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10.12.24  Waisengene widerlegen evolutionäre Überzeugung

Im Folgenden wird der im „Studium Integrale Journal“ (31. Jahrgang, Heft 1) erschienene Artikel „Neue micro-RNA-Gene bei Menschen widerlegen lang gehegte evolutionäre Überzeugung“ von Dr. Peter Borger (2024) in einfacherer Form wiedergeben. Zitate ohne weitere Quellenangabe stammen direkt aus dem erwähnten Originalartikel.

Seit Darwin überwiegt unter Evolutionstheoretikern folgende Ansicht: „Die Natur macht keine Sprünge.“ Nun scheint sich diese Ansicht als falsch erwiesen zu haben. Durch neuartige, hochempfindliche Genomforschungsinstrumente hat man festgestellt, dass die Genome aller Organismen eine merkliche Zahl Waisengene beinhalten. Bei jeder untersuchten Gattung hat man 10–30% solcher de-novo-Gene ausgemacht, für die keine Evolutionsgeschichte ermittelbar ist, weil sie nur bei den entsprechenden Gattungen vorkommen und sonst nirgends. Es kann sich bei diesen de-novo-Genen um proteincodierende Gene, nicht-codierende RNA-Gene und micro-RNA-Gene handeln. Einer neuen Studie zufolge können nun micro-RNA-Gene (das sind kurze RNA-Abschnitte, die nicht direkt für ein Protein codieren) aber „durch ein einziges genetisches Ereignis“ entstehen, „das so genannte Template Switching“ (Borger 2024).

 

micro-RNA

Im Jahr 1993 wurde unerwartet das erste micro-RNA-Gen im Genom des Spulwurms entdeckt. Zunächst wurde es für einen Einzelfall gehalten, als Biologen jedoch begannen, gezielt nach micro-RNA-Genen zu suchen, fanden sie diese in allen Tier- und Pflanzengruppen (Fromm et al. 2015).

Micro-RNA-Gene codieren für kurze RNA-Moleküle, welche dann regulatorische Funktionen erfüllen. Micro-RNA sind kleine RNA-Moleküle, die gewöhnlich lediglich aus 22 Nukleotiden (RNA-Bausteine) bestehen. Sie erkennen u. a. die messenger-RNA (mRNA) von proteincodierenden Genen und binden an diese. (Die mRNA ist sozusagen eine Negativkopie einer DNA-Sequenz, nach der die Ribosomen eine Aminosäurekette erstellen, die dann zu einem Protein wird.)

So blockieren micro-RNAs das Übersetzten der mRNA in Proteine, „oder markieren die mRNA für die Abbaumaschinerie, damit von dem entsprechenden Protein weniger produziert werden kann“ (Borger 2024). In jedem Fall wird die Produktion des betreffenden Proteins verringert. Die meisten micro-RNAs erkennen jeweils hunderte verschiedene mRNAs. Dadurch kann die Aktivität von großen genetischen Programmen gesteuert werden.

Micro-RNAs steuern den Protein-Output von etwa 60 % aller menschlichen Gene. Sie werden auf verschiedene Weise produziert, aber meist werden sie von bestimmten Genen codiert (O’Brien et al. 2018). Die Struktur eines micro-RNA-Gens ist leicht zu erkennen, „da innerhalb der entsprechenden DNA-Sequenz ein Palindrom vorhanden ist. Ein Palindrom (wie das Wort „Lagerregal“; das Wort kann vorwärts und rückwärts gelesen werden) besteht aus zwei eng beieinander liegenden, benachbarten invertierten Wiederholungen, die intern miteinander durch Basenpaarung eine Haarnadel-Struktur bilden“ (Borger 2024).

Palindrome sind keine Seltenheit und besitzen oft wichtige biologische Funktionen, da die von ihnen versursachten Schleifen in DNA-Sequenzen „oft als Andockstellen für regulatorische Gene dienen“ (Borger 2024). Für micro-RNA-Moleküle codierende Gene sind ebenso Bestandteil des menschlichen Genoms wie proteincodierende Gene. Der Prozess, in dem Zellen micro-RNA herstellen, ähnelt den ersten Schritten der Proteinsynthese.

