Diese Frage wird erstaunlich selten aufgeworfen. Wohlgemerkt geht es hier nicht darum, ob einzelne evolutionäre Hypothesen falsifiziert werden können – das wird nicht bestritten –, sondern das Rahmenparadigma als Ganzes soll zur Disposition stehen. Einige Falsifizierungsvorschläge werden im folgenden erläutert und diskutiert (weitere Beispiele finden sich im Expertenteil).
Säugerfossilien im Präkambrium. Würden im Präkambrium Säugetiere, Vögel oder andere Formen gefunden, die nach gegenwärtiger Befundlage erst spät entstanden sind, wäre das Evolutionsparadigma widerlegt. Diese Situation ist in leicht abgeschwächter Form jedoch mit der „kambrischen Explosion" des Lebens gegeben. Alle Tierstämme, die Hartteile besitzen, sind im Kambrium bereits vertreten (Kambrische Explosion). Wenn noch weitere Formen hinzukämen oder diese noch früher im Fossilbericht auftauchen, würde sich an der Situation nichts grundsätzlich ändern. Natürlich würden sich bestimmte Evolutionstheorien ändern, das zugrundeliegende Evolutionsparadigma (um welches es hier geht) bliebe unangetastet.
Das Auftreten stratigraphisch (=die Schichtenfolge betreffend) unpassender Funde ist in abgeschwächter Form bereits dokumentiert: Es gibt Steinwerkzeuge, die nach allgemein anerkannten Kriterien nur von Menschen angefertigt worden sein können, aus dem Miozän und sehr wahrscheinlich auch aus dem Oligozän (Dokumentation bei Cremo & Thompson 1994; in kürzerer Form bei Stephan 2002). Diese Funde würden die gängigen Vorstellungen zur Evolution des Menschen falsifizieren, doch nach einer nicht abgeschlossenen kontroversen Diskussion sind sie im Laufe der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts weitgehend in Vergessenheit geraten. Weshalb interessieren sich Evolutionstheoretiker nicht mehr für diese Funde?
Chaotische Fossilabfolge. Eine allgemein chaotische Fossilabfolge bedeutete in der Tat eine schwerwiegende Plausibilitätsschwächung für das Evolutionsparadigma, aber ebenfalls keine Falsifizierung. Auch dieser Befund ist nicht „verboten". Tatsächlich ist er im kleineren Maßstab (innerhalb von geologischen Systemen) häufig, ja kommt sogar regelmäßig vor.
Völlig unähnliche Lebewesen. Auch hier gilt: Evolution „erklärt" beides: Abgestufte Ähnlichkeiten als auch ausgeprägte Unähnlichkeiten. Lässt man die Vielfalt des Lebens Revue passieren, wird schnell klar, dass es ja sehr unähnliche Lebewesen in der Tat gibt. Da alle Lebewesen in vielerlei Hinsicht unter ähnlichen Rahmenbedingungen leben, muss es aufgrund funktioneller Zwänge ein gewisses Maß an Ähnlichkeiten geben. Dies schließt das Auftreten völlig unähnlicher Baupläne unabhängig vom zugrundegelegten Ursprungsmodell aus.
Stütze ja – Falsifizierung nein. Zweifellos können viele Befunde einerseits und das Nichteintreffen von bestimmten Befunden (z. B. keine Säuger im Präkambrium) andererseits als Stützen für das Evolutionsparadigma gewertet werden. Doch das ist nicht der springende Punkt in der aufgeworfenen Frage, denn auch für das Schöpfungsparadigma gibt es zahlreiche stützende Befunde (auch wenn diese von den Gegnern meist nicht anerkannt werden). Die genannten Beispiele sollten jedoch deutlich machen, dass die Behauptung, das Evolutionsparadigma schließe bestimmte Befunde definitiv aus, nicht zutrifft. Falsifizierungen treffen in der Regel nur Teiltheorien oder untergeordnete Hypothesen.
Weiter kann man feststellen: Wenn die Befunde den theoretischen Erwartungen entsprechen, dann gilt dies als Bestätigung der zugrundeliegenden Paradigmas; in den anderen Fällen wird ein Fehler außerhalb des Paradigmas gesucht. Falsifizierung ist damit nicht möglich. Falsifizierungen treffen zwar einzelne Hypothesen, meistens nicht aber die übergeordnete Theorie und schon gar nicht das Paradigma. Diese werden durch Hilfshypothesen und ad-hoc-Annahmen geschützt.
Aus dem Gesagten wird deutlich, dass das Evolutionsparadigma feste Vorgaben macht, die vor empirischer Kritik geschützt werden. Erkenntnisfortschritt erfolgt nur innerhalb eines festgesetzten Rahmens und nur innerhalb dieses Rahmens ist Evolutionsforschung ergebnisoffen. Dieser Rahmen ist zwar sehr weit gefasst, aber es gibt ihn und man stößt immer wieder an seine Grenzen. Diese Vorgehensweise fester Vorgaben ist demnach kein Spezifikum von Theorien, die innerhalb des Schöpfungsparadigmas aufgestellt werden, wo ein solcher Rahmen explizit vorgegeben wird (Forschung ist innerhalb dieses Rahmens ebenfalls ergebnisoffen). |