Was sind Galaxien? Niemand konnte es vor 1900 sagen, einige wenige um 1920. Nach 1924 glaubte man es zu wissen…
Bereits Immanuel Kant (1724-1804) spekulierte über die diffusen Nebel, welche seit der Erfindung des Fernrohrs am Himmel in immer größerer Zahl gefunden wurden. Er glaubte, dass diese Nebel Welten seien wie unsere eigene (Weltinselhypothese). William Herschel (1738-1822) leistete viel für das Verständnis unserer eigenen Milchstraße und beobachtete mit seinem Spiegelteleskop viele dieser Nebel. Seiner Ansicht nach lag die Sonne im Zentrum der Milchstraße. Die Distanzen zu den Sternen wurden in der frühen Zeit damals (und bis Anfangs des 20. Jahrhunderts) mit der trigonometrischen Methode gemessen, die darauf beruht, dass sich die Sterne durch die Bewegung der Erde um die Sonne im Jahresrhythmus (aus unserer Perspektive) verschieben. Leider liefert diese Methode nur für nahe Sterne genaue Ergebnisse. Weiter wurden die Sterndistanzen tendenziell überschätzt, da interstellarer (=zwischen den Sternen) Staub, der das Licht der Sterne abschwächt, nicht berücksichtigt wurde. Um 1912 wurde mit den variablen Cepheid-Sternen eine zuverlässigere Methode der Distanzbestimmung verfügbar. Harlow Shapley (1885-1972) machte Gebrauch von dieser Methode und zeigte, dass die Milchstraße viel größer ist als zuvor gedacht und die Sonne nicht in ihrem Zentrum liegt, sondern in den äußeren Bereichen. Diese Ansicht wurde aber von der großen Mehrheit der damaligen Astronomen nicht geteilt. Es herrschte zudem die allgemeine Ansicht, dass sich diese „dunstigen Spiralnebel“ innerhalb unserer Milchstraße befänden. Die Idee, dass diese Nebel Galaxien seien, ähnlich unserer Milchstraße aus Sternen aufgebaut, wurde ignoriert oder verspottet. Auch Shapley, der viel für das Verständnis unserer Milchstraße beigetragen hatte, schloss sich der konservativen Sicht an. Noch in den 1920er Jahren wurde die Natur der Galaxien heftig debattiert (siehe auch Historische Entwicklung der modernen Kosmologie).
Edwin Hubble (1889-1953) schien die Debatte schließlich definitiv zu entscheiden. 1924 gelang es ihm, die Randpartien des Andromeda-Nebels (=nächste große Galaxie) in Einzelsterne aufzulösen. Er entdeckte u.a. Cepheiden, Novae (=regelmäßig sehr hell aufleuchtende Doppelsternsysteme) und O-B-Sterne (=massenreiche, helle Sterne). Damit war die Natur der „Spiralnebel“ erkannt. Hubble berechnete anhand von variablen Cepheid-Sternen die Distanz von Andromeda zur Erde. Obwohl Hubble mit 900 000 Lichtjahren die Distanz noch gewaltig unterschätzte, bedeutete sie endgültig das Ende von Shapleys Universum.
Heute ist die extragalaktische (=ausserhalb der Milchstraße) Natur der Galaxien astronomisches Allgemeingut. Mit Hilfe besserer Beobachtungsinstrumente wurde sogar noch ein viel detaillierterer Einblick in die extragalaktische Welt gewonnen. 1943 wurden die Seyfert-Galaxien entdeckt, 1946 die Radiogalaxien und 1963 schließlich die noch viel exotischeren Quasare (siehe Aktive Galaxien). In jüngster Zeit wurden mit dem Hubble Space Telescope das Universum auch in sehr hoher Entfernung untersucht. Man spricht vom „Hubble Deep Field“ (siehe Der tiefe Blick ins Universum). Heute werden extragalaktische Objekte im gesamten elektromagnetischen Spektrum untersucht, d.h. im infraroten, sichtbaren, Röntgen- und γ- (=sehr energiereich, kurzwellig)-Bereich. |
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