Dabei geschieht Folgendes: Zuerst wird der DNA-Strang von einer Transkriptase (Enzym) geöffnet. Anschließend wird das Gen in RNA umgeschrieben (Transkription) – und so entsteht die micro-RNA. Es ist nach wie vor unklar, wie viele RNA-Gene das menschliche Genom enthält – diesbezüglich unterscheiden sich Datenbanken: Es werden bis zu mehreren Tausend micro-RNA-Gene angegeben.

Neueste Analysen bestätigen 567 micro-RNA-Gene im menschlichen Genom, 94 davon kommen nur beim Menschen vor.[1] Diese 94 Gene sind Waisengene, d. h. sie sind nur in einer Art zu finden. Das ist ein sehr großes Problem für Befürworter der Evolutionslehre, denn für Waisengene lässt sich keine Entwicklungsgeschichte rekonstruieren. Woher kommen sie also, wenn sie keine evolutionäre Geschichte haben?

In einem Artikel der Wissenschaftszeitschrift PNAS wird angenommen, dass Waisengene in dem Mutationsprozess „Template Switching“ gebildet werden können, welches „gelegentlich während der DNA-Replikation auftritt“ (Mönttinen et al. 2023).

 

Was ist „Template Switching“?

Template Switching (TS; Vorlagenwechsel) dient oft als Erklärung für die Bildung neuer, komplexer Haarnadelstrukturen in Genomen (Mönttinen et al. 2022). Zum besseren Verständnis „kann man sich die doppelsträngige DNA wie eine zweispurige Straße vorstellen, die in beide Richtungen befahren werden kann – aber immer nur auf der rechten Seite befahren werden darf, wie es die StVO fordert. Bei der Replikation (Verdopplung) der DNA fährt die DNA-Polymerase auch immer nur in eine Richtung“ (Borger 2024).

Die DNA bestimmt die Fahrtrichtung der DNA-Polymerase. „Stellen Sie sich nun vor, die DNA-Polymerase rutscht aus, vollzieht eine 180-Grad-Wendung, wechselt auf die Gegenspur und setzt dort die Transkription in entgegengesetzter Richtung fort, als wäre nichts geschehen“ (Borger 2024) – das ist mit „Template-Switching“ gemeint.

Template Switching (TS) ist ein hypothetisches Modell, welches die Existenz von Stamm-Schleife-Strukturen in micro-RNA-Genen erklären soll. Für ein ganzes micro-RNA-Gen, wie es im menschlichen Genom vorzufinden ist, werden zwei TS-Runden unmittelbar hintereinander benötigt. TS kann bei der DNA-Replikation „eine perfekte Basenpaarung für eine Stammstruktur mit einem einzigen Mutationsereignis bilden“ (Borger 2024). Außerdem soll es an der Entstehung von fast 20 für den Menschen spezifischen micro-RNA-Genen beteiligt gewesen sein. Das ist etwas weniger als ein Viertel der 94 nur beim Menschen vorkommenden Waisengene (Mönttinen et al. 2023).

Genomforscher haben es mit einer erheblichen Informationslücke zwischen Mensch und Schimpanse zu tun, nicht nur mit einer Handvoll Unterschiede. Sind nun Mutation und Selektion eine plausible Erklärung für die Entstehung der 94 Waisengene beim Menschen? Ein erhebliches Problem hierbei ist, dass neue micro-RNAs mit anderen ähnlichen Sequenzen wechselwirken können.

In Tumorzellen ist abnorme micro-RNA-Expression (Expression = Ablesung und Nutzung der genetischen Information) beobachtbar und oft auf Veränderungen der genomischen micro-RNA-Kopienzahl und ihrer Position im Genom zurückzuführen (Peng & Croce 2016). Damit neue micro-RNAs erfolgreich eingegliedert werden können, werden eine Reihe aufeinander abgestimmter Mutationen benötigt und hierzu passende Mutationen an exakt den richtigen Stellen der mRNAs, die sie nun regulieren sollen.

