Das Grundtypmodell hat drei Hauptschwächen. Zum einen ist es bisher erst an wenigen Organismengruppen wirklich fundiert getestet worden. Damit kann es vorerst auch nur als eine Arbeitshypothese betrachtet werden. Der weitere Gang der biologischen Forschung wird zur Bestätigung, zur Revision oder auch zur Verwerfung dieser Hypothese führen. Die Erarbeitung einer vollständigen Taxonomie auf Grundtypbasis steht aus.
Eine zweite Schwäche der Grundtypdefinition liegt in den zuweilen auftretenden praktischen Schwierigkeiten, im konkreten Fall eine Kreuzung zu vollziehen. Der Kreuzung verschiedener Arten sind bei Tieren von der Verhaltensbiologie her Grenzen gesetzt, und eine künstliche Befruchtung ist zwar manchmal leicht möglich, aber z.B. im Falle seltener oder schwer zu haltender Tiere außerordentlich schwierig.
Eine dritte Schwäche des Grundtypmodells liegt in der Definition. Die experimentelle Kreuzungsanalyse zeigt, dass die Embryonalentwicklung in manchen Fällen nicht über die ersten Zellteilungsstadien hinauskommt. In anderen Fällen bricht sie beim Stadium der Neurulation ab, in wieder anderen Fällen kommt es noch später zu Fehlentwicklungen. Wann genau kann man nun von einer erfolgreichen Kreuzung sprechen? Um dieses Problem zu lösen, wird ein weiterer Aspekt der Grundtypdefinition eingeführt:
„Zwei Individuen gehören zum gleichen Grundtyp, wenn die Embryogenese eines Mischlings über die maternale (=mütterliche) Phase der Entwicklung hinausführt und eine koordinierte Expression von väterlichen und mütterlichen morphogenetischen Genen beinhaltet.“
Damit sollen verschiedene Fälle ausgeschlossen werden. Beispielsweise können Eier von bestimmten Wirbellosen durch einen Nadelstich zur Teilung angeregt werden – dann entsteht ohne Beteiligung eines väterlichen Genoms ein lebensfähiger Organismus (Parthenogenese = Jungfernzeugung). Die Funktion eines Nadelstiches könnte auch durch ein Spermium übernommen werden, dessen DNS aber nicht an der weiteren Entwicklung des Eis teilnimmt. Dann spricht man von einer scheinbaren Befruchtung, doch werden die Gene der väterlichen Keimzelle niemals aktiviert und gehen schließlich im Laufe der Zellteilungen verloren. In diesen Fällen ist gar keine Aussage über die Grundtypzugehörigkeit der Eltern möglich. Durch die o.g. Ergänzung der Grundtypdefinition werden Fehlschlüsse bei der Grundtypbestimmung verhindert.
Die bisher erfolgten Grundtypbeschreibungen beruhen jedoch ausschließlich auf erfolgreichen Kreuzungen mit lebensfähigen Nachkommen. Die erwähnte Ergänzung der Definition wird wahrscheinlich nur in sehr speziellen Fällen zur Anwendung kommen.
Eine Stärke des Modells ist die prinzipielle Prüfbarkeit. Bei Tieren und Pflanzen liegen Tausende von Kreuzungsberichten in der Literatur vor, welche ausgewertet werden können. In kritischen Fällen kann künstliche Befruchtung trotz des o.g. experimentellen Aufwandes auch zur Entscheidung herangezogen werden, und damit ist die systematische Kategorie des Grundtyps als einzige Typdefinition der gesamten Biologie experimentell prüfbar. In den Fällen, in denen man die Grundtypdefinition an konkreten Beispielen geprüft hat, waren die Ergebnisse bisher ermutigend. Durch die Entwicklung der Molekularbiologie wird es vielleicht möglich sein, die einen Grundtyp kennzeichnenden Genmuster zu finden – doch ist dies derzeit nicht im Einzelnen absehbar. |