Evolution: Astronomie, Astrophysik, Kosmologie |
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Interessierte: Halton Arp |
InhaltIn diesem Artikel wird der Astronom und Kosmologe Halton Arp vorgestellt und über einige Hintergründe seines Werdegangs berichtet. Sein kosmologischer Ansatz und seine darauf basierende alternative Kosmologie werden erklärt. Es wird eine vorläufige Bewertung versucht. |
Halton Arp |
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Halton Chip Arp ist ein bekannter Astronom, der 29 Jahre lang als Staff Astronom am Mt. Wilson- und Mt. Palomar-Institut tätig war. Er arbeitete früher mit Edwin Hubble zusammen und veröffentlichte 1963 den berühmten Atlas of peculiar Galaxies. Nach Aussage von Geoffrey Burbidge (1988) - Quasarspezialist und Sympathisanten von Arp - zählte er zu den 20 besten Astronomen seiner Zeit. Doch dann machte Arp unerwartete Entdeckungen: Himmelskörper, die miteinander verbunden scheinen, aber völlig verschiedene Rotverschiebungen (siehe Rotverschiebung) aufweisen. Eine solche Anordnung ist nach dem berühmten Hubble-Gesetz, wonach die Rotverschiebung proportional zur Distanz des Objektes ist, nicht verstehbar. Seither widmete sich Arp ganz dem Studium dieses sonderbaren Phänomens. Dies wirkte sich drastisch auf seine Akzeptanz unter seinen Kollegen aus. Burbidge (1988) schildert sehr lebendig, was dann geschah: „Arps 'Rang' in der 'Association of Astronomy Professionals' sank von einem der ersten 20 auf den 200. Platz. Als er fortfuhr, zu behaupten, dass nicht alle Galaxienrotverschiebungen durch die Ausdehnung des Universums bedingt seien, fiel sein Rang weiter." Damit war aber die Sache noch nicht abgeschlossen. Arps Forschungsfeld schien dem „Telescope-allocation commitee" derart inakzeptabel, dass es 1986 schließlich seine Konsequenzen zog. Burbidge schreibt: „Da Arp sich weigerte, in einem konventionelleren Gebiet zu arbeiten, wurde ihm keine weitere Teleskopzeit gegeben. Nach vergeblichen Einsprüchen bis zu den Verwaltern der Varnegie Institution, ließ er sich frühzeitig pensionieren und siedelte nach Westdeutschland um. [...] Kein verantwortlicher Wissenschaftler, den ich kenne, inklusive vieler Astronomen, die sich strikt gegen Arps These wandten, und vieler Wissenschaftler außerhalb des Gebietes, glaubte, dass Gerechtigkeit herrschte." Als Antwort auf diese Art der Zensur schrieb Arp schließlich zwei Bücher, mit denen er Informationen veröffentlichen wollte, die sonst nicht zugänglich sind. Das erste war Quasars, Redshifts and Controversies (1987) und das zweite Seeing Red: Redshifts, Controversies and Academic Science (1998) (siehe Buchbesprechung). Mittlerweilen ist auch sein Catalogue of Discordant Redshift Associations (2003) erschienen. |
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Arps Ansatz |
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Arp stellte in seinem Buch „Seeing Red" seine alternative Kosmologie zum Standardmodell vor. Er entwickelte sein Modell zusammen mit dem theoretischen Physiker Jayant Narlikar. Werden die Einsteinschen Feldgleichungen (=Diese Gleichungen stellen die Grundlage der Allgemeinen Relativitätstheorie (ART) dar und beschreiben die Krümmung des Raumes bei einer gegebenen Verteilung der Materie und Energie) in einer allgemeineren Form geschrieben, so lassen sie Lösungen der Form m = a•t2 zu, wobei m die Masse eines Objektes, t die Zeit und a eine Konstante ist. Diese Formel bedeutet, dass die Masse abhängig ist von der Zeit und mit der Zeit zunimmt. Dieser Ansatz ist konzeptionell sehr interessant und enthält die Allgemeine Relativitätstheorie (ART) als Spezialfall. Arp geht nun aufgrund fundamentaler physikalischer Überlegungen davon aus, dass Materie, die „neu entsteht", keine Masse hat. Die Masse der entstandenen Materie nimmt dann aber stetig mit der Zeit zu, so dass sie immer schwerer und schwerer wird. Nun könnte man die Frage stellen, warum man denn nichts davon merke, dass die Materie in unserer Umgebung schwerer und schwerer werde. Die Antwort auf diese Frage ist simpel, aber mathematisch tiefgründig: Der Effekt ist innerhalb eines Systems, das zur selben Zeit „entstanden" ist, nicht spürbar. Wenn wir annehmen, dass die Materie unserer Milchstraße zu einem einzigen Zeitpunkt entstanden ist, dann gelten innerhalb unserer Milchstraße die gewöhnlichen Gesetze der ART, wie dies auch von jedem Physiker angenommen wird. Was passiert aber, wenn man zwei Systeme betrachtet, die nicht gleichzeitig entstanden sind? Die Antwort ist verblüffend: Schaut man vom älteren auf das jüngere System, so scheint das jüngere System gegenüber dem älteren rotverschoben. Der Grund dafür lässt sich wie folgt vereinfacht umschreiben: Um eine Absorptionslinie (siehe Rotverschiebung) zu erzeugen, müssen Elektronen durch Lichtwellen bestimmter Wellenlänge "angeregt" (=auf ein höheres, atomares Energieniveau gehoben) werden. Ist nun das Elektron einer fremden Galaxie leichter als bei uns auf der Erde, so braucht es weniger Energie, um das Elektron anzuregen. Damit sind Lichtwellen größerer Wellenlänge ausreichend, womit die Absorptionslinie der Galaxie aus unserer Sicht rotverschoben ist. Tatsächlich kann zwischen dieser Art von Rotverschiebung und der kosmologischen Rotverschiebung keinen Unterschied festgestellt werden. Wendet man also dieses physikalische Konzept auf unser Universum an, so ist ein statisches Universum denkbar. Die Rotverschiebung würde dann auf das Alter einer bestimmten Galaxie hinweisen und mit der Distanz ebenso zunehmen wie im Standardmodell. Denn je weiter man blickt, desto mehr sieht man in die Vergangenheit und beobachtet die Galaxien, als sie noch jünger waren. |
