19.11.19 Superschnelle Wüstenameise
Die Wüstenameise Cataglyphis bombycina schafft in einer Sekunde eine Strecke, die dem 100-fachen ihrer Körperlänge entspricht. Dies gelingt mit einer sehr hohen Schrittfrequenz und einer extrem schnellen Bewegung beim Schwingen der Beine. Die Beine berühren den Untergrund nur sehr kurze Zeit, so dass die Ameise beim Laufen gleichsam auch „fliegt“.
Ameisen genießen große Aufmerksamkeit von Biowissenschaftlern, z.B. werden auffällige und außergewöhnliche Verhaltensweisen an diesen sozial lebenden Insekten untersucht. Ameisen besiedeln die unterschiedlichsten Lebensräume und weisen eine enorme Vielfalt an dafür geeigneten Ausstattungen auf. Wüstenameisen leben in einem extremen Lebensraum, z.B. in Bezug auf Temperatur, Wasser, Nahrung etc. So lebt Cataglyphis bombycina in den Sanddünen der Nordafrikanischen Sahara und zeigt nach Untersuchungen von Pfeffer et al. (2019) mit 855 mm s-1 die höchste Geschwindigkeit, die bisher für solche Tiere gemessen wurde. Die Ameise legt bei diesem Tempo in einer Sekunde eine Strecke zurück, die dem 100-fachen ihrer Körperlänge entspricht. Übertragen auf einen Menschen mit einer Körpergröße von 1,80 m würde das einer Geschwindigkeit von 180 m s-1 entsprechen. Usain Bolt, der 2009 in Berlin den aktuellen Weltrekord über 100 m in 9,58 s aufstellte, könnte da nur staunen; er musste aber auch eine sehr viel größere Masse beschleunigen.
Diese extrem hohe Geschwindigkeit erreichte C. bombycina mit kürzeren Beinen als die bisher geführte Rekordhalterin C. fortis. Die Analyse von Videos aus Hochgeschwindigkeitsaufnahmen lieferte Hinweise auf eine sehr hohe Schrittfrequenz (< 40 Hz) und extrem schnelle Bewegung beim Schwingen der Beine (bis zu 1400 mm s-1). Bei diesen schnellen Bewegungen sind die Beine sehr gut synchronisiert, und zwar so, dass immer drei Beine aus Vorder- und Hinterbein einer Seite mit dem mittleren Bein der anderen Seite einen Dreibeinstand zeigen. Die Beine berühren den Untergrund nur sehr kurze Zeit (7 ms) und die Ameise befindet sich vor dem folgenden Dreibeinstand ohne Bodenberührung in der Luft, sie „fliegt“ quasi. Diese „Flugphasen“ treten bereits auf, bevor die Höchstgeschwindigkeit erreicht wird.
Für die Wüstenameise, die tagaktiv ist und in der Mittagshitze bei wenig Verkehr im Wüstensand auf Nahrungssuche geht, sind diese Fähigkeiten sehr hilfreich: so ist sie nicht unnötig lange der lebensfeindlichen Hitze ausgesetzt. Im Übrigen scheint sie die hohen Temperaturen für ihre Höchstgeschwindigkeit zu benötigen, im Labor bei kühlen 10 °C erreichten die Ameisen nur Geschwindigkeiten von 57 mm s-1.
Die beiden von Pfeffer et al. verglichenen Wüstenameisen C. bombycina und C. fortis erreichen die auffällig hohen Geschwindigkeiten bei ihrer Fortbewegung auf unterschiedliche Weise (Beinlänge, Schrittfrequenz und -länge) und sind doch beide für ihren Lebensraum gut ausgerüstet.
Literatur
Pfeffer SE, Wahl VL, Wittlinger M & Wolf H (2019) High-speed locomotion in the Saharan silver ant, Cataglyphis bombycina. J. Exp. Biol. 222, doi:10.1242/jeb.198705
Autor dieser News: Harald Binder Informationen über den Autor
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