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01.02.24 Genomforscher definieren neue Klasse von Steuerungselementen in der DNA
Dass unser Genom die Anleitung für den Aufbau von Proteinen enthält, ist allgemein bekannt. Wie sie abgelesen, ausgeprägt, genutzt und reguliert wird, ist weit weniger bekannt. Klar ist bisher, dass DNA-Elemente wie Promotoren und Enhancer daran beteiligt sind. Dass diese Prozesse viel komplizierter sind als bisher bekannt, zeigt eine kürzlich in der Wissenschaftszeitschrift Cell veröffentlichte Studie, in der Genomforscher ein weiteres Teil des Rätsels aufdecken, wie die Information in unserer DNA abgelesen wird. In dieser Studie stellen die Autoren das Konzept des „Facilitator“ vor, einer neu identifizierten Art sogenannter nichtcodierender DNA, die die Genaktivität fördert. Die Wissenschaft der Gene beginnt im Jahr 1866 mit der Entdeckung der Vererbungsgesetze durch Gregor Mendel. Mendel konnte zeigen, dass die Vererbung in abgegrenzten „Paketen“ und in vorhersagbaren Verhältnissen erfolge. Diese diskrete Vererbungseinheit wird heute als Gen bezeichnet, ein Begriff, der 1909 von dem dänischen Genetiker Wilhelm Johannsen eingeführt wurde. Mit dem Begriff „Gen“ wird die grundlegende physische und funktionelle Informationseinheit der Vererbung bezeichnet. Dies umfasst das komplette Informationspaket zur Expression (Ausprägung) und Regulierung eines bestimmten, genau definierten biologischen Werkzeugs, in der Regel eines Proteins oder eines RNA-Moleküls. Das Erbgut besteht nicht nur aus den Vorgaben der einzelnen Gene, wie man Proteine oder RNA-Moleküle baut, sondern es enthält auch die Schalter, die notwendig sind, um Gene der Proteinsynthese zu aktivieren, wenn sie benötigt werden. Die Gene aller Lebewesen bestehen aus DNA und enthalten die notwendige Information, um funktionelle Leistungen zu erbringen. Die DNA selbst ist ein kettenförmiges organisches Molekül, das von sich aus niemals ein Protein produzieren würde. Um ein Protein herzustellen, muss die Information der DNA durch zwei biologische Prozesse weitergegeben werden: Transkription und Translation. Bei der Transkription wird die Information der DNA in eine Boten-RNA umgeschrieben. Bei der Translation wird die Boten-RNA in einen entsprechenden Strang von Aminosäuren, das Protein, übersetzt. Die Transkription eines Gens erfordert eine sequenzspezifische Interaktion von Transkriptionsfaktoren mit dem Gen. Das heißt, die Transkriptionsfaktoren erkennen und binden an klar definierte Sequenzen von DNA-Buchstaben direkt vor dem Gen oder in seiner Nähe. Diese Bindungsstellen befinden sich in den Bereichen des Erbguts, die man heute als nicht-codierende DNA bezeichnet, weil sie selbst keine Proteine codieren. Man könnte sie als Genschalter bezeichnen, weil sie die Genaktivität regeln. Dabei werden verschiedene Arten von regulatorischen Elementen unterschieden, darunter sog. Promotoren und Enhancer (Verstärker) sowie Repressoren (Blocker). Der Promotor besteht typischerweise aus einer Abfolge von Andockstellen für RNA-Polymerase und Transkriptionsfaktoren. Der Promotor eines einzigen Gens besteht aus 100–1000 Nukleotiden, und besitzt oft mehr als ein Dutzend Andockstellen (O’Micks 2016). Die RNA-Polymerase ist ein komplexes Protein, mit dessen Hilfe die DNA in RNA umgeschrieben wird (der physische Prozess der Transkription). Um die genaue Stelle zu finden, an der die Transkription beginnt, müssen mehrere Transkriptionsfaktoren, welche die Bindung der RNA-Polymerase an die DNA unterstützen, zuerst an die DNA binden. Zusammen bilden sie eine Art Startplattform für die RNA-Polymerase. Die Andockstellen für die Transkriptionsfaktoren selber bestehen aus kurzen DNA-Abschnitten von 5–20 Nukleotiden (DNA-Buchstaben), wobei die genaue Reihenfolge ihre Spezifität bestimmt (d. h. welche Transkriptionsfaktoren andocken können). Zudem wird die Ablesung (Transkription) eines Gens oft von vielen Enhancern verstärkt. Enhancer kann man am besten als Fernpromotoren, als Fernsteuerungselemente, betrachten. Enhancer befinden sich auf dem DNA-Strang vor oder nach dem codierenden Teil des Gens, dessen Transkription sie beeinflussen, und sind meistens weit vom Gen entfernt davon – nicht selten mehrere Millionen Nukleotide (Trafton 2023). Sie bieten Bindungsstellen für die bereits erwähnten Transkriptionsfaktoren, die bei der Aktivierung der