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15.04.09 Zur Entstehung von Kohle – es kann ganz schnell gehenKohle hat in der wirtschaftlichen Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland eine bedeutende Rolle gespielt. Beschreibungen von Kohlevorkommen und deren Erklärungen fanden infolgedessen auch entsprechend Eingang in Lehrbücher. Joachim Scheven hat in verschiedenen Publikationen eine Reihe von geologischen Befunden zusammengetragen, die nicht mit gängigen Vorstellungen der Kohleentstehung in langen Zeiträumen in Einklang stehen. Ebenso hat er auch Modelle zur Entstehung von Kohleflözen vorgestellt (Scheven 1982, 1986, 1988). Auch wenn man nicht allen Äußerungen und Schlussfolgerungen des Autors folgt, so bleibt dennoch eine ganze Reihe von Befunden, die etablierte Erklärungen und Modelle in Frage stellen und herausfordern. Im Folgenden sollen kurz einige Aspekte zur Chemie der Kohleentstehung, dem als Inkohlung bezeichneten Prozess, dargestellt werden. Friedrich Bergius experimentierte im Rahmen seiner Habilitation (1913) mit Hochdruckverfahren. Ihm wurde 1931 zusammen mit Karl Bosch der Nobelpreis für Chemie verliehen für „ihre Verdienste um die Entdeckung und Entwicklung der chemischen Hochdruckverfahren“. Bergius (1928) fasste seine Untersuchungen zur Inkohlung organischen Materials in einem Artikel zusammen und stellte dabei folgende Punkte heraus: 1. Physikalisch-chemische Prozesse der Inkohlung können im Labor unter definierten Bedingungen modellhaft nachgestellt werden. 2. Der Reaktionsverlauf und die chemische Beschaffenheit des Endprodukts sind unabhängig von den Ausgangsmaterialien. 3. Die Produkte verändern sich nach einer bestimmten Reaktionszeit nicht mehr nachweisbar („Endkohle“). 4. Die Analyse der kohleartigen Produkte weist große Ähnlichkeiten zu natürlichen Kohlen auf. Er hatte mit seinen Mitarbeitern experimentell gezeigt, dass unter entsprechend hohen Drücken und hoher Temperatur organisches Material innerhalb weniger Stunden in kohleartiges Material umgewandelt werden kann. Die von ihm als Endkohle bezeichnete Substanz weist dabei die Qualität von Steinkohle auf. Unter der Leitung vom Markus Antonietti wurden am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam Untersuchungen zur Erzeugung von Nanostrukturen aus Kohlenstoff durchgeführt (Yu et al. 2004, Cui et al. 2006). Dabei handelte es sich im Grunde genommen um eine Wiederholung der Experimente von Bergius vom Beginn des 20. Jahrhunderts. Dessen Ergebnisse wurden dabei bestätigt. In einem Hochdruckautoklaven wurden verschiedene Pflanzenmaterialien innerhalb weniger Stunden in einem Prozess – den die Autoren als „hydrothermale Carbonisierung“ bezeichnen – in kohleartige Substanz umgewandelt. Abhängig von der Reaktionsdauer konnten Antonietti und seine Mitarbeiter torf- bis steinkohleartige Substanzen erzeugen (Titirici et al. 2007a, b). Damit ist wiederholt in Laborexperimenten, die man durchaus als Modelle zur Entstehung von Kohle betrachten kann, gezeigt worden, dass für die Inkohlung nicht die Zeit, sondern vor allem der Druck-Temperaturbereich entscheidend ist. Bei hohem Druck und entsprechenden Temperaturen kann organisches Material innerhalb von Stunden in Kohle umgewandelt werden. Wie schnell sich die Kohlevorkommen in der Vergangenheit gebildet haben, ist damit nicht gezeigt. Dazu müsste man nach Hinweisen auf die Druck- und Temperaturbedingungen suchen. Man kann aber aufgrund chemischer Erfahrungen feststellen, dass sich Kohle innerhalb sehr kurzer Zeit bilden kann, wenn entsprechende Randbedingungen – Druck und Temperatur – vorliegen. Literatur Bergius F (1913) Anwendung hoher Drucke bei chemischen Vorgängen und die Nachbildung des Entstehungsprozesses der Steinkohle (Habilitationsschrift). Knapp, Halle a.d. Saale. Bergius F (1928) Beiträge zur Theorie der Kohleentstehung. Naturwissenschaften 16, 1-10. Cui XJ, Antonietti M, Yu SH (2006) Structural effects of iron oxide nanoparticles and iron ions on the hydrothermal carbonization of starch and rice carbohydrates. Small 2, 756-759. Scheven J (19822) Daten zur Evolutionslehre im Biologieunterricht. Neuhausen-Stuttgart. Scheven J (1986) Karbonstudien. Neuhausen-Stuttgart. Scheven J (1988) Mega-Sukzessionen und Klimax im Tertiär. Neuhausen Stuttgart. Titirici M-M, Thomas A, Antonietti M (2007) Back in the black: hydrothermal carbonization of plant material as an efficient chemical process to treat the CO2 problem? New. J. Chem. 31, 787-789. Titirici M-M, Thomas A, Yu S-H, Müller J-O, Antonietti M (2007) A direct synthesis of mesoporous carbon with bicontinuous pore morphology from crude plant material by hydrothermal carbonization. Chem. Mater. 19, 4205-4212. Yu SH, Cui XJ, Li LL, Li K, Yu B, Antonietti M, Colfen H (2004) From starch to metal/carbon hybrid nanostructures: Hydrothermal metal-catalyzed carbonization. Advanced Materials 16, 1636-1640. Online-Veröffentlichungen der Max-Planck Gesellschaft (Zugriff am 2. 4. 2009): http://www.mpg.de/bilderBerichteDokumente/dokumentation/pressemitteilungen/ Film: Kohle aus Biomasse: http://www.mpg.de/bilderBerichteDokumente/multimedial/filmeWissenschaft/2006/ Autor dieser News: Harald Binder
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