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Evolution: Astronomie, Astrophysik, Kosmologie |
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Interessierte: Das Standardmodell |
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InhaltDas heute allgemein akzeptierte Modell des Universums ist das Standardmodell der Kosmologie. In diesem Artikel wird sein konzeptioneller Hintergrund vorgestellt und der theoretische Ablauf des Universums beschrieben. Anschließend werden noch die Schwierigkeit der Deutungen von Beobachtungsdaten diskutiert und schließlich eine Bewertung versucht. |
![]() Konzeptioneller Hintergrund |
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Das Standardmodell ruht auf zwei Hauptannahmen: Die Gültigkeit der Allgemeinen Relativitätstheorie und des kosmologischen Prinzips. Was bedeutet das? Die Allgemeine Relativitätstheorie (ART) wurde 1916 von Albert Einstein fertiggestellt und erneuerte die Newtonsche Theorie der Gravitation. Die neue Theorie der Gravitation hat den Vorteil, dass sie im Gegensatz zur alten Theorie mit der Relativitätstheorie vereinbar ist. Die Newtonsche Theorie, wenn auch in vielen Anwendungen immer noch brauchbar, erfüllt diese Bedingung nicht und stimmt darum im Prinzip nur bei niedrigen Geschwindigkeiten und schwachen Gravitationsfeldern. In der ART ist zudem neu, dass der Raum durch anwesende Materie und Energie „gekrümmt“ wird, was z.B. bedeutet, dass ein Lichtstrahl nahe eines starken Gravitationsfeldes (z.B. der Sonne) abgelenkt wird. Das hat starke Konsequenzen für das Standardmodell, da auch das Universum als Gesamtes „gekrümmt“ sein könnte, was man bei den Beobachtungen berücksichtigen müsste. Die Feldgleichungen der ART, die beschreiben, wie sich der Raum in Anwesenheit von Energie und Materie krümmt, sind allerdings so kompliziert, dass man sie ohne vereinfachende Annahmen niemals auf das Universum anwenden könnte. Als Vereinfachung wurde darum das kosmologische Prinzip eingeführt: Das Universum ist auf der größten Längenskala homogen (=im Mittel überall gleiche Materiedichte) und isotrop (=in jeder Richtung gleich). Das bedeutet, egal von welchem Standort man das Universum betrachtet, es bietet sich immer gleich dar. Es gibt keinen außergewöhnlichen Ort im Universum, wenn die betrachtete räumliche Umgebung nur gross genug gewählt wird, obwohl selbstverständlich lokal Unterschiede in der Materiedichte und -Beschaffenheit bestehen. Das kosmologische Prinzip ist das Prinzip, das die einfachste mathematische Behandlung zulässt. Löst man nun die Feldgleichungen der ART mit Hilfe des kosmologischen Prinzips, so ergeben sich die sogenannten Friedmann-Gleichungen, die das Grundgerüst des Standardmodells bilden. Aus der ART und dem kosmologischen Prinzip folgt also quasi automatisch die Dynamik des Universums für das Standardmodell. |
![]() Geschichte des Universums |
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Die Friedmann-Gleichungen lassen keine stabilen statischen Lösungen zu. Also muss sich das Universum entweder ausdehnen oder kontrahieren (=zusammenziehen). Da seit den 1920er Jahren durch die Arbeiten von Hubble und Humason bekannt war, dass nahe Galaxien rotverschoben sind ( Wenn das Universum sich heute ausdehnt, so muss es in der Vergangenheit kleiner gewesen sein. Rechnet man weit genug zurück, so gelangt man an einen Punkt, wo die gesamte Materie auf engstem Raum zusammengedrückt war. Aufgrund der hohen Dichte waren die Temperaturen sehr hoch, so dass man sich das Geschehen als einen gewaltigen Feuerball vorstellen kann; nur dass das Universum nicht durchsichtig war (siehe Die Geschichte des Universums gemäß dem Standardmodell lässt sich in drei grobe Abschnitte einteilen, die im Folgenden nacheinander kurz beschrieben werden, um ein Zusammenhängendes Bild zu geben (Abb. 147):
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![]() Das undurchsichtige Universum |
