Der Schritt vom Wasser als Land gehört wohl zu den bekanntesten Beispielen für mutmaßliche evolutionäre Übergänge. Evolutionär gesehen muss dieser Schritt mehrfach erfolgt sein, bei den Pflanzen, bei wirbellosen Tieren (wie den Glieder-
füßern) und bei den Wirbeltieren (Tiere mit Innenskelett und einer Wirbelsäule). Um letztere Gruppe soll es hier gehen. Dieser Schritt ist vereinfacht als Übergang vom Fisch zum Amphib bekannt.
Bei diesem Übergang müssen sich schwerwiegende Veränderungen eingestellt haben: Betroffen sind u. a. das Tragen des Körpers (ist auf dem Land ganz anders als im Wasser; mit Folgen für die Wirbelsäule und die Extremitäten (=Gliedmaßen), die Fortbewegungsweise (Extremitäten mit neuer Funktion: Fortbewegung statt Steuerung), die Ausbildung eines Halses zur besseren Beweglichkeit des Kopfes (mit Folgen für Schultergürtel, Verbindung Kopf-Wirbelsäule, Muskulatur), ein stabilerer Kopf (im Wasser sind gelenkige Verbindungen von Schädelteilen dagegen wichtig für Kiemenatmung), Nahrungsaufnahme, Atmung, Wasserhaushalt, Sinnesorgane (z. B. Schallübertragung; Augen: anderer Brechungsindex) und Fortpflanzung. Evolutionstheoretisch kann ein solcher Vorgang nur schrittweise erfolgen. Es stellt sich hier die Frage, ob solche erhebliche Veränderungen überhaupt mit kleinen Schritten unter ständiger Beibehaltung der Funktion möglich sind.
Die landlebenden Wirbeltiere werden als Tetrapoden (=Vierbeiner) bezeichnet. Ihr charakteristisches Kennzeichen findet sich in ihrer Benennung: Es handelt sich um Wirbeltiere mit vier Beinen, die anstelle von Fischflossen ausgebildet sind. Die Beine weisen zudem einen charakteristischen Skelettbau auf (Abb. 2).
Aufgrund ihres Baus kommen Fleischflosser am ehesten als Vorfahren für die Tetrapoden in Frage. Fleischflosser, zu denen Quastenflosser wie die berühmte Latimeria gehören, sind Fische mit kräftigen, „fleischigen" Flossen, deren Skelett-
bau dem der Vierfüßer angenähert ist (vgl. Abb. 16). Latimeria scheidet aber als di-
rekter Vorfahre der Tetrapoden wegen viele unpassender Merkmale aus. Als der-
zeit am besten passende Gattungen gelten schon länger Eusthenopteron (Abb. 3) und Panderichthys (Abb. 9). Als erstes Uramphib, das von Fleischflossern wie Eu-
sthenopteron abstammen soll, wird Ichthyostega aus dem Oberdevon angesehen (Abb. 12).
Außer den genannten Formen ist aus dem Devon noch besonders Acanthostega (Abb. 15) zu erwähnen. Dieses Fossil besaß acht Finger, war eindeutig ein Tetra-
pode, aber in vielerlei Hinsicht dennoch an ein dauerhaftes Wasserleben angepas-
st und kein Landgänger. Darüber hinaus gibt es weitere Fossilien, die als devo-
nische Tetrapoden interpretiert werden, obwohl von ihnen keine Extremitäten überliefert sind (meist sind nur oder hauptsächlich Schädelteile bekannt). Deren Zuordnung zu Tetrapoden erfolgt aufgrund von Gemeinsamkeiten im Schädelbau mit eindeutigen Tetrapoden oder aufgrund sonstiger indirekter Hinweise (die Zu-
ordnung muss daher strenggenommen unsicher bleiben). Diese Formen werden nur im Expertenteil besprochen.
Da die geographische Verbreitung der devonischen Tetrapoden beträchtlich war, wird eine mehrfache unabhängige Entstehung aus verschiedenen Fischvorfahren diskutiert. |
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