Arps Kosmologie |
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Seine Kosmologie lässt sich vereinfacht wie folgt skizzieren: Das Universum expandiert nicht und entfaltet sich episodenweise ausgehend von verschiedenen Orten durch die neue Bildung von Galaxien. Galaxien entstehen, indem sie innerhalb großer Galaxien durch die Entstehung „neuer Materie" („Minibangs") gebildet werden. Die neu entstandene Materie besitzt praktisch noch keine Masse und ist darum aus unserer Perspektive stark rotverschoben. Da sie sehr leicht ist, bewegt sie sich annähernd mit Lichtgeschwindigkeit und wird nach einer gewissen Zeit aus ihrer „Muttergalaxie" heraustreten, womit sie für uns sichtbar wird. In diesem Stadium ist diese Materie immer noch stark rotverschoben und wird für uns als Quasar (=Eine punktartige Lichtquelle mit sehr hoher Rotverschiebung. Sie weist häufig Radio- und Röntgenemission auf.) (siehe Aktive Galaxien) sichtbar. Durch Zunahme der Masse mit der Zeit wird der Quasar allmählich abgebremst (Impulserhaltung) und verliert an Rotverschiebung. Der Quasar verändert sich nun über verschiedene Stadien und endet als gewöhnliche, gegenüber der Muttergalaxie schwach rotverschobene Begleitergalaxie. Arp gelangte zur Überzeugung, dass wir in unserem Universum nicht über unseren Lokalen Superhaufen (=Die größte nahe Aggregation von Gruppen und kleineren Haufen von Galaxien, wobei sich der Virgohaufen nahe seinem Zentrum befindet.) hinwegsehen, der den Virgo- und Fornax-Haufen umfasst (siehe Grossräumige Strukturen). |
Bewertung |
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Arps Kosmologie ist ein völlig neuer Ansatz zur Beschreibung des Universums. Im Gegensatz zu anderen alternativen Ansätzen vermag dieser nicht nur einen Aspekt des astrophysikalischen Datensatzes zu beschreiben (z.B. die Rotverschiebung), sondern auch einige andere. So vermag Arp die Hubble-Konstante in der richtigen Größenordnung vorauszusagen, das Hubble-Gesetz, die Oberflächenhelligkeiten von Galaxien in Abhängigkeit der Rotverschiebung etc. Dazu vermag Arps Modell im Gegensatz zum Standardmodell auch Phänomene anomaler Rotverschiebung zu erklären; sein Modell basiert ja darauf. Es hat außerdem die Schönheit, dass es nur einen freien Parameter hat - das Alter unserer Milchstraße. Trotz dieser erfolgreichen Aspekte lässt auch Arps Kosmologie einige Fragen offen und beinhaltet viel an neuer und spekulativer Physik, die sich in einem Labor kaum testen lässt. Ein Beispiel dafür ist seine Theorie der zeitabhängigen Masse, die innerhalb unserer Milchstraße nicht festgestellt werden kann. Aus diesem Grund besteht hier der Verdacht nach einer ad-hoc (=hier: nicht durch Beobachtungsdaten begründet)-Modifikation der ART. Allerdings heißt das nicht, dass seine Theorie deswegen falsch ist. Zudem kann man bei Arp die Tendenz erkennen, gewisse Daten etwas zu überinterpretieren und Muster in den Nachthimmel zu lesen, wo möglicherweise gar keine da sind. Für Interessierte an der Schöpfungslehre ist Arps Modell aufgrund seiner Kritik am Standardmodell attraktiv. In seinem Modell beträgt die typische Zeitskala auf kosmologischer Ebene jedoch etwa 107 Jahre, was zu einem sehr hohen Alter des Universums führt. Würde man sich also Arps Argumentation vollständig zu eigen machen, wäre für die Schöpfungsforschung mit einem jungen Universum letztlich nicht viel gewonnen. Gewisse Aspekte von Arps Theorie, die im Standardmodell nicht verständlich sind, werden im Artikel Anomale Rotverschiebung weiter diskutiert. Es ist derzeit wohl kaum möglich, ein abschließendes Urteil über diese Theorie zu fällen. Ungeachtet der Frage, ob Arps Theorie eine Zukunft hat oder nicht, scheint es insgesamt eindrücklich, wie durch eine einzige zusätzliche Annahme - nämlich die Zeitabhängigkeit der Masse - ein kosmologischer Paradigmenwechsel stattfinden kann, der zu einem völlig neuen Verständnis des Universums führt. Ein Paradigmenwechsel, der der Schöpfungsforschung leider nur zur zum Teil entgegen kommt. Eine ausführlichere Begründung dieser Bewertung findet man in der (Buchbesprechung) zu Seeing Red. |
Literatur |
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Arp H C (1998) Seeing Red: Redshifts, Cosmology and Academic Science. Apeiron. Montreal. Burbidge G (1988) Quasars, Redshifts and Controversies. Sky & Telescope 75(1), 38-43. |
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