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Nach einer rasanten inflationären Startphase ( Schließlich war die Temperatur des Universums so weit gesunken, aber immer noch genügend heiß, dass die vorhandenen Protonen und Neutronen zu schwereren Atomkernen fusionieren konnten. Auf diese Art und Weise wurden die leichten Elemente gebildet (siehe Symmetriebrechung. Dabei soll noch bemerkt werden, dass unser heutiges Universum nur aus Materie besteht. Antimaterie hat man bisher durch Beobachtungen im Universum in größeren Mengen nicht nachweisen können. Man kann sie allerdings in Teilchenbeschleunigern in geringen Mengen herstellen. In der hypothetischen Teilchenbrühe des Urknalls haben sich die Teilchen in gegenseitigem Gleichgewicht befunden, wobei von jedem Teilchen auch die Antiteilchen vorhanden waren. Als sich das Universum abkühlte, zerstrahlten die Teilchen mit ihren Antiteilchen. Warum aber blieb überhaupt Materie übrig? Man behilft sich mit der Annahme, es habe eine „Symmetriebrechung“ geben, also ein anfänglicher Überschuss von Materieteilchen zuungunsten der Antimaterie. Das ist aber experimentell noch nicht gesichert. Entkopplung von Strahlung und Materie. Nach der Bildung der leichten Elemente kühlte sich das Universum weiter ab, bis die Temperaturen so gering waren, dass die vorhandenen freien Elektronen mit den entstandenen Atomkernen kombinieren und neutrale Atome bilden konnten. Auf diese Weise bildeten sich Wasserstoff und andere leichte Elemente. Da bei diesem Vorgang die freien Elektronen verschwanden, die in starker Wechselwirkung mit der Strahlung standen, wurde die Strahlung von der Materie entkoppelt. Das Universum wurde durchsichtig. Das geschah etwa 380000 Jahre nach dem Urknall. Die übrig gebliebene Strahlung sollte uns schließlich nach weiterer Abkühlung bis zum heutigen Tag in der Form des Mikrowellenhintergrundes erhalten sein ( |
![]() Die Bildung von großräumigen Strukturen |
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Bis zu diesem Zeitpunkt gab es noch keine schweren Elemente, keine Sterne, keine Galaxien oder größere Strukturen, sondern nur neutrale, leichte Atome. Wie aber sind die großräumigen Strukturen im heutigen Universum wie Galaxien und Galaxienhaufen entstanden? Zum Zeitpunkt der Entkopplung von Materie und Strahlung war die Materie im Universum (wie durch den Mikrowellenhintergrund angedeutet) sehr gleichmäßig verteilt, aber nicht ganz gleichmäßig. Man nimmt an, dass es kleine Schwankungen in der Dichte gab (Dichtefluktuationen). Nun wird durch theoretische Berechnungen der Strukturbildung nahegelegt, dass sich die Gebiete mit leicht erhöhter Dichte allmählich unter ihrer eigenen Gravitation zusammenballten. Dadurch entstanden größere Ansammlungen von Massen, die wiederum weiter Materie durch die Gravitation anzieht. Durch diesen vereinfacht dargestellten Prozess sollen sich schließlich die großräumigen Strukturen gebildet haben und somit allmählich auch Sterne und |
![]() Hier soll auch die sog. dunkle Materie ( Kommentar. Bei der Strukturbildung handelt es sich durchweg um Vorgänge, die auf theoretischen Überlegungen und Computersimulationen basieren, aber nicht beobachtet werden können, da wir bisher noch keine Objekte aus jener Zeitepoche beobachtet haben. Die mutmaßlich ältesten Objekte, die man bisher beobachten konnte, sind die Quasare (=punktartige Lichtquelle mit sehr hoher Rotverschiebung, die häufig Radio- und Röntgenemission aufweist), deren Natur noch weitgehend unverstanden ist (siehe Insgesamt bleiben bei der Strukturbildung einige Fragen offen. Auch Computersimulationen sind nur z.T. in der Lage, realistische Berechnungen des wirklichen Universums auszuführen. |
![]() Die Gegenwart |