Transkription helfen. Obwohl sie bereits vor über 40 Jahren entdeckt wurden, ist noch immer nicht vollständig geklärt, wie Enhancer funktionieren. In jüngerer Zeit wurden auch Super-Enhancer identifiziert, die aus ganzen Gruppen von regulatorischen Elementen bestehen, die zusammenwirken und eine sehr hohe Genexpression bewirken, d. h. es wird pro Zeiteinheit eine sehr große Menge an entsprechenden Proteinen synthetisiert. Bei Letzteren ging man davon aus, dass die einzelnen Elemente dieser Super-Enhancer jeweils die gleiche Aufgabe erfüllen und dass ihre gemeinsamen Funktionen die Summe der einzelnen Beiträge sind. Eine neue Studie, die in der Zeitschrift Cell veröffentlicht wurde, zeigt nun, dass diese Elemente von Super-Enhancern tatsächlich unterschiedliche Funktionen haben und in der Lage sind, nicht additiv, sondern synergistisch zusammenzuwirken (Blayney 2023). Das heißt, dass ihre kombinierte Wirkung als Super-Enhancer größer ist als die Summe ihrer Teile. In dieser Studie wurde insbesondere eine neue Art von Regulierungselementen identifiziert, die die Autoren Facilitator nennen. Ein Facilitator hat keine eigene Enhancer-Aktivität, kann aber den klassischen Enhancern helfen, ihre Aufgabe effektiver zu erfüllen. Die Forscher verwendeten einen α-Globin-Super-Enhancer der Maus als Modellsystem, um die einzelnen Funktionen seiner fünf Bestandteile zu untersuchen. Aus früheren Studien hatten die Wissenschaftler abgeleitet, dass dieser Super-Enhancer aus zwei klassischen Enhancern und drei inaktiven DNA-Elementen besteht. Die Forscher kopierten und bauten den Maus-Super-Enhancer von Grund auf nach, und durch Weglassen oder Hinzufügen eines der fünf Elemente konnten sie eine Vielzahl verschiedener Kombinationen der einzelnen Elemente testen. Auf diese Weise konnten sie zeigen, dass die vermeintlich „inaktiven“ Elemente gar nicht inaktiv waren, sondern die Aktivität der Enhancer förderten. Überrascht von diesem Ergebnis begannen die Autoren, andere Super-Enhancer zu untersuchen, und fanden Hinweise darauf, dass Facilitatoren ein gemeinsames Merkmal von Super-Enhancern sind. Die leitende Forscherin Dr. Mira Kassouf erklärte in einem Kommentar: „Zusätzlich zu den anderen bekannten grundlegenden regulatorischen Elementen (Enhancer, Promotoren und Isolatoren) haben unsere neuen Beobachtungen eine neue Art von regulatorischem Element, den sogenannten Facilitator, identifiziert. Wie bei den ursprünglichen drei Elementen ist es wahrscheinlich, dass die Identifizierung von Facilitatoren und das Verständnis ihrer Funktionsweise neue Einblicke in die Mechanismen liefern wird, durch die Gene normalerweise ein- und ausgeschaltet werden und wie dies bei genetischen Erkrankungen schief läuft“ (University of Oxford 2023). Die Entdeckung, dass drei von fünf genetischen Elementen unerwartete Funktionen bei der Genregulierung haben, führt zu einer weiteren Verringerung des vermeintlich nicht-funktionalen Teils des Genoms – das man bis vor Kurzem als Junk-DNA bezeichnete. Das Genomforschungskonsortium ENCODE berichtete schon 2012, dass 80 % des Genoms funktional sind, eine Aussage, die von manchen Evolutionisten heftig bestritten wurde, da ein fast vollständig funktionales Genom nicht den Erwartungen entspricht, die das Produkt eines evolutionären Prozesses hätte (Borger 2022). Doch je mehr neue Technologien wir entwickeln, um die nicht codierenden Bereiche des Genoms zu untersuchen, desto mehr Funktionalitäten entdecken wir. Und je mehr Funktionalitäten das Genom aufweist, desto mehr spricht es für die Schöpfung. Quellen Blayney JL et al (2023) Super-enhancers include classical enhancers and facilitators to fully activate gene expression. Cell 186, 5826–5839, https://doi.org/10.1016/j.cell.2023.11.030. Borger P (2021) Wenn ENCODE richtig liegt, dann ist Evolution falsch. Stud. Integr. J. 28, 30–37. O’Micks J (2016) Promoter evolution is impossible by random mutations. J. Creation. 30, 60–66. University of Oxford (2023) Researchers define new class of regulatory element in DNA, vom 14.12.2023, https://www.ox.ac.uk/news/2023-12-14-researchers-define-new-class-regulatory-element-dna. Trafton A (2023) An unprecedented view of gene regulation, vom 08.05.2023, https://news.mit.edu/2023/unprecedented-view-3d-genome-0508. Autor dieser News: Peter Borger Informationen über den Autor
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