Es ist nicht zu erwarten, dass ein neues micro-RNA-Gen sofort und störungsfrei in die vorhandenen regulatorischen Netzwerke integriert werden kann, selbst wenn das Rohmaterial von einem einzigen zufälligen TS käme. Es ist zu unwahrscheinlich. Für die Neuintegrierung im Genom hätten die notwendigen Änderungen unmittelbar hintereinander auftreten müssen und schnell in der ganzen menschlichen Population fixiert (jedes Individuum der Population besitzt die Änderung) werden müssen – absolut unwahrscheinlich.

 

Ein Wandel im evolutionären Denken: Saltationismus statt Darwinismus?

Die Tatsache, dass der Mensch 94 einzigartige Gene hat, ist von großer Bedeutung, da jede micro-RNA ganze Netzwerke von Dutzenden und Hunderten mRNAs bindet und reguliert (Lewis et al. 2005). Naturalisten wollen die 94 humanspezifischen micro-RNA-Gene damit erklären, „dass ein einziges Mutationsereignis eine neuartige micro-RNA erzeugt haben könnte“ (Borger 2024), die dann mit vielen mRNAs interagiert und umgehend in ein biologisches Netzwerk einfügbar ist.

Doch wie soll das mit einem einzigen zufälligen Mutationsprozess möglich sein? Alle 94 neuen micro-RNAs müssen entsprechend dem jeweiligen Zelltyp richtig eingestellt sein und sowohl ein-, als auch ausgeschaltet werden können. Viele Änderungen hätten in maximal 5–7 Millionen Jahren Evolutionsgeschichte des Menschen selektiert und fixiert worden sein müssen.

Das wäre eine immense sprunghafte Veränderung und sie stellt eine immense Herausforderung für die Evolutionslehre dar. „Wissenschaftliche Hypothesen müssen vernünftig und frei von unerklärten gewaltigen Sprüngen sein“ (Borger 2024). Der Vorschlag einer so großen sprunghaften Veränderung als Lösung zeigt, dass der klassische Darwinismus mit seinen vielen kleinen Schritten in diesem Fall versagt. Eine Erklärung durch einzelne, äußerst unwahrscheinliche Mutationen „entspräche dem Salationismus (sprunghafte Evolution), den Darwin und seine Nachfolger ja entschieden ablehnten“ (Borger 2024).

Als „Salationismus“ wird in der Biologie die Erklärung durch große und plötzliche Änderungen von einer Generation zur nächsten bezeichnet, die zur Artbildung in nur einem Schritt führen kann. Hier nimmt man an, dass größere genetische Veränderungen, Abweichungen in den Chromosomen oder Umstrukturierungen einzelne Individuen in ihrer Auswahl an Fortpflanzungspartnern einschränken und so schnell neue Arten entstehen können. Es können sich also nur noch die betroffenen Individuen untereinander fortpflanzen, wodurch die Population, in der sich die Änderung durchsetzen muss, erheblich kleiner wird.

Früher wurden abrupte Artbildungen von Neodarwinisten abgelehnt, „da große Änderungen mit einem funktionalen Ergebnis weder theoretisch zu erwarten sind noch experimentell nachweisbar waren“ (Borger 2024). Diese Idee wird aber aufgrund neuerer evolutionsbiologischer Erkenntnisse wieder populärer (Theissen 2009).

Das unvermittelte Auftreten humanspezifischer (nur beim Menschen vorkommend) micro-RNA-Gene kann evolutionstheoretisch nur mit Saltation erklärt werden. Die Autoren in PNAS schreiben außerdem, dass „Template-Switching ein relativ häufiger Mechanismus sei, der Rohmaterial für die Evolution liefert und eine nahezu sofortige Neuverdrahtung der genetischen Information und eine schnelle Anpassung an sich verändernde Umgebungen ermöglicht“ (Borger 2024).

