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20.12.07  Genomforschung – Wieviel „Schrott“ bleibt übrig?

Oder: Wie findet man bisher übersehene bedeutsame DNA-Sequenzen?

Der erstaunlich geringe Anteil codierender DNA-Sequenzen am Genom (Erbgut) eines Organismus war für manchen Wissenschaftler in der Vergangenheit Anlass, von „Abfall“ („junk“) zu reden – Anteile des Erbguts, die im Laufe der Evolution angesammelt wurden und überflüssig geworden seien. Diese Deutung war zwar nicht unumstritten, aber doch – vor allem in populären Medien – weit verbreitet. Die Anzeichen dafür mehren sich jedoch, dass immer weitere Teile des Genoms von Bedeutung sind. Aber wie kann man analytisch DNA-Abschnitte, die nicht in Proteine übersetzt werden (Translation), überhaupt erkennen? McCallion et al. (2007) haben eine Methode entwickelt, diese im Bereich eines Gens angewendet und dabei überraschende Erfahrungen gemacht.

Die Autoren untersuchten beim Zebrafisch (Danio rerio) die Umgebung des Gens phox2b. Dieses Gen spielt u. a. bei der Entwicklung von Nervenzellen eine Rolle, bei der Stressverarbeitung und im Verdauungssystem. DNA-Fragmente (48 Amplikons) aus diesem Bereich transferierten die Forscher gekoppelt mit Gen eines grün fluoreszierenden Proteins (GFP) in Embryonen des Zebrafisches. In dem von ihnen etablierten Testsystem gibt sich ein regulatorischer DNA-Abschnitt dadurch zu erkennen, dass der Embryo GFP produziert und damit grün fluoresziert. In 17 Fällen erhielten McCallion et al. fluoreszierende Zebrafisch-Embryonen.

Mit den fünf gebräuchlichsten Programmen zur Genomanalyse konnten nur zwischen 29 und 61 % der tatsächlich gefundenen regulatorisch wirksamen DNA-Sequenzen erkannt und prognostiziert werden. Damit ist gezeigt, dass die bisher verfügbaren Computerprogramme weiterentwickelt werden und auf eine solidere experimentelle Basis gestellt werden müssen. Diese Resultate unterstreichen auch den großen Bedarf an weiteren methodischen Zugängen, um bedeutsame DNA-Bereiche zu identifizieren. Durch Anwendung der bereits verfügbaren Techniken auf weitere Genbereiche ist ein erheblicher Kenntniszuwachs über weitere funktionelle Sequenzen zu erwarten.

Sollte ein erheblicher Anteil der im Genom niedergelegten Information bisher unerkannt sein, hätte das auch weitreichende Konsequenzen für die Anwendung molekularbiologischer Daten für die Analyse molekularer Stammbäume. Dann müsste – auch darauf deuten die Autoren hin – bei der Interpretation molekularbiologischer Daten im Sinne phylogenetischer Fragestellungen im Lichte dieser Erkenntnisse sehr viel sorgfältiger vorgegangen werden.

Quelle:

McGaughey DM, Vinton RM, Huynh J, Al-Saif A, Beer MA & McCallion AS (2007) Metrics of sequence constraint overlook regulatory sequences in an exhaustive analysis at phox2b. Genome Res. (download advance articles 10.12.2007): http://www.genome.org/cgi/reprint/gr.6929408v1

Autor dieser News: Harald Binder

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