Eine Reihe christlicher Autoren (besonders auf katholischer Seite, aber auch evangelikal orientierte Theologen und Naturwissenschaftler) versucht, die Konsequenzen einer stammesgeschichtlichen Verwurzelung der Menschen zu vermeiden. Sie weisen darauf hin, dass es „gemäßigte" Evolutionsvorstellungen gebe. Diese Autoren heben hervor, dass die naturgesetzlichen Vorgänge nicht ausreichen, um den Evolutionsablauf zu ermöglichen. (Evolutionstheoretiker versuchen allerdings, diese Wissenslücke durch natürliche Erklärungen zu füllen.) Daraus folge, dass die Naturwissenschaft den Evolutionsprozess nicht vollständig erklären könne. Ein besonderes Handeln Gottes (ein „Eingreifen") wird in entscheidenden Phasen der Evolution als erforderlich betrachtet, insbesondere bei der Entstehung des Menschen. Die Evolution als Ablauf wird also nicht grundsätzlich problematisiert, jedoch die Mechanismenfrage, also durch welche Faktoren und auf welche Weise Evolution erfolgt.
Einige Autoren halten es auch für möglich, im evolutionären Kontext die Geschichtlichkeit Adams und eines paradiesischen Urzustandes zu vertreten. Einerseits sei der erste Mensch zwar biologisch gesehen primitiv gewesen (Zugeständnis an die Evolutionslehre), andererseits aber Person und damit das Subjekt, das Gott zum Partner seines Bundes machen konnte (Bindung an die Offenbarung). Damit soll eine Sonderstellung des Menschen sowie der Sündenfall und die darauf beruhende Erlösungsbedürftigkeit des Menschen in einem ansonsten evolutionären Kontext beibehalten werden.
Neue Aktualität hat diese Vorstellung durch das 1996 veröffentlichte Votum des Papstes zur Evolutionstheorie erhalten. Der L'Osservatore Romano schreibt am 1. November 1996 dazu: „Der menschliche Körper hat seinen Ursprung in der belebten Materie, die vor ihm existiert. Die Geistseele hingegen ist unmittelbar von Gott geschaffen." Aus dem Zusammenhang geht hervor, dass mit der vor dem Menschen existierenden Materie tierische Vorfahren gemeint sind. Dies hat Papst Johannes Paul II. auch insofern zum Ausdruck gebracht, als er die Evolutionslehre als mehr als nur eine Hypothese bezeichnete.
Was wird mit solchen Konstruktionen gewonnen? Zunächst soll darauf aufmerksam gemacht werden, dass eine solche Konzeption den entschiedenen Protest der Evolutionsbiologen nach sich ziehen würde, denn mit der Evolutionsforschung wird das Ziel einer vollständig naturalistischen Erklärung der Entstehung aller Lebensaspekte verfolgt.
Die Auffassung, Evolution mit besonderen Eingriffen Gottes und wissenschaftlich prinzipiell nicht fassbaren („übernatürlichen") Faktoren zu ergänzen, ist ein dogmatisch motivierter Einspruch gegen eine konsequente Evolutionsauffassung, die eben alles erklären will. Gerade an den entscheidenden Stellen (Entstehung des Lebens, Entstehung neuer Konstruktionen, Entstehung des Menschen) werden Inhalte der Evolutionslehre zurückgewiesen. Durch diesen Kunstgriff soll die Sonderstellung des Menschen auch im Fluss der Evolution aufrechterhalten werden, um auch im evolutionären Kontext christliche Glaubensinhalte beibehalten zu können. Steht die Sonderstellung des Menschen auf dem Spiel, besteht offenbar Motivation, Aussagen der Evolutionslehre zu hinterfragen.
Bemühungen dieser Art sind aber aus verschiedenen Gründen fragwürdig. Dies soll im folgenden angesprochen werden. |
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