausgestellt (d. h. sie können nicht alle von einem gemeinsamen Vorfahren abgeleitet werden). Daher muss angenommen werden, dass die Fähigkeit des Echo-Bildsehens zweimal unabhängig entstanden oder bei den Flughunden sekundär verlorengegangen ist. Beide Deutungen sind evolutionstheoretisch sehr problematisch.
Auch viele andere Merkmale sind unter den Fledermäusen so unsystematisch verteilt, dass vielfach mit Konvergenzen gerechnet werden muss, z. B. bei den Designs der Rufe, die nicht in ein phylogenetisches Schema gebracht werden können. Die Annahme gleichsinniger Selektionsdrücke ist hypothetisch und erklärt für sich alleine nicht das Auftreten konvergenter Merkmale.
Im Fossilbericht erscheinen die Fledermäuse ziemlich unvermittelt im unteren Eozän in weiter geographischer Verbreitung und großer Vielfalt. Erst 2008 wurde eine Fossile Gattung (Onychonycteris) entdeckt, deren Merkmale wahrscheinlich darauf hinweisen, dass – evolutionstheoretisch interpretiert – die Flugfähigkeit vor der Fähigkeit zur Echoortung entstanden ist.
Aufgrund des Fehlens von Übergangsformen zwischen Fledermäusen und anderen Säugetieren können aufgrund fossiler Funde und des Baus heutiger Fledermäuse keine nennenswerten Hinweise auf die Entstehung der Flugfähigkeit und des Echoortungssystems gewonnen werden. Neuerdings erhofft man sich aber, aus genetischen Untersuchungen Rückschlüsse auf die Entstehungsweise ziehen zu können. So wurden einige Regulationsgene entdeckt, die eine wichtige Rolle bei der Regulation der Größe der Fingerglieder, der Ausbildung der Flughaut und des Sonarsystems spielen und deren Ausfall größere Auswirkungen hat. Daher wird spekuliert, dass geringfügige Änderungen von Regulationsgenen zu einer sprunghaften Entstehung der Flügel und vielleicht auch des Echoortungssystems beigetragen haben könnten. Solche Überlegungen erscheinen aber sehr voreilig angesichts der Tatsache, dass ein funktionierender Flugapparat weit mehr benötigt als verlängerte Fingerglieder und einen Ausfall des programmierten Zelltods zwischen den Fingern. Zum Flugapparat gehören zahlreiche neue Muskeln, Bänder und eine spezielle Beschaffenheit der Flughaut, ein ganzes System von Flughäuten und vieles mehr, dessen sukzessives Entstehen unplausibel erscheint. Entsprechendes gilt für das Echoortungssystem.
Hinweis: In der PDF-Version dieses Artikels (Entstehung der Fledermäuse wird zusätzlich zu den hier angesprochenen Themen der Frage nachgegangen, was eine evolutionstheoretische Erklärung der Entstehung des Flugapparats leisten müsste.
Dank: Dr. Henrik Ullrich und Dr. Sven Namsor danke ich für wertvolle Hinweise.
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Autor: Reinhard Junker, 01.08.2011
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