Evolution: Astronomie, Astrophysik, Kosmologie |
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Interessierte: Häufigkeit der leichten Elemente im Universum |
InhaltWarum ist beispielsweise der relative Heliumgehalt des Universums viel höher als durch Kernfusion in Sternen in 10 Milliarden Jahren entstehen kann? Das Standardmodell erklärt das durch die Elementbildung in den ersten drei Minuten nach dem Urknall - seine dritte große Säule. Der Überschuss leichter Elemente |
Der Überschuss leichter Elemente |
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Heute geht man davon aus, dass die chemischen Elemente in Sternen durch Fusionsprozesse gewonnen werden. Betrachtet man aber der Massenanteil von 4He (gewöhnliches Helium) im Universum, so erkennt man, dass er viel höher ist als der Massenanteil aller anderer Elemente (Abb. 155). In der Tat ist er zu hoch, um innerhalb von 10 Milliarden Jahren in Sternen fusioniert worden zu sein. Ähnliche Überschüsse, wenn auch nicht in diesem Ausmaß, gibt es auch von anderen leichten Elementen wie D (Deuterium (=Wasserstoff mit einem Neutron)), 3He (=Helium mit nur einem Neutron) und 7Li. Warum sind diese Überschüsse ein Hinweis auf das Standardmodell? Sie passen gut zu den Modellvorstellungen einer heißen, frühen Ära. Im Standardmodell wird angenommen, dass die Materie vor langer Zeit einmal sehr dicht zusammengedrängt war, so dass sie sich im Gleichgewicht mit der Strahlung befand und sehr hohe Temperaturen aufwies (siehe Standardmodell). Die Temperaturen waren dabei so hoch, dass Kernfusion stattfinden konnte. Die Bildung der Elemente in dieser Ära wird als primordiale Nukleosynthese bezeichnet. Dabei bildeten sich vor allem 4He, 3He, D, 7Li in einigermaßen beträchtlichen Mengen, wobei weitaus am meisten 4He entstand. Die Produktion schwererer Elemente als 7Li ist bei diesem Prozess beinahe nicht möglich und geschieht nur in Spuren. Der Grund dafür ist, dass es keine stabilen Kerne mit der Massenzahl (=Summe aus Protonen und Neutronen) 5 oder 8 gibt. Somit kann 4He, das im Überschuss vorhanden ist, nicht weiter fusionieren. Der Überschuss leichter Elemente ist darum ein elementarer Bestandteil des Standardmodells, der ohne heiße, frühe Ära offensichtlich unerklärt bleibt. |
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Wie gut passen die Beobachtungen? |
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Die Vorhersagen des Standardmodells bezüglich der primordialen Nukleosynthse sind relativ klar definiert. Darum kann man hoffen, dass Beobachtungen gute Tests für das Modell liefern. Zwei dieser Elemente sollen kurz diskutiert werden, um einen Einblick in die Komplexität der Analyse zu geben: Helium (4He). Um die Vorhersagen des Standardmodells zu prüfen, muß man zwischen dem ursprünglichen Heliumgehalt, der in der Anfangsphase des Universums gebildet wurde, und dem Heliumgehalt, welcher in Sternen hergestellt wird, unterscheiden. Da Helium nicht zerfällt und auch kaum zerstört werden kann, bildet die beobachtete Menge im Universum sicher eine obere Schranke für den ursprünglichen Heliumgehalt. Es ist nicht einfach, den ursprünglichen Heliumgehalt aus dem insgesamt beobachteten herauszukristallisieren. Außerdem hängt die Menge an ursprünglichem Helium auch von der Anzahl verschiedener Neutrinoarten (=Ein Neutrino ist ein schwer nachweisbares Elementarteilchen) und geringfügig von der (baryonischen (=umfasst Protonen, Neutronen und Elektronen)) Materiedichte im Universum ab. Nimmt man an, dass es, wie durch Experimente in Teilchenbeschleunigern nahegelegt, drei Arten von Neutrinos gibt, so kann man einen Massenanteil von Helium zwischen 21 und 25% der Gesamtmasse des Universums erwarten. Beobachtungen von sehr metallarmen Galaxien mit einem Helium-Massenanteil von 21,5 % sind hier schon an der unteren Grenze. Für das Standardmodell ist es wichtig, dass solche Beobachtungen die Ausnahme bleiben. Deuterium. Da nicht klar ist, wie Deuterium in Sternen gebildet wird, liefern Beobachtungen von Deuterium im Universum eine untere Schranke für den ursprünglichen Deuteriumgehalt. Die Situation ist also genau umgekehrt wie bei 4He. Der Deuteriumgehalt variiert zudem beträchtlich von interstellarer Wolke zu interstellarer Wolke, womit der Deuteriumgehalt des Universums nicht eindeutig festgelegt werden kann. Nur eine untere Schranke kann gegeben werden. Im Gegensatz zu Helium hängt die ursprüngliche Deuteriumbildung sehr empfindlich von der (baryonischen) Materiedichte des Universums ab. Die untere Grenze für den Deuteriumgehalt liefert darum eine obere Grenze für die Massendichte des Universums. Wird diese Grenze mit der Heliumproduktion verglichen, die auch von der Massendichte des Universums abhängt, so ergibt sich ein Helium-Massenanteil von etwa 24%. Ob dieser Wert mit allen Beobachtungen übereinstimmt, wird sich zeigen müssen. |
Diskussion |
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Die Überschüsse der leichten Elemente scheinen gut zum Standardmodell zu passen. Die Vorhersagen des Standardmodells scheinen von den Beobachtungen in einigen Fällen genau bestätigt worden zu sein. Allerdings ist das Vorgehen ähnlich wie beim Mikrowellenhintergrund: Das Standardmodell verfügt über die nötige Flexibilität, um sich auch im Nachhinein an die Daten anzupassen. Zudem sind die beobachteten Massenanteile der Elemente im Universum manchmal derart fehlerbehaftet, dass man nicht immer von einer sehr stringenten Prüfung des Standardmodells sprechen kann. Bis zu diesem Zeitpunkt scheinen die Daten aber mehr oder weniger zum Standardmodell zu passen. Durch die beobachteten Massenanteile werden zudem auch andere kosmologische Parameter wie beispielsweise die Massendichte des Universums in ihrer Freiheit eingeschränkt. Weiter ist ähnlich wie beim Mikrowellenhintergrund zu bemerken, dass es auch zur primordialen Nukleosynthese Alternativen gibt, die zu ähnlich guten Resultaten führen, auch wenn die Alternativen gewöhnlich nicht alle Beobachtungen erklären können. Beispiele sind die Quasi-steady-state cosmology oder die Berechnungen von Hoyle und Burbidge (1998), wonach unter Umständen sogar alles Helium durch Fusion in Sternen entstanden sein könnte (die daraus gewonnene Energie wäre sogar sehr nahe der Energie, die im Mikrowellenhintergrund enthalten ist). Darum kann auch bei den Überschüssen von leichten Elementen nicht von einem eindeutigen Hinweis oder gar Beweis für das Standardmodell gesprochen werden. Es ist teilweise geradezu verblüffend, dass auch alternative Szenarien, die sich deutlich von denen des Standardmodells unterscheiden, zu ähnlichen Resultaten kommen. |
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