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09.08.24  Oktokorallen: Plötzliches Auftauchen der Biolumineszenz im Kambrium?

Biolumineszenz ist die Fähigkeit von Organismen, Licht auszustrahlen. Neue Forschungsergebnisse zeigen nun, dass Biolumineszenz mindestens 100-mal unabhängig im Reich der vielzelligen Tiere entstanden sein soll. Auch die Verteilung innerhalb der Oktokorallen spiegelt nicht unbedingt verwandtschaftliche Verhältnisse wider (es muss ein mehrfacher Verlust der Fähigkeit angenommen werden). Die Verteilung von Biolumineszenz im vermeintlichen Stammbaum der Lebewesen zeigt einmal mehr, dass Ähnlichkeiten in vielen Fällen keine gemeinsame Abstammung belegen.

 

Benjamin Scholl & Henrik Ullrich

Biolumineszenz fasziniert Menschen seit eh und je: Seien es die Glühwürmchen im Garten oder leuchtende Quallen in der Tiefsee. Biolumineszenz bedeutet, dass Organismen in der Lage sind, Licht auszustrahlen (Lichtemission im gesamten sichtbaren Spektrum von Rot bis Blau). Die Lichterzeugung basiert auf chemischen Reaktionen zwischen einem Substrat (Luciferin) und Enzymkomplexen, deren wesentlicher Bestandteil Luciferase ist (vgl. DeLeo et al. 2024, 1f).

Insgesamt verfügen 16 Stämme und 900 Gattungen unter den vielzelligen Tieren (Metazoa) über die Fähigkeit zur Biolumineszenz (DeLeo et al. 2024, 1). Die meisten dieser Organismen kommen im Meer vor und nutzen das selbsterzeugte Licht zur Nahrungssuche, zum Anlocken von Fortpflanzungspartnern oder zur Verwirrung von Raubtieren. Man kennt bislang fünf biochemische Varianten von Luciferin-Luciferase-Protein-Komplexen, die völlig unabhängig von stammesgeschichtlichen Verwandtschaftsverhältnissen im Tierreich verteilt sind (Haddock et al. 2010, 448ff.). DeLeo et al. (2024, 1) gehen sogar davon aus, dass die Fähigkeit zur Biolumineszenz bei Annahme einer allgemeinen Evolution über 100-mal unabhängig voneinander entstanden ist (Haddock et al. 2010, 477: mindestens 40-mal)! Zufällige, zukunftsblinde Evolutionsprozesse (im Wesentlichen Mutation und Selektion) sollen also auf rein natürlichem Wege immer und immer wieder zu denselben bzw. ähnlichen Lösungen geführt haben.[1] Dies ist unter Berücksichtigung des heutigen Kenntnisstands zu Evolutionsmechanismen nicht plausibel und wird deshalb als „Konvergenz-Problem“ der Evolution bezeichnet (s. Junker 2016).

Kürzlich haben sich DeLeo und Kollegen (2024) intensiver mit der Verteilung der Biolumineszenz innerhalb der Blumentiere (Anthozoa), der größten Klasse der Nesseltiere (Cnidaria), beschäftigt. Bisher bleibt „unklar“, was der Zweck der Biolumineszenz bei den Blumentieren ist; man vermutet, dass sie zur Kommunikation mit Symbionten, zum Anlocken von Beute oder zur Abwehr von Fressfeinden dient (S. 2).

Die Blumentiere beinhalten ganz verschiedene Gruppen von Anemonen und Korallen, die sich auf die beiden Unterklassen Octocorallia (Oktokorallen, Achtstrahlige Blumentiere) und Hexacorallia (Sechsstrahlige Blumentiere) verteilen. Beide Gruppen sollen sich gemäß der Interpretation sogenannter molekularer Uhren vor 770 MrJ (Millionen radiometrische Jahre) auseinanderentwickelt haben (S. 4).

Abb. 465 Diese drei Gattungen der Octocorallia sind (neben anderen) nach DeLeo et al. (2024, Tab. S5) zu Biolumineszenz fähig: Metallogorgia (Familie Chrysogorgiidae) sowie Anthomastus und Paragorgia (beide aus der Familie Coralliidae). (Wikimedia: NOAA, gemeinfrei)

