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07.04.06 Mikroevolution und Makroevolution: fließende oder scharfe Grenze?In den Kontroversen um die Plausibilität einer allgemeinen Evolution aller Lebewesen hat das Begriffspaar „Mikroevolution - Makroevolution“ eine besondere Bedeutung. Die inhaltliche Bestimmung ist allerdings in den biologischen Publikationen sehr uneinheitlich, und nicht selten wird diese Begriffsdifferenzierung mindestens in der Frage der Mechanismen der Evolution für unnötig erachtet. Die Verwendung dieser Begriffe wäre demnach nur sinnvoll, um graduelle Unterschiede im Ausmaß von evolutionären Veränderungen zum Ausdruck zu bringen; es gebe letztlich nur einen Evolutionsmechanismus und dabei keine qualitativen Unterschiede. Damit ist die Kontroverse um das Begriffspaar Mikroevolution - Makroevolution eröffnet. Die beiden Begriffe werden oft verwendet, wenn es um die Frage geht, wie gut die Theorie von einer allgemeinen Evolution aller Lebewesen begründet ist und ob die Mechanismen für eine umfassende Evolution der Lebewesen als aufgeklärt gelten können. Diese Frage wird innerhalb der Evolutionsbiologie auch heute durchaus kontrovers diskutiert. In einem neuen Beitrag über diese beiden Begriffe (Mikro- und Makroevolution) gibt Reinhard Junker zunächst (in Anlehnung an einen Internetbeitrag von Thomas Waschke) einen kurzen Überblick über verschiedene Vorschläge einer inhaltlichen Bestimmung des Begriffs „Makroevolution“. Er plädiert dafür, eine Unterscheidung zwischen Mikroevolution und Makroevolution an der Qualität der Veränderungen der Lebewesen und an entsprechenden unterschiedlichen Fragestellungen und Erklärungsproblemen (kurz: Optimierung oder Konstruktion?) festzumachen. Nur dann könne die Frage nach der Entstehung des Neuen in der Biologie adäquat formuliert und darauf Forschung aufgebaut werden. Kurz gefasst: Mikroevolution: Wie werden vorhandene Konstruktionen der Lebewesen optimiert? Makroevolution: Wie entstehen Konstruktionen erstmals – de novo? Im Artikel Mikro- und Makroevolution werden des weiteren verschiedene Argumente für eine Gleichsetzung von Mikroevolution und Makroevolution besprochen. Es wird deutlich, dass es in der Frage nach der Unterscheidung von Mikroevolution und Makroevolution letztlich um die Reichweite der bekannten Evolutionsfaktoren geht. Ein ausführlicherer Beitrag zu diesem Thema ist als PDF herunterladbar: Mikro- und Makroevolution. Dieser Artikel enthält zusätzlich einen Abschnitt, in welchem einige wichtige neuere Erklärungsansätze für Makroevolution vorgestellt und kritisch beleuchtet werden. Im Anhang ist außerdem eine ausführliche Rezension des Buches „The Plausibility of Life. Resolving Darwin’s Dilemma“ von Marc Kirschner und John Gerhart aufgenommen worden. Kirschner & Gerhart präsentieren in diesem Ende 2005 erschienenen Buch Ideen zur Lösung der Frage, wie evolutionäre Neuheiten (= „Darwins Dilemma“) entstanden sind (wie also Makroevolution funktioniert). In der Rezension wird folgendes Fazit gezogen: „‘The Plausibility of Life’ ist ein lesenswertes Buch, es bietet viele faszinierende Erkenntnisse aus der Forschung der letzten Jahre. Wie man diese Erkenntnisse im Hinblick auf die Ursprungsfragen interpretiert, ist zu einem gewissen Teil Sache der Perspektive. Kirschner & Gerhart bieten zweifellos interessante Aspekte zur Variations- und Anpassungsfähigkeit der Lebewesen. Dass die von ihnen vorgestellten Befunde mehr hergeben und 'Darwins Dilemma' lösen, kann aus den genannten Gründen jedoch ernsthaft bezweifelt werden.“ Zu einer ähnlichen Schlussfolgerung gelangen zwei Evolutionsbiologen in ihren Rezensionen: „Kirschner and Gerhart do not present any detailed examples of how the properties of developmental systems have actually contributed to the evolution of a major evolutionary novelty“ (Charlesworth B (2005) On the origins of novelty and variation. Science 310, 1619-1620). „But with its sometimes troubling limitations, the book falls short of the major new theory that the authors promise in their introduction“ (Erwin D (2005) A variable look at evolution. Cell 123, 177-179). In „The Plausibility of Life“ geht es auf einigen Seiten auch um „Intelligent Design“ und um „Irreduzible Komplexität“. Auch darauf wird in der Rezension eingegangen. Autor dieser News: Studiengemeinschaft Wort und Wissen
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