Weitere Reduktionsschritte führen durch Analyse zur Zerlegung einer solchen Zelle in deren materielle Bestandteile, ihre molekularen Komponenten. Durch das Sezieren der Zelle gelangen wir zu Baustoffgruppen und durch weitere Reduktion über makromolekulare Verbände zu Molekülen, deren physikalisch-chemische Eigenschaften wir sehr genau beschreiben können. Hier kann nun konkret experimentell eingesetzt werden.
Dieses Vorgehen, die Vereinfachung von der Zelle zu deren molekularen Strukturen, verursacht jedoch eine gravierende qualitative Veränderung des Untersuchungsgegenstands: Das Phänomen, nach dessen Entstehung wir fragen, geht verloren. Leben, das auf der Ebene der Zellen, auch der ganz einfachen noch beobachtbar und beschreibbar ist, verschwindet bei deren Auflösung in die molekularen Bestandteile.
Daraus folgt:
1. Einerseits kann die Frage nach der Entstehung der chemischen Bestandteile von Organismen konkret experimentell bearbeitet werden (Synthese von Bio-Chemikalien).
2. Selbst wenn die (ungeplante, zufällige) Entstehung der molekularen Bestandteile einer Zelle plausibel gemacht werden könnte, wäre die Frage nach der Entstehung des Lebens damit noch lange nicht beantwortet.
3. Solange die Entstehung der molekularen Bestandteile einer Zelle nicht aufgeklärt werden kann, ist die Frage nach der Entstehung des Lebens erst recht ungeklärt.
Noch einmal anders formuliert: Wenn wir also auf der molekularen Ebene die Beantwortung der Frage nach der Entstehung des Lebens ansetzen, dann fragen wir nicht mehr nach der Entstehung des Lebens, sondern nur noch nach minimalen materiellen Voraussetzungen, die gegeben sein müssen, damit Leben, so wie es uns vertraut ist, überhaupt möglich ist. Gleichzeitig ist aber auch klar, dass wir damit noch sehr weit vom Kern der eigentlichen Frage entfernt sind. Leben kann seinem Wesen nach nicht auf der materiellen Ebene beschrieben werden. Das gilt unbeschadet der naturwissenschaftlichen Erfahrung, dass die materiellen Gegebenheiten notwendige Voraussetzungen für Leben sind.
Daher kann der Naturwissenschaftler mit seinen methodischen Möglichkeiten nicht nach der Entstehung des Lebens an sich, sondern nur nach dessen materiellen Minimalvoraussetzungen fragen, die gegeben sein müssen, damit Leben in der uns bekannten Erscheinungsform überhaupt denkbar wird. |