Evolution: Entstehung des Lebens (Präbiotische Chemie) |
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Interessierte: Entstehung von Nukleinsäuren |
InhaltIn diesem Artikel wird der Aufbau der DNS geschildert und es werden Hypothesen über deren Entstehung und Zusammenlagerung unter Ursuppen-Bedingungen diskutiert. |
Neben den Proteinen sind die Nukleinsäuren grundlegend wichtige und unverzichtbare Makromoleküle in den Zellen der Organismen. Unter Makromolekülen versteht man chemische Verbindungen mit hohem Molekulargewicht, die aus vielen ähnlichen Einzelbausteinen bestehen (vgl. den einleitenden Abschnitt von Entstehung von Proteinen). |
Aufbau von Nukleinsäuren |
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Die Nukleinsäuren (DNS und RNS) sind kettenförmige Moleküle und aus drei unterschiedlichen Bausteintypen aufgebaut (Abb. 117): Zucker, Phosphorsäure und Stickstoffbase (Stickstoffheterozyklus). Die Zucker (Ribose bzw. Desoxyribose) sind über eine Phosphodiesterbrücke verknüpft und bilden sozusagen das Rückgrat der Nukleinsäuren (vgl. Abb. 117). Die Stickstoffbasen sind jeweils über ein Stickstoffatom mit einem C-Atom der Zucker des Rückgrats verbunden und gewährleisten den Zusammenhalt der beiden Einzelstränge durch Wasserstoffbrücken (Abb. 180). Zur Synthese dieser RNS- und DNS-Bausteine unter präbiotischen (=vor der Existenz von Leben) Bedingungen gibt es eine Reihe von Hypothesen. Was ist über die Möglichkeit einer präbiotischen Synthese von Nukleinsäuren bekannt? Wir befassen uns zunächst mit Hypothesen zur Entstehung die Einzelbausteine, um anschließend der Frage nachzugehen, wie aus diesen die DNS- bzw. RNS-Ketten entstehen könnten. |
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Synthese von Zucker |
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Zur Synthese der Zucker wird auf die sog. Formose-Reaktion verwiesen. Dabei entstehen in wässriger alkalischer Formaldehydlösung Produkte mit süßem Geschmack. Genauere experimentelle Untersuchungen offenbaren jedoch enorm große Schwierigkeiten, auf diesem Wege zu weiter verwertbaren Zuckermolekülen zu gelangen. Das hat folgende Gründe:
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1990 veröffentlichten Eschenmoser und Mitarbeiter eine Synthese für eine Riboseverbindung (Ribose-2,4-biphosphat) in einer bisher unerreichten Ausbeute von 33%. Bis heute wurde jedoch noch nicht gezeigt, dass die eingesetzten Ausgangsverbindungen und die Reaktionsbedingungen mit unspezifischen präbiotischen Randbedingungen verträglich sind. Die Ausgangsverbindungen werden in mehrstufigen Synthesen hergestellt, wobei auch wasserfreie Lösungsmittel eingesetzt werden müssen. Bisher fehlt also eine selektive Synthese für Ribose unter Ursuppenbedingungen. Neben den offenen Fragen hinsichtlich der präbiotischen Synthese der Zucker bereitet auch noch deren geringe chemische Stabilität Schwierigkeiten. Die Halbwertszeit (=Zeit, in der die Hälfte des Materials umgewandelt wird) für Ribose beträgt unter günstigen Bedingungen 44 Jahre. Diese Lebensdauer ist gemessen an langen geologischen Zeiten sehr kurz, d.h. sie steht unter präbiotischen Bedingungen nach Synthese und Isolierung für weitere chemische Reaktionen praktisch nicht zur Verfügung. In dieser Situation sind postulierte lange Zeiten kontraproduktiv. Manche Forscher ziehen daraus die Schlussfolgerung, dass Ribose und andere Zucker nicht Bestandteil des ersten genetischen Materials gewesen sein können. |
Dazu liegen umfangreiche experimentelle und theoretische Studien vor, in welchen gezeigt werden soll, wie kurze und längere Nukleinsäureketten (Oligo- und Polynukleotide) aus den einzelnen Bausteinen (Nukleotiden) aufgebaut werden können. Die dafür eingesetzten Nukleotidverbindungen sind jedoch sehr komplex aufgebaut, damit sie überhaupt reagieren und ihre Reaktion darüber hinaus auch in der erwünschten, spezifischen Weise erfolgt. So wurden z.B. an der 5-Position der Ribose verschiedene Imidazol-Verbindungen angebracht (s. Abb. 184). Imidazol-Verbindungen hatten sich als geeignete Aktivierungs- und Abgangsgruppen erwiesen. Mit solchen Ausgangsverbindungen erhält man jedoch neben den gewünschten 3’-5’-verknüpften Nukleotiden auch solche mit 2’-5’-Verknüpfungen. Damit sind diese Nukleotidbausteine nicht mit einfachen, präbiotischen Bedingungen verträglich. In anderen Arbeiten werden aufgrund dieser Schwierigkeiten zum Aufbau von Nukleinsäureketten Trinukleotide eingesetzt, ohne dass jedoch gezeigt worden wäre, wie man diese erhalten kann. In anderen Versuchen wurden zur Simulation erster Replikationsschritte (=Vervielfältigung) kurze Oligonukleotide als Matrizen zur gesteuerten Synthese zugegeben (Template-Synthesen). Unter den bisher angewendeten Bedingungen führten sie jedoch nur zu Produkten mit bescheidener Kettenlänge (weniger als 50 Nukleotide). Bei Template-Synthesen treten neue Schwierigkeiten auf. Eine der Schwierigkeiten besteht darin, dass die Stickstoffbasen auf zwei unterschiedliche Weisen mit Ribose verknüpft sein können (α- und β-glykosidische Bindung, Abb. 185). Bei der chemischen Synthese treten beide Verknüpfungsmöglichkeiten im Verhältnis 1:1 auf. In den natürlichen Nukleotidketten finden wir ausschließlich β-verknüpfte Nukleotide. α-Nukleotide unterbinden ein Kettenwachstum in Templat-Synthesen. Da jedoch bislang ungeklärt ist, woher die Matrizen überhaupt kommen sollen, sind Template-gesteuerte Synthesen für Lebensentstehungsmodelle derzeit ohnehin nicht von Bedeutung. Literatur R. Junker & S. Scherer (2001) Evolution - ein kritisches Lehrbuch. Gießen, Kapitel IV.8 |
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