Evolutionsbiologen müssen die Entstehung neuer micro-RNA-Gene als einfach ansehen, da wir viele neue micro-RNA-Gene in unserem Genom haben. Demzufolge wären neue Gene durch TS also auch keine Schwierigkeit. Doch das ist offensichtlich ein Zirkelschluss. Es wird hier ohne Beleg vorausgesetzt, dass dieser Vorgang ein einfacher ist – und dann wird gefolgert, dass auch die Entstehung neuer Gene durch TS einfach sei. Wie einfach ein Vorgang ist, wird aber daran gemessen, wie er funktioniert, nicht wie häufig er vorkommt.

„Dass die Entstehung neuer micro-RNA-Gene nicht einfach ist, wird deutlich, wenn man sich ein voll funktionsfähiges, mehrstöckiges Gebäude vorstellt, in dem alle Leitungen, Strom-, Wasser- und Abwasserleitungen, Zu- und Ablaufkanäle usw. integriert sind. Nun muss der Bauunternehmer ein Geschoss zwischen den anderen vorhandenen Etagen so einbauen, dass alles ordnungsgemäß in Betrieb bleibt“ (Borger 2024). Ebenso verhält es sich mit den vollständig ins menschliche Genom integrierten, neuen micro-RNA-Genen.

Die Tatsache, dass dies immer wieder in unserem Genom passiert, stellt die darwinistische Annahme, die Natur mache keine Sprünge, auf den Kopf. Der Genetiker Francois Jacob (1977) erklärt in seinem sehr populären Artikel „Evolution and Tinkering“, weshalb die Natur keine Sprünge macht: „Nachdem das Leben in Form eines primitiven, sich selbst reproduzierenden Organismus begonnen hatte, musste die weitere Evolution hauptsächlich durch Veränderungen von bereits bestehenden Verbindungen erfolgen. […] In Organismen, die so komplex und vernetzt sind wie die, die schon vor langer Zeit lebten, konnte die Schaffung völlig neuer Nukleotidsequenzen für die Produktion neuer Information nicht von Bedeutung sein.“

Anders gesagt: Neue Gene müssen aus bereits vorhandenen Genen entstehen, da die Wahrscheinlichkeit der Neuentstehung dermaßen gering ist, dass sie ausgeschlossen werden kann. Deshalb ist die Existenz von Waisengenen, vor allem die der micro-RNA-Gene, so kritisch. Selbst wenn man die 20 (von 94) humanspezifischen micro-RNA-Gene mit TS, bzw. Saltation erklärt, bleiben immer noch 74 micro-RNA-Waisengene, die evolutionär nicht zu erklären sind.

 

Literatur

Borger P (2024) Neue micro-RNA-Gene bei Menschen widerlegen lang gehegte evolutionäre Überzeugung“. Stud. Integr. J. 31, 58–61.

Fromm B et al. (2015) A uniform system for the annotation of human microRNA genes and the evolution of the human microRNAome. Annu. Rev. Genet. 23, 213–242.

Jacob F (1977) Evolution and Tinkering. Science 196, 1161–1166.

Lewis BP et al. (2005) Conserved seed pairing, often flanked by adenosines, indicates that thousands of human genes are MicroRNA target, Cell 120, 15–20.

Mönttinen HAM et al. (2022) Template switching in DNA replication can create and maintain RNA hairpins. PNAS 119, e2107005119.

Mönttinen HAM et al. (2023) Generation of de novo miRNAs from template switching during DNA replication. PNA 120 (49), e2310752120.

O’Brien J et al. (2018) Overview of MicroRNA Biogenesis, Mechanisms of Actions, and Circulation. Front. Endocrinol. 9, https://doi.org/10.3389/fendo.2018.00402.

Peng Y & Croce C (2016) The role of MicroRNAs in human cancer. Sig. Transduct. Target. Ther. 1, 15004, https://doi.org/10.1038/sigtrans.2015.4.

Theissen G (2009) Saltational evolution: hopeful monsters are here to stay. Theory Biosci. 128, 43–51.


[1] https://mirgenedb.org/browse/hsa, zuletzt abgerufen am 25.01.2024.


Autor dieser News: Janik Neuland

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