Ein grundlegendes Problem für den Design-Ansatz besteht darin, dass die Aktionen eines Urhebers und seine Identität prinzipiell naturwissenschaftlich nicht fassbar sind und seine Vorgehensweise naturwissenschaftlich nicht beschreibbar ist. Die zielorientierte Tätigkeit kann nur mittelbar anhand von Wirkungen und Spuren erkannt werden. Es kann schon gar nicht einen Design-Mechanismus geben, wenn unter „Mechanismus“ ein gesetzmäßig beschreibbarer, raumzeitlicher Vorgang gemeint ist – das wäre ein Widerspruch in sich. Es kann daher beim Design-Ansatz nicht darum gehen, einen Designer naturgesetzlich „dingfest“ zu machen und den Schöpfungsvorgang zu rekonstruieren. Im Rahmen des Design-Ansatzes werden vielmehr folgende Fragen gestellt:
1. Woran können Spuren des Wirkens eines Urhebers erkannt werden?
2. Werden diese Spuren tatsächlich gefunden und wie plausibel und wie sicher ist ihre Interpretation als Designer-Spuren?
Zur Erläuterung ziehen wir einen Vergleich mit der Untersuchung eines Faustkeils. Wenn die Form eines Faustkeils ausschließlich durch Naturvorgänge wie Erosion erklärbar wäre, wäre die Annahme eines Urhebers, der willentlich den Faustkeil geformt hat, überflüssig. Wenn ein Urheber aber den Faustkeil geformt hat, kann seine Bearbeitung auf der Ebene des Objekts nicht beschrieben werden. Wir sehen am Objekt keine Werkzeuge, die es bearbeitet haben, und keine Zielsetzungen, die dahinter standen. Auch der Vorgang der Bearbeitung des Objekts ist nicht beobachtbar. Um die Tätigkeit eines Urhebers plausibel zu machen, können wir aber zweierlei machen: 1. Wir beobachten die Wirkung natürlicher Vorgänge wie Erosion lernen dadurch, welche Grenzen solchen nicht-teleologischen Prozessen höchstwahrscheinlich gesetzt sind. Finden sich an einem Objekt Kennzeichen, die nicht-teleologisch nach allem gegenwärtigen Wissen nicht entstehen, haben wir ein starkes Verdachtsmoment dafür, dass andere Ursachen oder ein Urheber entscheidend gewirkt haben. 2. Wir stellen ein SD-Modell auf. Dazu stellen wir selbst einen Faustkeil her und verstehen dadurch, dass und wie ein solcher Gegenstand durch zielorientierte Aktion entstehen kann. Da zielorientiert gearbeitet wird, handelt es sich natürlich nicht um ein Modell für natürliche Prozesse. Vielmehr dient das Nachmachen zur weiteren Klärung, wo die Grenzen natürlicher und das Potential kreativer Kräfte liegen.
Entsprechendes gilt für Versuche, durch die im Labor Leben oder wenigstens lebenswichtige Makromoleküle oder Zellbestandteile zu erzeugt werden. Man kann auch hier ggf. simulieren, auf welche Weise die betreffenden Strukturen entstanden sein könnten und auch hier besser verstehen, welche Limitationen ungelenkten Prozessen gesetzt sind und warum. Sobald dabei aber eine Lenkung im Spiel ist, die unter natürlichen Bedingungen nicht realistisch ist, können solche Versuche keine Modelle für ungelenkte hypothetische natürliche Vorgänge in der Erdvergangenheit sein. Eine plausible, vollständige, naturalistische Erklärung der Entstehung eines Naturgegenstandes würde die Annahme eines zielorientiert eingreifenden Designers dagegen überflüssig machen und der Design-Ansatz würde sich erübrigen.
Forschung im Rahmen des Design-Ansatzes erfordert also keine neue Art von Wissenschaft und schon gar nicht das Unterbleiben von Wissenschaft. Vielmehr wird zur Bewährung von Design-Hypothesen Naturwissenschaft in zweierlei Hinsicht benötigt: 1. Die Leistungsfähigkeit natürliche Prozesse muss ausgelotet werden. 2. Durch Simulationen kann untersucht werden, inwiefern eine Lenkung und Zielorientierung erforderlich ist, um einen Gegenstand erzeugen zu können. Das damit gewonnene Wissen ist die Grundlage zur Beurteilung, ob Design zur Erklärung eines bestimmten Kennzeichens von Lebewesen erforderlich ist oder nicht. Anders als in rein naturalistischen Ansätzen sind allerdings manche Fragestellungen, die sich aus der Offenheit teleologischer Abläufe ergeben, vor allem die Suche nach Design-Indizien und die Begründungen dafür, dass sie wirklich durch Design entstanden sind. Der Design-Ansatz kann sich umso mehr bewähren, je mehr man über den untersuchten Gegenstand weiß.
„Erklärungen“ in der Ursprungsforschung. Beim Design-Ansatz geht es um Geschichte. Welche Erklärungen sind diesem Gegenstand angemessen? In den Naturwissenschaften erfolgen Erklärungen gewöhnlich deduktiv-nomologisch nach dem sogenannten Hempel-Oppenheim-Schema (HO-Schema; nach Hempel & Oppenheim 1948). Der zu erklärende Sachverhalt (das Explanandum) wird aus Gesetzen und Randbedingungen (Explanans) gefolgert.
Das HO-Schema kann auch umgekehrt in der Art und Weise angewendet werden, dass aus bekannten Gesetzen und bekannten Randbedingungen Schlussfolgerung als Voraussagen formuliert werden, die anschließend überprüft werden (so z. B. bei der Vorhersage einer Sonnenfinsternis).