Bei Octocorallia sind 32 biolumineszente Gattungen bekannt, bei Hexacorallia nur acht, die jeweils an der Basis der Hexacorallia stehen sollen (S. 4). Aus homologen Substraten und Enzymen der Biolumineszenz schließen die Autoren, dass die Biolumineszenz bei allen Octocorallia auf einen gemeinsamen Vorfahren zurückgeht (S. 2+7f). Damit würde der Ursprung der die Biolumineszenz der Octocorallia auf ein Alter von 578 MrJ (S. 3) bzw. MrJ 542 (S. 5f) datiert werden müssen. Bisherige Modelle vermuteten die Entstehung der Biolumineszenz vor ca. 267 MrJ (S. 6), was eine Rückdatierung um ca. 300 MrJ bedeutet. Die Biolumineszenz wäre also mindestens so alt wie die Kambrische Explosion, die so genannt wird, weil in wenigen radiometrischen Millionen Jahren der geologischen Überlieferung des Kambriums fast alle heutigen Tierstämme plötzlich als Fossilien auftauchen (vgl. Junker 2014). Das bedeutet, dass nicht nur die Biolumineszenz, sondern auch Augen und andere photosensitive Rezeptoren, die fossil im Kambrium ebenfalls dokumentiert sind, evolutionär in geologisch kurzen Zeiträumen entstanden sind. Nebenbei bemerkt sollen sich auch Augen bei den Metazoa, die unter anderem auch zur Wahrnehmung der Biolumineszenz dienen, ebenfalls 40-mal unabhängig, also konvergent, entwickelt haben (Schwab 2018, 312).

DeLeo et al. (2024, 4+7f) sind nicht nur der Meinung, dass zusätzlich zu den Octocorallia mindestens 99-mal unabhängig die Biolumineszenz entstanden sei; Biolumineszenz sei auch mehrfach innerhalb der Octocorallia unabhängig wieder verloren gegangen. Dies sei allein in der Ordnung Scleralcyonacea dreimal in mindestens drei Familien geschehen. Evolutionäre Modelle zur Biolumineszenz bauen also darauf, dass unwahrscheinliche Ereignisse sich sehr oft wiederholt haben.

Abb. 466  Ein zeitkalibriertes Cladogramm der Blumentiere inklusive ihrer Fähigkeit zur Biolumineszenz (hellblau). Das hiesige Cladogramm nach DeLeo et al. (2024) ist allerdings „leicht unterschiedlich“ zu dem von McFadden et al. (2022) (s. dazu DeLeo et al. 2024, 7). (Nach DeLeo et al. 2024, Fig. 1, © 2024 The Authors, CC BY 4.0 Deed, http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/)

Eine weitere offene Frage ist, woher das chemische Substrat Coelenterazin stammt, das für die Reaktion der Biolumineszenz bei Octocorallia erforderlich (S. 8) ist. Obwohl viele biolumineszente Lebewesen im Meer auf Coelenterazin angewiesen sind, können nur wenige Arten diesen Stoff selbst produzieren (z. B. Rippenquallen und Ruderfußkrebse). Andere Arten nehmen Coelenterazin über ihre Nahrung auf. Bei Octocorallia und anderen Nesseltieren bleibt unbekannt, ob sie Coelenterazin synthetisieren können, oder ob sie es fressen müssen. Im ersten Fall ist die Herkunft der Coelenterazin-Synthese „unbekannt“, und im zweiten Fall gilt (S. 8): „Wenn aber der MRCA [der Letzte Gemeinsame Vorfahre] der Octocorallia das erste Coelenterazin-abhängige biolumineszente Tier im Ozean war, stellt sich die Frage: Woher kam das Coelenterazin?“

Aus evolutionärer Perspektive repräsentiert Biolumineszenz eine spannende, aber herausfordernde und rätselhafte Eigenschaft des Lebens, deren natürlicher Ursprung im Dunkeln liegt. Aus Schöpfungsperspektive hingegen sieht die Sache ganz anders aus: Ein Schöpfer ist frei, solche biochemischen Fähigkeiten bei der Erschaffung von Schöpfungseinheiten (Grundtypen) frei zu verteilen. Ob allerdings alle Octocorallia tatsächlich einen oder mehrere solcher Schöpfungseinheiten repräsentieren, bleibt eine andere, für die Schöpfungsforschung offene Frage.

 

Literatur

DeLeo DM et al. (2024) Evolution of bioluminescence in Anthozoa with emphasis on Octocorallia. Proc. R. Soc. B. 291, 20232626, http://doi.org/10.1098/rspb.2023.2626.

Haddock SHD, Moline MA & Case JF (2010) Bioluminescence in the Sea. Annu. Rev. Mar. Sci. 2, 443–493, doi: 10.1146/annurev-marine-120308-081028.

Junker R (2016) Evolution „erklärt“ Sachverhalte und ihr Gegenteil. Stud. Integr. J. 23, 4–12.

Junker R (2014) Zur neueren Diskussion über die kambrische Explosion. W+W Special Paper B-14-1, https://www.wort-und-wissen.org/artikel/zur-neueren-diskussion-ueber-die-kambrische-explosion/.

Schwab IR (2018) The evolution of eyes: major steps. The Keeler lecture 2017: centenary of Keeler Ltd. Eye 32, 302–313, https://doi.org/10.1038/eye.2017.226.

Ullrich H, Winkler N & Junker & R (2006) Zankapfel Auge Ein Paradebeispiel für „Intelligent Design“ in der Kritik. Stud. Integr. J. 13, 3–14.

 

Anmerkungen

[1] Übrigens spekulieren DeLeo et al. (2024, 6) über den ursprünglichen Zweck der Biolumineszenz zur Beseitigung von reaktiven Sauerstoffspezies.

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