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Nach der Strukturbildung wurde das Universum mit Sternen und Rechtfertigung des kosmologischen Prinzips. Es ist nicht einfach, das kosmologische Prinzip zu rechtfertigen. Anhand der „Rotverschiebungskarten“ des Universums (Abb. 150) wird deutlich, dass das Universum höchstens bezüglich einer Grössenskala von einigen Hundert Mpc (=etwa 3 Millionen Lichtjahre) homogen ist. Da aber die Rotverschiebungswerte im Rahmen des Standardmodells gedeutet werden und das Standardmodell auf dem kosmologischen Prinzip aufgebaut ist, zeigen diese Rotverschiebungskarten nur, ob das Standardmodell mit den Daten konsistent ist. Wird die In den Sternen werden nun durch Kernfusion und Supernovae (=Sternexplosionen) die schweren Elemente hergestellt und in den interstellaren Raum freigegeben. Das wiederum führt zu neuen Sternentstehungsgebieten und zu Sternen mit höherem Anteil an schweren Elementen. Im Universum werden so immer schwerere Elemente angereichert. Um neu entstehende Sterne bilden sich Akkretionsscheiben (=Staubscheiben) aus Gas und Staub, die schließlich zu Planetensystemen führen. So entstand nach diesen Vorstellungen das Universum, das wir heute beobachten können. |
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![]() Beobachtungen |
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Bisher wurde vor allem die theoretische Modellvorstellung des Standardmodells vorgestellt. Gibt es aber auch Beobachtungen, die das Standardmodell stützen? Wie an einigen Stellen bereits angedeutet wurde, ist das der Fall. Das Standardmodell beruht auf drei experimentellen Säulen. Alle drei Beobachtungen wurden in separaten Artikeln besprochen: 1. Die 2. Der 3. Die Neben diesen drei Hauptbeobachtungsrichtungen gibt es noch zahlreiche detaillierte Tests für die Überprüfung des Standardmodells und die Bestimmung der verschiedenen Parameter, die das Modell beinhaltet. Es würde viel zu weit führen, an dieser Stelle auf diese Tests näher einzugehen. Es soll jedoch dazu gesagt werden, dass es sich als schwierig erwiesen hat, den Beobachtungen eindeutige Ergebnisse zu entnehmen, um Informationen über unser Universum zu erhalten. Ein Beispiel: Obwohl es über 10 verschiedene Messmethoden zur Distanzmessung im Universum gibt, die z.T. aufeinander aufgebaut sind, war es bis heute immer noch nicht möglich, einen eindeutigen Wert für die Hubble-Konstante (siehe Abgesehen von den Beobachtungsungenauigkeiten muss noch erwähnt werden, dass viele Aspekte des Standardmodells gar nicht direkt untersucht werden können. So werden wir beispielsweise nie in die Zeit vor der Entkopplung von Materie und Strahlung sehen, da das Universum noch gar nicht durchsichtig war. Viele Ergebnisse und Untersuchungen des Standardmodells sind theoretische Ergebnisse, die durch Extrapolation von Bekanntem auf Unbekanntes gewonnen werden. Dabei sollte man im Hinterkopf behalten, dass im Standardmodell noch zahlreiche Fragen ungeklärt sind. |
![]() Kommentare und Bewertung |
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Es sollte deutlich geworden sein, dass das Standardmodell in erster Linie ein theoretisches Konzept ist. Es versucht, die Geschichte des Universums unter Zuhilfenahme bekannter physikalischer Gesetze widerspruchsfrei zu modellieren. Aus diesem Grund sagt das Standardmodell höchstens aus, wie der Ablauf des Universums ausgesehen haben könnte. Weiter beruht das Standardmodell auf theoretischen Prinzipien wie beispielsweise dem kosmologischen Prinzip. Diese Prinzipien wurden gelegentlich auch abgelehnt oder erweitert, wie das z.B. in der Steady state Kosmologie (siehe Andererseits gibt es auch Ansätze alternativer Kosmologien. Beispiele sind die Insgesamt ist das Standardmodell heute das beste Modell zur Beschreibung des Universums. Wegen seiner relativ hohen Zahl an freien Parametern, die durch die Theorie nicht vorgegeben sind, hat es sich als eher flexibel erwiesen, an neue Beobachtungsdaten anzupassen. Das schwächt andererseits jedoch den Erklärungsgehalt des Modells. Außerdem benötigt die Theorie an einigen Stellen bemerkenswertes „fine-tuning“, um unser gegenwärtiges Universum zu erklären. Ein Beispiel dafür ist der heutige Wert der kosmologischen Konstante (siehe |
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