Gesetze
Randbedingungen, Beobachtungen
--------------------------------------------
Zu erklärender Sachverhalt
In Ursprungsfragen ist dieses Erklärungsschema kaum anwendbar. Problematisch ist vor allem das Fehlen von „Ursprungsgesetzen“. Man kennt zwar Variationsmechanismen, diese sind aber nicht als Gesetze fassbar, aus denen die Entstehung von Neuheiten ableitbar wäre. Auch die Randbedingungen sind im Einzelnen weitgehend unbekannt oder nur sehr hypothetisch. Die Geschichte der Natur ist singulär und kann nicht ausschließlich mit Gesetzen beschrieben werden, auch wenn Gesetze dabei eine Rolle spielen können. Daher ist auch die hypothetische Evolutionsgeschichte nicht deduktiv-nomologisch erklärbar.
Aufgrund dieser Situation können in Ursprungsfragen nur hypothetische Szenarien entworfen werden, die auf Stimmigkeit mit den Daten und mit bekannten Gesetzen geprüft werden können. Nicht selten passen dieselben Daten jedoch zu ganz unterschiedlichen, eventuell sogar einander widersprechenden Szenarien. An der Spitze des Schemas steht somit kein Gesetz, sondern eine konzeptionelle Vorgabe zur Organismengeschichte, also z. B. „natürliche Evolution der Lebewesen“:
Allgemeine Evolution
Randbedingungen
---------------------------------------
Vielfalt der heutigen Lebewesen
In dieser Art und Weise kann man auch im Rahmen des Design-Ansatzes verfahren. Statt „Allgemeine Evolution“ steht am Anfang des Schemas „zielorientierte Planung“ oder der Einfachheit halber „Schöpfung“. In beiden Fällen können bestimmte Beobachtungen nicht zwingend abgeleitet werden. Zwar gab und gibt es bestimmte Erwartungen, die aus einer allgemeinen Evolution abgeleitet werden konnten, doch solche Erwartungen sind nicht zwingend und wurden häufig enttäuscht, was zu entsprechenden Änderungen von Evolutionstheorien führte. Auch aus der Vorgabe von Design können Erwartungen abgeleitet werden, die ebenfalls nicht zwingend sind.Man kann in Ursprungsfragen also nicht nomologisch-deduktiv vorgehen, sondern man schließt ausgehend von einer Beobachtung (dem Resultat eines hypothetischen Prozesses – hier: Naturprozess oder Design) auf eine Regel und einen Anwendungsfall. Dieses Schlussverfahren nennt man abduktiv; es ist jedoch nicht eindeutig. Ein einfaches Beispiel:
Angenommen, es hätte geregnet, dann wäre die Straße nass (Regel)
Resultat: Die Straße ist nass
-----------------------------------
Wahrscheinlich hat es geregnet (Fall)
Es ist klar, dass man nur schließen kann, dass es geregnet haben könnte. Die Nässe könnte ja auch andere Ursachen haben, z. B. umgekippte Wasserbehälter. Man kann aber argumentieren, dass auf diejenige Erklärung abduktiv geschlossen wird, die man am ehesten erwarten kann bzw. die am wenigsten überraschend ist (Ratzsch 2005a). Es handelt sich dann um eine vergleichsweise gute oder naheliegende Erklärung. Wenn es keine bessere oder genauso gute Erklärung gibt, handelt es sich um einen Schluss auf die beste Erklärung (s. u.).Wenden wir dieses Verfahren nun auf die Design-Thematik an. Das kann bei Vorgabe eines SD-Modells beispielsweise so aussehen:
Nichtreduzierbare komplexe Apparate entstehen durch Einsatz von Intelligenz (Regel)
Resultat: Der Bakterienmotor ist nichtreduzierbar komplex
------------------------------------------------------------------------
Der Bakterienmotor ist möglicherweise durch Einsatz von Intelligenz entstanden (Fall)
Dieser abduktive Schluss kann auf zwei Weisen geschwächt werden: zum einen durch den Nachweis, dass der Bakterienmotor ohne Verlust der Motorfunktion in kleinen Schritten abgebaut werden kann, denn dann wäre er nicht nichtreduzierbar komplex. Zum anderen durch den Nachweis, dass nichtreduzierbar komplexe Apparate auch ohne Einsatz von Intelligenz entstehen können; dann würde die obige Regel nicht stimmen. Solange beides nicht gelingt, kann dieser abduktive Schluss auch als Schluss auf die beste Erklärung gelten. Tatsächlich wurden beide Versuche, den abduktiven Schluss zu schwächen, oftmals unternommen (s. Abschnitt „Design-Signale“). Die „beste“ Erklärung muss dabei nicht die „wahre“ Erklärung sein, es ist nur die beste im Vergleich zu anderen Erklärungen. Der abduktive Schluss und der Schluss auf die beste Erklärung (als Spezialfall) sind mögliche, aber keine sicheren Schlüsse; es geht daher nur um Plausibilität, nicht um Beweise im strengen Sinne. Der abduktive Schluss auf Design erhält Konkurrenz, wenn natürliche Mechanismen die Entstehung der in Rede stehenden Struktur erklären können. Dann ist Design nicht mehr der Schluss auf die beste Erklärung; vielmehr würde sich der Design-Ansatz, der eine Erkennbarkeit von Design plus Fehlen einer nicht-teleologischen Erklärung beinhaltet, erübrigen. Der abduktive Schluss auf Design kann natürlich auch dadurch vermieden werden, dass man das Wirken eines Designers prinzipiell ausschließt. Dies würde allerdings genauso einer weltanschaulichen Vorentscheidung entspringen wie die Annahme, dass es einen Designer gibt oder wie das Offenlassen dieser Möglichkeit. Solange Evolutionsmechanismen unbekannt sind, wäre der Ausschluss von Design weder methodisch noch empirisch begründet. |