Was bedeutet Kreationismus?„Kreationismus" leitet sich vom lateinischen „creatio" = Schöpfung ab. Es gibt zwar sehr verschiedene Schöpfungsvorstellungen; mit „Kreationismus" wird aber gewöhnlich nur die Sichtweise verbunden, dass Gott durch sein Allmachtswort das Weltall und insbesondere die Lebewesen und den Menschen direkt aus dem Nichts erschaffen hat und dass eine allgemeine Evolution aller Lebewesen ausgeschlossen ist (Grundzüge der Evolutionslehre). Meist wird mit „Kreationismus" eine bibelorientierte Vorstellung von der Schöpfung verbunden, doch gibt es kreationistische Organisationen auch im Islam.
„Kreationismus" wird unterschiedlich weit gefasst. Gewöhnlich beinhaltet die kreationistische Weltsicht auch die Vorstellung von einer jungen Erde bzw. einem jungen Kosmos, außerdem werden die Schöpfungstage der Genesis als reale Tage verstanden (vgl. Der kurze Zeitrahmen der Urgeschichte: Nur einige Jahrtausende) und die biblische weltweite Sintflut wird als Realität angesehen. Kurz: Die gesamte biblische Urgeschichte wird als tatsächlich stattgefundene Geschichte betrachtet (vgl. Die biblische Urgeschichte - wirkliche Geschichte).
Der Begriff „Kreationismus" wird manchmal erheblich weiter gefasst und auch die „Intelligent Design"(ID)-Bewegung darunter subsummiert, obwohl sehr viele ID-Vertreter die o.g. Positionen nicht vertreten. Vielmehr beinhaltet der ID-Ansatz nur die Auffassung, dass neben bekannten Evolutionsmechanismen auch ein (oft nicht näher bestimmter) intelligenter Urheber angenommen werden müsse, um die Konstruktionen des Lebens verstehen zu können (vgl. Einführung in „Intelligent-Design“).
Die Motivation des Kreationismus im engeren Sinne ist von der christlichen Heilslehre bestimmt: Die Ursprungsfrage hängt eng mit zentralen Inhalten des Neuen Testamentes zusammen, insbesondere mit der Person und dem Wirken Jesu Christi. Für den Kreationismus zerstört die Evolutionsanschauung den biblisch-heilsgeschichtlichen Zusammenhang und impliziert darüber hinaus ein fragwürdiges Gottesbild (vgl. Die biblische Urgeschichte im Neuen Testament und Evolutionsmechanismen als Schöpfungsmethode?). Dagegen wendet sich der Kreationismus, indem zum einen die biblischen Zusammenhänge deutlich gemacht werden, zum anderen überzogene Behauptungen seitens der Evolutionstheoretiker mit naturwissenschaftlichen Argumenten zurückgewiesen werden. Darüber hinaus wird an Alternativen zur Evolutionsanschauung gearbeitet, die zeigen sollen, dass die wissenschaftlichen Daten auch zur (biblischen) Schöpfungsvorstellung passen. Kritiker des Kreationismus mutmaßen nicht selten auch andere Motive wie z. B. politische oder gesellschaftliche Interessen. Für manche kreationistische Gruppen trifft dies tatsächlich zu, bei weitem aber nicht für alle.
Mit dem Kreationismus werden von kritischer Seite oft auch polemische Vorgehensweisen in der Öffentlichkeit und inadäquates methodisches Arbeiten verbunden. Dazu gehören das selektive Herausgreifen von Daten aus komplexen Zusammenhängen oder das Übergehen offener Fragen. Angesichts der Vielfalt dessen, was unter „Kreationismus" bzw. „creationism" weltweit vertreten wird, sind diese Kritikpunkte teilweise nachvollziehbar. Eine pauschale Berechtigung haben sie freilich nicht, genausowenig wie diese Vorwürfe auf die Evolutionsbiologen pauschal zutreffen. Im deutschsprachigen Raum bemüht sich insbesondere die Studiengemeinschaft Wort und Wissen (http://www.wort-und-wissen.de) um sachliche und faire Diskussion. Aufgrund der negativen Assoziationen mit dem Begriff „Kreationismus" wird diese Bezeichnung im deutschsprachigen Raum oft vermieden und von „Schöpfungslehre" gesprochen.
Kreatianismus: Vom Kreationismus zu unterscheiden ist die katholische Lehre des Kreatianismus, die besagt, dass die einzelne menschliche Seele jeweils von Gott unmittelbar geschaffen werde. Autor: Reinhard Junker, 23.10.2010
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