2. Alle Lebewesen starteten ihre Existenz als polyvalente, abgegrenzte Grundtypen.
Das Postulat der Abgrenzbarkeit der Grundtypen (vgl. Abb. 82) ergibt sich aus dem biblischen Schöpfungsbericht, wonach Pflanzen und Tiere „nach ihrer Art“ erschaffen wurden (vgl. Biblische Grundlagen der Schöpfungslehre und Junker 1994, 218ff.). Die biblischen Texte definieren „Art“ nicht. In der Grundtypenbiologie wird dazu jedoch ein konkreter Vorschlag gemacht, der eine experimentelle Prüfung von Grundtypgrenzen erlaubt (Artbegriffe, Heutige Grundtypen). Demnach gehören alle biologischen Arten, die durch Kreuzungen direkt oder indirekt miteinander verbunden sind, zu einem Grundtyp, wenn nachgewiesen werden kann, dass während der Ontogenese das Erbgut beider Eltern ausgeprägt wird. Details dazu und Begründungen für diesen Ansatz werden in Scherer (1993) erläutert (vgl. auch Junker & Scherer 2001, Abschnitte II.3 und VII.17.3).
Die Vorgabe der Polyvalenz ist zwar durch Kenntnisse der Evolutionsmechanismen motiviert, aber auch naheliegend, wenn man die biblischen Schilderungen voraussetzt, denn danach stammen alle Menschen von einem einzigen Menschenpaar ab. Das ist angesichts der heutigen Vielfalt nur bei einer Polyvalenz der Ursprungsform möglich. Polyvalenz beinhaltet darüber hinaus auch das Potential, zukünftigen Anforderungen durch entsprechende Flexibilität begegnen zu können, was als Design-Merkmal gewertet werden kann und daher im Rahmen eines Schöpfungsparadigmas naheliegend ist.
Wichtig zum Verständnis des Begriffs „Polyvalenz“ ist, dass er nicht nur einen anfänglichen ausgeprägten Polymorphismus (=Vielgestaltigkeit, genetische Vielseitigkeit) meint, sondern auch ein Variationspotential einschließt. Grundtypen besitzen daher eine aktuelle sowie eine potentielle Vielfalt.
Zur Polyvalenz von Grundtypen tragen bei:
- ein ursprünglicher genetischer (und damit auch phänotypischer) Polymorphismus
- ein großes Modifikationspotential. Ein Beispiel ist der Wasser-Hahnenfuß: er hat drei Blatttypen, die je nach Umgebung (Luft, Wasser, Wasseroberfläche) ausgebildet werden. Dies birgt auch ein Potential für Artbildung (vgl. Junker 1993, 42f.).
- programmierte Variabilität, z. B. ein vorprogrammiertes Mutationsspektrum. Interessant ist in diesem Zusammenhang das „Gesetz der rekurrenten Variation“ (nach Lönnig; vgl. Mutation).
3. Die Lebewesen sind nur im Rahmen der vorgegebenen Polyvalenz zu Variation fähig.
Grenzen der Variationsfähigkeit zu postulieren, ist naheliegend, weil man davon ausgehen kann, dass die Schöpfungseinheiten des Lebens (also die Grundtypen) nicht nur am Anfang schöpfungsgemäß getrennt waren, sondern als solche auch nach vielen Generationen erkennbar bleiben. Bei einer beliebigen oder sehr weitgehenden Wandelbarkeit wäre das nicht der Fall. Hier liegt ein offenkundiger Gegensatz zum Evolutionsparadigma vor. Die Plausibilitäten der gegensätzlichen Erwartungen innerhalb von Evolutionstheorien und Grundtyptheorien kann anhand von Daten getestet werden.
Die Existenz fertiger, abgrenzbarer Grundtypen sowie Grenzen ihrer Veränderlichkeit wird aus biblischer Sicht auch indirekt dadurch begründet, dass eine evolutionäre Entstehung aus zahlreichen theologischen Gründen ausgeschlossen werden muss (vgl. Die biblische Urgeschichte im Neuen Testament und Evolutionsmechanismen als Schöpfungsmethode?).
4. Es gibt in großem Ausmaß inkongruente Merkmalskombinationen bei den verschiedenen Grundtypen (modulares Baukastensystem)
Dieses Postulat ist naheliegend, weil der Urheber der Grundtypen frei ist, Merkmale beliebig zu kombinieren, solange dies funktionell Sinn macht. Die Wiederverwendung von Bauteilen ist sozusagen ingenieurstechnisch zweckmäßig und bietet darüber hinaus eine „unifying message“ (ReMine 1993), also einen Hinweis darauf, dass es nur einen einzigen Urheber gibt, was dem Monotheismus entgegenkommt. Andererseits macht die Wiederverwendung von Bauteilen aufgrund zahlloser Konvergenzen Evolutionskonzepten Probleme (vgl. Ähnlichkeiten in der Morphologie und Anatomie). Zwingend aus dem biblischen Schöpfungsbericht ergibt sich dieses Postulat jedoch nicht; es ist aber naheliegend, weil Gott als planvoll handelnder Schöpfer beschrieben wird.
Man könnte hier entgegnen, dass auch andere Postulate formuliert werden könnten. Das ist richtig, doch das ist kein Spezifikum des Schöpfungsparadigmas, wie in Artikel Evolutionsparadigma und Naturwissenschaft gezeigt wird. Die hier formulierten Postulate orientieren sich wie erläutert am biblischen Schöpfungszeugnis. Sie sind bei dessen Vorgabe nahelegend, wenn auch nicht alle gleichermaßen zwingend. Sie sind genügend konkret gefasst, um sie Prüfungen zugänglich zu machen, und darauf kommt es hier an. Es sei an die Unterscheidung „Schöpfungsparadigma“ bzw. „Evolutionsparadigma“ und die davon motivierten Hypothesen bzw. Theorien erinnert (s. o. und Schöpfung und Wissenschaft). |
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