Viele Züchtungsziele und -ergebnisse sind zwar wirtschaftlich sinnvoll, aber im Freiland unzweckmäßig, etwa der Verlust von Verbreitungsmitteln (Abb. 63), die Gleichzeitigkeit der Samenreife, Verlust von Giftstoffen, gefüllte Blüten (geringere Fruchtbarkeit; vgl. Abb. 64). Bei diesen Beispielen treten Verluste ein, die unter bestimmten Bedingungen vorteilhaft sein können. Aber auch in anderen Fällen er-
folgt keine Neubildung von Strukturen. Die Unterschiede gegenüber den Wildfor-
men sind in der Regel nur quantitativer Natur, z. B. Ausbildung größerer Früchte, einer größeren Kornzahl, von mehr Halmen pro Pflanze, eines größeren Farbstoff-
gehalts (Abb. 64) usw.). Wieder in anderen Fällen mag ein Merkmal eine gewisse Abwandlung erfahren, so dass auch in gewissem Sinne eine neue Qualität auftritt, die aber eine bereits vorhandene komplexe Ausgangssituation benötigt (beispiels-
weise beim Erwerb einer Giftresistenz; vgl. Artikel über Mutation). Manche Änderungen wiederum beruhen darauf, dass die Entwicklung teilweise nur bis zum Jugendstadium verläuft. So weist der Pekinesenschädel eine jugendliche Form auf (Abb. 65). |
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Die Mutationsforschung hat gezeigt, dass das Mutationsspektrum nicht beliebig erweitert werden kann, sondern nach einer gewissen Zeit ausgereizt ist, so dass immer wieder die gleichen Mutationen auftreten (Regel von der rekurrenten Varia-
tion, vgl. den Artikel über Mutationen). Außerdem sind die künstlich ausgelösten Mutation oft mit den natürlich (spontan) auftretenden iden-
tisch. Daher spielt die Mutationsforschung in der Zucht kaum noch eine Rolle. Das Mutantenspektrum kann offenbar nicht beliebig erweitert werden.
Durch Kreuzungen, die oft auch artübergreifend möglich sind, können neue Merk-
malskombinationen und damit neue Sorten erzeugt werden. Dabei wird vorhan-
denes genetisches Potential ausgenutzt und kombiniert, jedoch kein neues er-
zeugt.
Auch Selektion führt nicht zu immer wieder neuen Sorten, sondern zu Grenzen der Wandelbarkeit. So können die Eierlegezahlen bei Hühnern, die Milchproduktion von Kühen oder der Zuckergehalt von Zuckerrüben nicht endlos gesteigert werden. Und offensichtlich führen solche Steigerungen nicht zu neuen Strukturen im Sinne von Makroevolution. Durch künstliche Auslese können Extremvarianten und einsei-
tige Spezialisierungen ausgeprägt werden. Wenn das Auslesepotential (die an-
fangs vorhandene genetische Vielfalt) ausgereizt ist, sind keine weiteren Verän-
derungen auf diesem Wege mehr möglich. Fortgesetzte künstliche Selektion führt zur Verminderung der Variabilität und Spezialisierungen. Spezialisierungen und einseitige Anpassungen führen schließlich in evolutionäre Sackgassen. |